Am Mittwoch wird der Rabbi nass
ruhig.
«Er könnte gelogen haben …»
«Gewiss.»
«Ich meine seine Behauptung, dass er das Rezept dem jungen Aptaker zur Anfertigung gegeben hat», erklärte Jennings. «Und da das schon zwei Wochen her ist, würde sich Aptaker wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern und könnte es nicht abstreiten.»
Lanigan nickte. «Andererseits steht zu erwarten, dass ihm der Name Kestler auf dem Rezept bekannt vorgekommen ist. Aber auch noch aus anderen Gründen bin ich geneigt, McLanes Geschichte zu glauben. Da ist zunächst mal die Tatsache, dass er uns freiwillig von dem Rezept erzählt hat. Hätte er Kestler absichtlich das falsche Medikament gegeben, hätte er schön den Mund gehalten.»
«Es sei denn, er ist schlauer, als Sie denken.»
«Nun gut», sagte Lanigan. «Dann nehmen wir Folgendes: McLane nimmt Cohens Bestellung telefonisch entgegen. Was hätte ihn daran hindern sollen, stattdessen Penicillin in die Flasche zu füllen? Er hätte behaupten können, Cohen habe Penicillin verlangt, und Dr. Cohen hätte niemals das Gegenteil beweisen können.»
«Aber dann hätte er Penicillin aufs Etikett schreiben müssen, und es steht zu vermuten, dass Kestler wusste, dass sein Vater Penicillin nicht vertragen konnte.»
«Nein», entgegnete Lanigan, «er brauchte bloß die Fabrikbezeichnung des Medikaments draufzuschreiben, Vespids. Kestler hätte bestimmt nicht gewusst, dass es sich dabei um Penicillin handelte. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto seltsamer erscheint mir das Verhalten des jungen Aptaker. Er kommt ganz von Philadelphia hierher, um seine Eltern zu besuchen. Falls er mit dem Wagen fuhr, dann ist es eine sehr lange Fahrt. Und wenn er geflogen ist, hat es eine Menge gekostet. Wenn er Urlaub hatte, sollte man meinen, er müsste mindestens eine Woche haben. Man hätte erwartet, dass er am Sonntag oder Montag gekommen und bis zum darauf folgenden Sonntag geblieben wäre.»
«Woher wissen Sie, dass er das nicht getan hat?», fragte Jennings.
«Nun, Eban, wenn wir McLane glauben können, ist er am nächsten Tag wieder abgereist. Und in dieser Hinsicht müssen wir McLane glauben, denn das ist etwas, das wir sehr schnell bei Marcus Aptaker oder bei Mrs. Aptaker nachprüfen können. Aber man sollte meinen, wenn der junge Aptaker am Montag gekommen ist, wäre er sofort ins Geschäft gegangen und sein Vater hätte ihn mit McLane bekannt gemacht. Aber nein, er wartet bis zum Mittwochabend; erst da kommt er endlich in den Laden. Und am nächsten Tag ist er verschwunden.»
«Ja und?»
«Das ist seltsam», sagte Lanigan. «Es ist eine sehr lange Strecke für einen Besuch von nur einem Tag. Andererseits, wenn er am Mittwochabend eine kriminelle Tat begangen hat, weil die Gelegenheit gerade günstig war, könnte ich durchaus verstehen, dass er am nächsten Tag abgefahren ist.»
«Ja, aber er ist wiedergekommen», wandte Jennings ein.
«Gewiss, weil er sich inzwischen sicher glaubte. Zwei ganze Wochen waren vergangen, und kein Hinweis auf eine polizeiliche Untersuchung in der Zeitung …»
«Ach was! Woher sollte er wissen, ob etwas davon in der Zeitung stand? Er sitzt in Philadelphia. Und selbst wenn es in die Bostoner Zeitungen gekommen wäre, in die von Philly ganz bestimmt nicht.»
Lanigan wies den Einwand mit einer Handbewegung von sich. «In allen Großstädten gibt es Kioske, wo auch die Kleinstadtzeitungen verkauft werden. Außerdem gibt es die öffentliche Bibliothek …»
«Den Lynn Examiner würde es da bestimmt nicht geben, und noch viel weniger den Barnard’s Crossing Courier », entgegnete Jennings.
«Er hätte es von seiner Mutter erfahren können, als sie ihn anrief. Nein, das stört mich überhaupt nicht.»
«Mir scheint, Sie haben sich Ihre Meinung bereits gebildet», sagte Jennings. «Wollen Sie Arnold offiziell beschuldigen?»
«Dafür habe ich noch nicht genug gegen ihn, aber ich möchte auf jeden Fall mit ihm sprechen.»
«Soll ich ihn festnehmen?»
«Im Moment haben wir nicht mal dafür genug in der Hand.»
«Dann wollen Sie also warten, bis er einen Strafzettel kriegt, wie?»
Lanigan überhörte die Ironie. «Um wie viel Uhr schließt der Drugstore am Sonntag?»
«Um sechs. Aber Sie wissen ja, wie das so ist, manchmal wird’s ein bisschen später. Er würde niemals jemanden abweisen, nur weil schon Ladenschluss sein müsste.»
«Ist das Geschäft nur mit einem Mann besetzt?», erkundigte sich Lanigan.
«Ja, der junge Aptaker ist da. Am Sonntag ist wahrscheinlich nicht
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