Am Montag flog der Rabbi ab
vor einiger Zeit in Druck gegangen sein. Außerdem handelt sich’s um eine bebilderte Zeitschrift, ähnlich wie unser Life. Die veröffentlichen jedes interessante Foto. Haben Sie das auf Seite zweiunddreißig gesehen? Diese Luftaufnahme muss direkt nach dem Sechs-Tage-Krieg gemacht worden sein. Und das von Memavet ist vom Fotografischen her höchst interessant.»
«Vermutlich», bestätigte Stedman müde. «Ich stecke so in der Sache drin, dass ich wahrscheinlich nicht mehr folgerichtig denke. Womöglich habe ich darüber schon Verfolgungswahn bekommen. Und dann war niemand da, mit dem ich darüber sprechen konnte …»
«Was ist denn passiert?», erkundigte sich Miriam.
«Ich …» Er hielt unsicher inne und sah die beiden Frauen nacheinander an.
«Wenn Sie nicht in meiner Gegenwart reden wollen, kann ich ja in die Küche gehen», erbot sich Gittel.
«Nein, nicht nötig. Es dauert höchstens ein paar Tage, bis es sowieso jeder weiß.» Er kicherte hysterisch. «Sie können ebenso gut meine Seite der Geschichte zuerst hören.» Als er zu sprechen begann, wurde seine Stimme ruhiger, und bald berichtete er sachlich und objektiv, als diktiere er eine Reportage. Mitunter ließ er Kommentare einfließen – «ich kann verstehen, wieso die Polizei zu diesem Schluss gekommen ist» oder «das war furchtbar töricht von Roy». Beide Frauen fixierten ihn, während der Rabbi intensiv auf die Titelseite der Zeitschrift blickte, die vor ihm lag. Dan endete mit den Worten: «Ich kann nicht glauben, dass Roy so etwas Schreckliches gemacht haben soll.» Und dann schwächte er seine Worte mit dem Zusatz ab: «Ich bin sicher, sie haben nicht das Beweismaterial, das in einem regulären Prozess erforderlich wäre.»
Gittel hörte ihm mit zwiespältigen Gefühlen zu. Einerseits schien die Regierung der Meinung zu sein, dass der junge Mann mit den Terroristen in Verbindung gestanden und tatsächlich eine Gewalttat verübt hatte, durch die ein Mensch ums Leben gekommen war. Und andererseits tat ihr dieser nette Mann Leid, und das machte es schwer vorstellbar, sein Sohn könnte einer kriminellen Handlung schuldig sein.
«Warum nehmen Sie keinen Anwalt?», fragte sie. «Der könnte es ihnen zumindest ermöglichen, Ihren Sohn zu sehen.»
Stedman schüttelte den Kopf und nannte seine Gründe, die er zuvor schon Donahue auseinander gesetzt hatte. «Außerdem ist mein Freund in der Botschaft der Meinung, dass wir es hier mit Shin Bet zu tun haben und solche Fälle nicht nach der regulären Routine behandelt werden.»
«Was haben Sie also vor?»
«Er konnte den Namen des zuständigen Mannes eruieren, ein gewisser Adoumi. Ich hab versucht, mit ihm zu sprechen, aber er hat mich abwimmeln lassen.»
«Abner Adoumi?», fragte Gittel.
«Stimmt. Kennen Sie ihn?»
«Das kann man wohl sagen.»
«Ob Sie vielleicht eine Zusammenkunft mit ihm arrangieren könnten», bat er.
Ihr Gesicht wurde abweisend. «Ihr Sohn wird eines schweren Verbrechens gegen den Staat verdächtigt, Mr. Stedman. Shin Bet handelt nicht leichtfertig, davon bin ich überzeugt. Aber Abner Adoumi ist Staatsbeamter, und Sie haben ein Recht, ihn zu sehen. Man darf es ihm nicht durchgehen lassen, dass er sich vor seinen Verpflichtungen drückt. Ich fahre Sie zu ihm – gleich jetzt, wenn Sie wollen. Er ist wahrscheinlich zu Hause.»
Dan konnte seine Dankbarkeit nicht verbergen. «Aber ich kann nicht von Ihnen verlangen, dass Sie sich diese Ungelegenheiten machen. Wenn Sie mir bloß seine Adresse geben …»
«Und was würden Sie tun, wenn er Ihnen die Tür vor der Nase zuschlägt? Das bringt Abner glatt fertig. Nein, ich fahre Sie hin und sorge dafür, dass er Sie wenigstens anhört.»
«Haben Sie was dagegen, wenn ich mitkomme?», fragte der Rabbi.
«Durchaus nicht.» Stedman war jetzt in gehobener Stimmung. «Je zahlreicher wir aufkreuzen, desto besser. Dann sieht er, dass er die Sache nicht geheim halten kann.»
Der Renault sprang sofort an, Stedman saß neben Gittel und der Rabbi hinten. Sie schwiegen während der kurzen Fahrt, jeder in seine Gedanken versunken. Gittel hielt vor dem Haus in der Kol Tov Street, marschierte, die beiden Männer im Schlepptau, zur Tür und läutete.
Adoumi öffnete. «Was tust du denn hier, Gittel?», begrüßte er sie. «Wer sind die beiden?»
«Das ist mein Freund Daniel Stedman, und das mein Neffe, David Small.»
Er lächelte. «Aha, der Rabbi aus Amerika, der den Sabbat nicht einhält. Was wünschen Sie?»
«Wir möchten mit
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