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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Lebensmittel auf dem leeren Platz neben sich liegen und den umfänglichen Schoß voller Pakete hatte, zog an der Schnur, und dann ein zweites Mal, weil der Fahrer das Haltesignal womöglich nicht gehört hatte.
    Er blickte in den Rückspiegel und schrie: «Schon gut. Ich hab’s ja gehört. Oder glauben Sie, das ist ein Musikinstrument?» Er fuhr an den Randstein und hielt.
    Die Frau raffte ihre Einkaufsnetze und Päckchen an sich und strebte zur Tür. «Er benimmt sich, als ob sein Vater die Straße gebaut hätte», beschwerte sie sich. «Und wie oft zieht man die Schnur, und er hält nicht? Und wie oft fahren sie einfach vorbei, wenn’s regnet und man an der Haltestelle steht?»
    «Liebe Dame, wir müssen alle irgendwohin. Und wenn Sie sich nicht beeilen, haben Sie keine Zeit, Ihrem Mann noch das Essen zu kochen, bevor er nach Hause kommt. Den Schluss können Sie uns ja das nächste Mal erzählen.»
    «Busfahrer sind alle gleich», meinte Miriam.
    Ihr Mann lächelte. «Dieser hier auch, aber mit einem Unterschied.»
    Der Bus hielt vor dem Jaffa-Tor. Bevor sie hindurchgingen, drehten sie sich um und betrachteten den Teil der Neustadt, den sie eben verlassen hatten.
    «Es ist alles so weiß, David!», rief Miriam.
    «Es ist aus Jerusalemer Stein erbaut. Wenn ich mich recht erinnere, gab es während des britischen Mandats ein Gesetz, das das vorschrieb. Vielleicht ist es immer noch in Kraft. Aber die Wirkung ist toll, nicht wahr?»
    Sie gingen durch das Tor, überquerten einen weiten Platz und folgten den anderen Besuchern in eine schmale, kaum drei Meter breite überdachte Straße. Zu beiden Seiten waren Stände und Läden, vor denen die arabischen Besitzer auf niedrigen Hockern saßen und die Passanten hereinwinkten.
    Die Straße fiel steil ab; alle paar Schritte waren zwei oder drei Stufen. Es wimmelte von Arabern, Touristen, Geistlichen der verschiedenen Konfessionen und zahllosen Kindern. Die Seitenstraßen waren ebenfalls überdacht und mit Läden gesäumt. Ab und zu sahen sie jedoch Plätze und Höfe, die offensichtlich zu Wohnhäusern gehörten. Als sie an einer Ecke stehen blieben, näherte sich ihnen ein kleiner Junge von elf bis zwölf Jahren. Er war sauber gewaschen und trug einen Cowboyanzug.
    «Brauchen Sie einen Führer, meine Herrschaften? Ich kann Sie überall hinbringen. Möchten Sie zur Klagemauer? Sind Sie aus Amerika?»
    «Ja, wir sind aus Amerika», antwortete Miriam.
    «Vielleicht aus Chicago? Oder aus Pennsylvania? Ich hab viele Freunde in Chicago und Pennsylvania. Vielleicht kennen Sie welche davon. Dr. Goldstein aus Pennsylvania ist ein sehr guter Freund von mir.»
    «Nein, ich kenne Dr. Goldstein aus Pennsylvania nicht», sagte Miriam, wider Willen belustigt.
    «Vielleicht möchten Sie die Via Dolorosa besichtigen? Ich kann sie Ihnen zeigen, das Kloster auch. Pater Benedict ist ein sehr guter Freund von mir.»
    Miriam schüttelte den Kopf.
    «Oder interessieren Sie sich für Teppiche? Für Schmuck vielleicht? Ich kann Sie in die besten Läden führen. Als meine Freunde kriegen Sie überall Vorzugspreise. Oder persische Emailarbeiten? Ich kenne da einen Laden – der Besitzer will das Geschäft aufgeben und verkauft alles sehr billig.»
    «Wir möchten gar nichts kaufen», erklärte Miriam.
    «Mein Bruder kann Sie in eine Ledergroßhandlung führen …»
    Miriam schüttelte nur den Kopf und lief hinter ihrem Mann her, der unbeirrt weitergegangen war. Als sie um die Ecke bogen, sahen sie den Jungen einen anderen Passanten ansprechen.
    «Du darfst sie nicht noch ermutigen», sagte der Rabbi, «sonst wirst du sie nie mehr los.»
    «Der eben muss ’ne ganz besondere Type gewesen sein. Wahrscheinlich wird er eines Tages Bürgermeister.»
    Der Rabbi grinste. «Der nicht. Der wird Krämer, Besitzer eines kleinen Ladens wie die hier, und sitzt dann davor auf einem Hocker, raucht seine Wasserpfeife und trinkt den ganzen Tag Kaffee. Die halbe Stadt wird ihm gehören und der Bürgermeister bei ihm angestellt sein.»
    Je weiter sie auf den abschüssigen Straßen in die Altstadt gelangten, desto mehr veränderte sich deren Charakter. Die Geschäfte waren nicht mehr auf die Touristen zugeschnitten, sondern für die Bewohner der Stadt bestimmt. Es gab Läden, in denen Radios und Uhren oder Töpfe und Pfannen repariert wurden; Fleischereien, Schuster, Friseurläden. Kleine Cafés, aus denen ohrenbetäubende Radiomusik meilenweit drang. Und die Besitzer, die vor ihren Geschäften saßen, lächelten nicht

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