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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Sorgen deshalb gemacht. Seit dem Abend im King David haben wir keine Silbe von Dan gehört. Wahrscheinlich ist er in Tel Aviv und sieht zu, was er bei der Botschaft ausrichtet.»
    «Zu schade, er ist ein netter Mensch.»
    «Möglich, dass er morgen zum Kiddusch vorbeikommt. Das macht er für gewöhnlich.»
    «Dann sehe ich ihn ja vielleicht. Eventuell kann ich da helfen. Ich kenne massenhaft Leute.»

48
    Es war kein Zufall, dass Marty Drexler und Bert Raymond am Samstagmorgen auftauchten; sie wussten, dass der Rabbi im Tempel war, und so konnten sie ungestört mit der Rabbitzin sprechen.
    Sie öffnete ihnen die Tür. «Ach, Mr. Raymond – und Mr. Drexler. Der Rabbi ist in der Synagoge.»
    «Ach. Na, das hätte ich mir eigentlich denken können.» Raymond hörte sich enttäuscht an, machte jedoch keine Anstalten zu gehen.
    Um das verlegene Schweigen zu überbrücken, sagte Mrs. Deutch: «Möchten Sie nicht hereinkommen? Handelt es sich um etwas Dringendes?» Sie trat zur Seite, um die beiden vorbeizulassen. «Ich bin gerade bei der zweiten Tasse Kaffee. Wollen Sie mir dabei Gesellschaft leisten?»
    «Mit dem größten Vergnügen, Mrs. Deutch», sagte Marty.
    Sie holte Tassen, und sie setzten sich um den Tisch und plauderten. Beide lehnten ab, als sie ihnen zum zweiten Mal einschenken wollte. Marty hob abwehrend die Hände und erklärte: «Der Kaffee ist ausgezeichnet, aber eine Tasse ist mehr als genug für mich. Weshalb wir den Rabbi sprechen wollten … also es dreht sich darum, ob er zu einem Entschluss gekommen ist … in der Sache, über die wir uns vergangene Woche mit ihm unterhalten haben. Hat er Ihnen davon erzählt?»
    «Ja, er hat’s erwähnt», sagte sie vorsichtig.
    «Das betrifft Sie ja genauso wie ihn. Was halten Sie davon, wenn Sie hier bleiben, Mrs. Deutch?», fragte Raymond.
    «Die Entscheidung liegt bei Hugo.» Sie räumte die Tassen ab. «Das werden Sie doch verstehen, Mr. Raymond.»
    «Na klar», meinte Marty. «Bei mir zu Hause entscheide ich, und meine Frau sagt mir, wie ich entscheiden soll. Und das wird wohl in den meisten Familien dasselbe sein, nehme ich an. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass der Rabbi auf Sie hört und viel auf das gibt, was Sie sagen.»
    «Na ja, natürlich …»
    «Ich meine, wenn Ihnen der Gedanke nicht gefällt, wenn Sie finden, der Rabbi ist zu alt, um eine neue Stellung zu übernehmen … oder wenn Sie vorhaben, sich in Florida zur Ruhe zu setzen, dann sind wir auf der falschen Fährte, und je eher wir das wissen, desto schneller können wir uns mit neuen Plänen befassen.»
    «Soweit es mich angeht, mir gefällt es hier. Und Hugo auch, das weiß ich. Ob er zu alt ist, darüber müssen Sie und Ihr Vorstand entscheiden. Ich weiß, er ist nicht der Meinung. Und ich auch nicht. Und uns in Florida zur Ruhe setzen … ich bin sicher, nichts liegt ihm ferner als das.»
    «Also, wenn wir Sie auf unserer Seite haben …»
    «Ich kann Ihnen aber sagen, was ihm am meisten Kopfschmerzen bereitet», fuhr sie fort, «nämlich ob es sich hier tatsächlich um eine Stellung handelt.»
    «Ich weiß, was Sie meinen», entgegnete Raymond ernst, «und ich habe Rabbi Deutch selbstverständlich erklärt, dass wir an ihn herangetreten sind, weil wir Grund zu der Annahme hatten, dass hier eine Stellung frei ist.»
    «Hören Sie, Mrs. Deutch», sagte Marty Drexler impulsiv. «Ich werde meine Karten auf den Tisch legen. Als Rabbi Small Urlaub nahm – und ich betone ‹nahm›, denn er wurde ihm weiß Gott nicht angeboten –, da war, was mich betrifft, der Job auf der Stelle zu haben. Wäre das in meinem Büro passiert, hätte ich bereits einen Ersatz gehabt, bevor der Knabe noch seine Whiskeyflasche aus der Schreibtischschublade geholt hätte. Und ich halte mich nicht für hartgesotten; ich bin nur fair. Ich hab nichts dagegen, dem anderen das zu geben, was ihm zusteht, solange ich das bekomme, was mir zusteht. Aber im Vorstand ist man scheint’s der Meinung, bei Rabbinern wär das was anderes. Von mir aus. Also einigten wir uns darauf, einen Vertreter zu engagieren, nämlich Ihren lieben Mann, während Small auf drei Monate oder so was abhaut. Aber in der ganzen Zeit haben wir kein Wort von ihm gehört. Keine Silbe. Nicht mal eine Zeile ‹auf baldiges Wiedersehen›, na, was man eben so schreibt. Geschweige denn einen Brief, in dem er sich Gott behüte erkundigt, was sich hier tut. Kein Wunder, dass sich jetzt mehr Leute zu meiner Auffassung bekehrt haben – das heißt kurz und

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