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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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haben.»
    «Ich möchte etwas sagen», meldete sich Paul Goodman und fuhr fort, ohne auf die Erlaubnis des Vorsitzenden zu warten: «Ich glaube, die Frage, wie der Rabbi darauf reagieren würde, darf keinen Einfluss auf unsere Erwägungen haben. Vor allem nicht auf das gegenwärtige Problem. Es ist an uns zu entscheiden, denn wir sind der gewählte Vorstand der Synagoge. Wenn wir jedes Mal, wenn wir über etwas entscheiden, erst lange überlegen wollten, ob es dem Rabbi gefällt oder nicht, wären wir kein Vorstand mehr, und er wäre der einzige Leiter der Gemeinde. Und wenn es das wäre, was die Gemeinde will, dann hätte sie ihn zum Synagogenmanager gewählt. Ich denke, wir alle wissen genau, was wir wollen, und ich stelle Antrag auf Entscheidung über die anstehende Frage.»
    Mehrere Anwesende applaudierten, einige andere klopften zustimmend auf den Tisch. Der Vorsitzende zog es vor, Goodmans Bemerkungen zu überhören, griff aber den Antrag auf. «Paul beantragt Entscheidung über die anstehende Frage …»
    «Ja, stimmen wir ab.»
    «Ich unterstütze den Antrag.»
    «Einen Moment, Herr Vorsitzender.» Das war die laute, harte Stimme von Al Becker. «Ich komme nicht so oft hierher, aber ich möchte jetzt doch ein paar Worte sagen.»
    «Selbstverständlich, Mr. Becker.»
    Becker erhob sich und stützte seinen schweren Körper auf die beiden auf die Tischplatte gestemmten Fäuste. «Ich bin heute hergekommen, weil Jake Wasserman mich darum bat. Er wäre selbst gekommen, aber er verlässt kaum noch das Haus. Er hörte, dass man den Rabbi gebeten hatte, nicht an dieser Sitzung teilzunehmen, und fand, irgendjemand müsse hier sein, um seine Interessen wahrzunehmen. Nun weiß ich nicht allzu viel über das zur Debatte stehende Thema, aber ich weiß einiges über unseren Rabbi. Während der ersten Zeit nach der Synagogengründung, als Jake Wasserman Präsident war, und dann, als ich Präsident war, und noch Jahre danach, als ich mich aktiv an den Angelegenheiten der Synagoge beteiligte, hat sich der Rabbi niemals in geschäftliche Dinge eingemischt. Er kam zu den Sitzungen, beteiligte sich aber nie an den Diskussionen, es sei denn, das Thema betraf ihn direkt. Hin und wieder jedoch kam eine Angelegenheit zur Sprache, die er tatsächlich für seine Sache hielt, dann sagte er seine Meinung und blieb dabei, egal, was kam. Jake Wasserman sagt, er hat eine Art eingebautes Radar, das ihn warnt, wenn die Gemeinde von unserer Tradition abzuweichen droht, und dass er dann seine Meinung vertritt. Und nach meinen Erfahrungen hat es sich immer herausgestellt, dass er Recht hatte. Nun möchte ich meinen, auch ohne all das Für und Wider dieser Angelegenheit zu kennen, wenn der Rabbi in dieser Hinsicht seine Meinung dargelegt hat, dann nur, weil sein Radar ihm sagt, dass wir abzugleiten drohen. Ich möchte, dass ihr das bedenkt, wenn ihr abstimmt.»
    «Vielen Dank, Mr. Becker», sagte Kaplan höflich. «Ich denke, wir können jetzt zur Abstimmung schreiten.»
    Der Sekretär räusperte sich, um den Präsidenten auf sich aufmerksam zu machen, dann deutete er mit einer Kopfbewegung auf die Vollmachten, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Kaplan schüttelte unmerklich den Kopf. Er war zuversichtlich. «Wir stimmen ab durch Handaufheben. Alle, die für eine Neuabstimmung sind. Alle, die dagegen sind.» Kaplan strahlte. Die Abstimmung fiel fünfzehn zu fünf gegen eine Neuabstimmung aus.
    Später, als sie zu ihren Wagen hinausgingen, fragte ihn Dr. Muntz: «Werden Sie beim Rabbi vorbeifahren und ihm sagen, wie die Abstimmung ausgefallen ist?»
    Kaplan machte unvermittelt Halt. «Meinen Sie, dass ich das tun sollte?»
    «Wäre es Ihnen lieber, dass er eine völlig verdrehte Version zu hören bekommt, weil seine Frau vielleicht im Supermarkt gehört hat, wie sich zwei andere Frauen darüber unterhielten?»
    «Sie haben Recht. Aber das ist keine besonders angenehme Aufgabe. Das wird sehr peinlich für mich werden.»
    «Möchten Sie lieber, dass ich es ihm beibringe?»
    «Würden Sie das tun? Dann ernenne ich Sie hiermit zu einem Einmannausschuss. Werden Sie jetzt gleich hinfahren?»
    «Nein», antwortete Dr. Muntz. «Ich will ihm nicht das Mittagessen verderben. Ich werde ihn heute Nachmittag aufsuchen.»

47
    Lieutenant Jennings beendete die Übertragung des Tonbandes mit dem McLane-Gespräch ins Schriftliche und warf den Aktenhefter auf den Schreibtisch. «Nehmen Sie ihm das ab, Hugh?»
    «Ich muss es überprüfen», antwortete Lanigan

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