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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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bündig: Hier ist ein Job frei, und wir können einen Wink mit dem Zaunpfahl, der schon mehr ein Schlag mit dem Holzhammer ist, ebenso gut wie jeder x-Beliebige kapieren.»
    «Haben Sie ihm geschrieben?»
    «Wir denken gar nicht daran. Und wenn jemand vom Vorstand das vorschlagen würde, würde ich mich auf die Hinterbeine stellen und laut und deutlich Fraktur reden. Denn ich halte es für unter unserer Würde, ihm zu schreiben und zu betteln, er soll uns doch gütigst mitteilen, was er vorhat.»
    «Und zu allem Überfluss, Mrs. Deutch», fügte Raymond hinzu, «waren zwei von unseren Gemeindemitgliedern in Israel und einen Tag mit Rabbi Small zusammen. Sie hatten den Eindruck – ich möchte gern fair sein –, dass er nicht zurückkommt und vielleicht sogar ganz aus dem Rabbinat ausscheidet.»
    «Ehrlich gesagt fanden wir es auch etwas merkwürdig, dass Rabbi Small uns nicht geschrieben hat», gestand Mrs. Deutch.
    «Das reicht mir!», rief Marty. «Was mich angeht, ist Rabbi Small endgültig weg vom Fenster.»
    «Also, Marty …», wandte Raymond ein.
    «Sieh mal, Bert, ich steh schließlich mit meiner Meinung nicht allein da. Ich hab bei den Leuten im Vorstand auf den Busch geklopft, und mehr als die Hälfte sagen, wenn sie die Wahl hätten zwischen Rabbi Small und Rabbi Deutch, würden sie Rabbi Deutch nehmen, auch wenn das Krach bedeutet. Er ist unser Mann. So was wie ihn braucht der Tempel. Und ich werd Ihnen noch was sagen, Mrs. Deutch. Bert hier ist derselben Meinung, aber als Anwalt kann er eben nichts sagen, ohne einen Haufen Wenns und Abers reinzubringen. Ich dagegen sage Ihnen klipp und klar, Mrs. Deutch, der Job ist frei, Ihr Mann kann ihn haben, wenn er ihn will; aber er darf nicht einfach dasitzen und warten, dass er ihm in den Schoß fällt. Er muss schon danach greifen.»
    «Ich versteh leider nicht …»
    «Aber sicher verstehen Sie mich. Er muss zeigen, dass er ihn haben möchte. Den Job oder das Geschäft hat’s noch nicht gegeben, bei dem alles glatt und reibungslos über die Bühne geht. Ein bisschen drum bemühen muss man sich immer. So ist das Leben. Das muss man einkalkulieren. Und in diesem Fall sehe ich kein großes Problem. Aber Rabbi Deutch muss durchblicken lassen, dass er den Job möchte. Sonst wird es nach der Rückkehr von Rabbi Small Leute geben, die sagen, Rabbi Deutch ist ihnen zwar lieber, nach wie vor, aber Rabbi Small ist ein junger Mann mit Familie und so weiter. Und was geschieht dann als Erstes? Wir kriegen Zores, es gibt böses Blut, und etwas von dem ganzen Geseire trifft auch Ihren Mann.»
    Mrs. Deutch nickte. «Ja, ich denke, ich verstehe Ihren Standpunkt.»
    «Es ist also abgemacht, Mrs. Deutch?»
    «Ich sagte ja schon, die Entscheidung liegt bei Hugo. Aber ich werde mit ihm reden, garantiert.»
    «Mehr verlangen wir ja gar nicht», erklärte Marty. Er und Bert erhoben sich. «Sollte ich zufällig Rabbi Deutch begegnen … na ja, ich hatte nicht vor, ihm zu sagen, dass ich hier gewesen bin.»
    «Ja, das halte ich auch für die bessere Taktik», nickte sie. «Ich werde kein Wort von Ihrem Besuch erwähnen.»
    «Dann wird er denken, das Ganze kommt von Ihnen.»
    Als sie im Wagen saßen, fragte Bert: «Meinst du, sie kann das zustande bringen?»
    «Die Sache ist geritzt.» Marty lachte in sich hinein. «Ich bin weder Philosoph noch Psychologe oder so was, aber im Geschäftsleben hab ich gelernt, wie man Ehepaare abtaxiert – du weißt ja, sie kreuzen gemeinsam auf, wenn sie ein Darlehen haben wollen –, und da kann ich eigentlich immer genau sagen, wer von den beiden die Hosen anhat. Verlass dich drauf, in dem Haus hier ist sie diejenige welche.»

49
    Uri war zu seiner Freundin gegangen; Jonathan hatte bereits seine «guten» Sachen, in denen er in der Synagoge gewesen war, gegen die gewohnten Shorts und den Pullover vertauscht und spielte im Hof mit Shauli. Die Smalls und Gittel saßen gemütlich bei Wein, Kuchen und Nüssen am Kiddusch -Tisch, als Dan Stedman auftauchte. Er hatte die Nummer von Haolam dabei und drückte sie dem Rabbi in die Hand.
    «Da, sehen Sie, der Propagandaapparat wurde bereits in Bewegung gesetzt. In den nächsten Tagen geht’s weiter und wenn es schließlich zur Gerichtsverhandlung kommt, hat die Presse das Urteil schon vorweggenommen.» Er sah verhärmt aus und hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    Der Rabbi betrachtete das Titelfoto und blätterte dann durch die Seiten. «Eine Monatszeitschrift», bemerkte er, «und dieses Heft muss schon

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