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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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den Kopf auf die Seite und lächelte. «Selbst Fanatiker haben ihren Zweck. Sie bilden ein Ende der normalen Kurve, die uns alle umfasst. Wären sie dem Mittelpunkt ein wenig näher, dann wären die am anderen Ende um genau das Stück weiter weg. Wenn wir alle vor ein paar hundert Jahren ‹aufgeklärt› worden wären – wären wir dann heute ein Volk?»
    Gittel schob ihren Teller beiseite, stützte die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich mit kampflustig funkelnden Augen nach vorn. «David, du bist zwar ein Rabbi, aber du hast keine Ahnung, wovon du redest. Das ist nicht deine Schuld», fügte sie großmütig hinzu, «du hast nicht lange genug hier gelebt, um zu wissen, was sich tut. Es dreht sich nicht nur um die Beschränkungen, die sie uns anderen am Sabbat aufzwingen, sondern es gibt ganze Gebiete, über die sie unumschränkte Macht ausüben. Sie bestimmen über Eheschließungen; sie bestimmen, wer ein Jude ist. Praktisch beherrschen sie unsere Hotels und Restaurants. Und alles auf der Grundlage uralter Vorschriften, die keine Beziehung mehr zu einer modernen Gesellschaft haben. Weil ein Mann zufällig Cohen heißt, verweigern sie ihm die Genehmigung, eine geschiedene Frau zu heiraten, mit der Begründung, er entstamme der Familie der Kohanim, das heißt Priester, und nach dem Leviticus oder Deuteronomium oder sonst was darf der Priester keine geschiedene Frau heiraten. Eine Frau erduldet alle möglichen Grausamkeiten und Misshandlungen von ihrem Mann und kann keine Scheidung bekommen, weil nur der Ehemann sie gewähren darf.»
    «Der Ehemann kann vom rabbinischen Gericht angewiesen werden, die Scheidung zu gewähren», sagte Uri, «und sie können ihn sogar ins Gefängnis bringen, wenn er sich weigert.»
    «Und was ist, wenn er bereits im Gefängnis sitzt?», fragte seine Mutter. «Und was ist mit den Kindern von jüdischen Vätern und nichtjüdischen Müttern, die von den Gerichten zu Nicht-Juden erklärt wurden …»
    «Aber wenn sie übergetreten ist …»
    «Diese Leute entscheiden, ob es sich um einen richtigen, gültigen Glaubenswechsel handelt», schloss sie triumphierend.
    Der Rabbi lehnte sich zurück. «Und welches Gesetz hat jemals jedermann genau gleich behandelt? Es gibt immer Ausnahmefälle, die dem Einzelnen gegenüber ungerecht sind. Aber die Gesellschaft duldet sie, weil ein vollkommenes Gesetz unerreichbar und das Leben ohne Gesetz undenkbar ist. Gibt es zu viele solcher Ausnahmefälle – das heißt, wenn die Fälle keine Ausnahmen mehr sind und zur Regel werden –, dann ändert man entweder das Gesetz, oder es wird etwas modifiziert, neu ausgelegt, um es der neuen Situation anzupassen. Und ebendas ist hier in der Frage der Mischehen geschehen. Doch wenn es nicht eine Gruppe von Zeloten gäbe, die darauf dringen, dass die strenge Auslegung des Gesetzes erhalten bleibt, wer ein Jude ist und wer nicht – sagt mir bitte, wie lange eurer Meinung nach dann Israel ein jüdischer Staat bleiben würde? Wie lange würde es dauern, bis es restlos kosmopolitisch wäre? Und welche Rechtfertigung gäbe es dann, es als eigenen Staat zu belassen?»
    Jonathan gähnte ausgiebig und zog damit sofort die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich.
    «Das arme Kind», sagte Gittel, «unser Gerede hat ihn müde gemacht.»
    «Er gehört längst ins Bett», erklärte Miriam. «Komm, Jonathan, gib Daddy und Tante Gittel und Uri einen Kuss und sag gute Nacht.»
    Pflichtschuldigst machte Jonathan die Runde und blieb vor Uri stehen. «Gehst du heut Nacht noch weg?», erkundigte er sich ernsthaft.
    «Uri schläft heute hier», beruhigte ihn Miriam. «Und wenn du gleich ins Bett gehst, bist du morgen früh frisch und munter und kannst mit ihm in die Schul gehen.»
    Als sie den Abend viel später beendeten, teilte Gittel mit, sie werde auf dem Sofa schlafen, sodass Uri das Bett in Jonathans Zimmer haben könnte. Er protestierte, aber Gittel beharrte darauf, ihr sei das Sofa lieber. Miriam erklärte sie: «Ich möchte, dass er wenigstens eine Nacht ein bequemes Bett hat. Außerdem wird Jonathan sich freuen, wenn er ihn beim Aufwachen in seinem Zimmer vorfindet.»
    Als sie Miriam half, das Sofa für die Nacht herzurichten, fragte sie: «Ist euer Freund, dieser Stedman, eigentlich schon nach Amerika zurückgefahren?»
    «Nein, ich glaube nicht. Bestimmt hätte er sich vorher noch telefonisch von uns verabschiedet.»
    «Sein Sohn steckt in einem ganz schönen Schlamassel, wie?»
    «Keine Ahnung», sagte Miriam. «Wir haben uns

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