Am Montag flog der Rabbi ab
sind jedenfalls bezahlt.»
«Geschenkt, du hast also gefragt. Und was ist passiert?»
«Nichts!», verkündete Markevitch triumphierend. «Er war nicht begeistert, und er war auch nicht sauer. Er war einfach nicht interessiert, weder so noch so. Nur höflich.»
«Vielleicht wollte er sich nur nicht in die Karten schauen lassen.»
Markevitch stieß den anderen mit dem Ellbogen an und zwinkerte ihm verständnisinnig zu. «Kann sein. Kann aber auch sein, dass er einfach nicht interessiert war, weder so noch so. Ehrlich gesagt, wir waren eigentlich ein bisschen verärgert über unseren Rabbi. Ich meine, wenn er schon unser Rabbi ist, haben wir auch das Recht zu erwarten, dass er für uns den Rabbi macht. Wenn du nach Washington fährst und deinem Kongressabgeordneten sagst, hier bin ich, was passiert? Er interessiert sich für deine Probleme. Er versucht, dir behilflich zu sein, oder wenigstens spiegelt er dir vor, dass er’s tun wird. Und wenn schon gar nichts anderes, lässt er dich zumindest von jemand aus seinem Büro rumführen. Hab ich Recht? Na, wir haben uns eingebildet, genauso könnten wir auf den Rabbi rechnen. Nehmen wir mal die Sache mit der Klagemauer, ja? Wenn ihr schon mit eurem Rabbi dort seid, erwartet ihr doch, dass er für euch an der Mauer ein Gebet spricht. Immerhin ist es die heiligste Stätte, die wir haben, und wenn ihr die Gelegenheit habt, dass dort ein Gebet gesprochen wird, na … wer will sich das schon entgehen lassen? Hab ich Recht? Und wie wir ihn darum gebeten haben, sagt er, er möchte lieber nicht, und wir sollen’s selber tun. Natürlich haben wir’s auch getan, ich und Katz, aber das ist ja nicht dasselbe. Wir mussten es auf Englisch sprechen, damit fängt’s schon mal an …»
Vom Vorstandstisch ertönte der scharfe Schlag des Hammers, und der Vorsitzende rief: «Würdet ihr euch bitte hinsetzen? Würde bitte alles Platz nehmen?»
Einige hasteten an die Tische, während die anderen, die sich noch unterhielten, automatisch die Stimme senkten.
«Das ist ja wirklich komisch. Was, glaubst du, hat das zu bedeuten, V. S.?»
Markevitch flüsterte: «Ich will’s mal so ausdrücken: Markevitch ist keiner, der seinen Mund zu weit aufreißt, aber Markevitch wettet zehn Dollar gegen fünf, dass unser Rabbi, als er nach Israel ging, auf Nimmerwiedersehen abgehauen ist.»
31
Die Polizei, vertreten durch Chaim Ish-Kosher, und Shin Bet , von Abner Adoumi repräsentiert, «kooperierten» zwar; die Tatsache jedoch, dass sie sich in Adoumis kleinem staubigen Büro im obersten Stockwerk des Polizeipräsidiums trafen, das dem Geheimdienst vorübergehend zugewiesen worden war, anstatt in Ish-Koshers viel bequemerem und geräumigerem Dienstzimmer im ersten Stock am entgegengesetzten Ende des Gebäudes, ließ darauf schließen, dass die Zusammenarbeit etwas einseitig sein könnte.
Die beiden Männer waren in jeder Beziehung verschieden. Ish-Kosher, in blauer Uniform mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte, die Jacke gebügelt und zugeknöpft, strahlte Energie und Sachlichkeit aus; zugleich lächelte er gern, das typische Lächeln des Vertreters der Exekutive, das die blitzenden, gleichmäßigen weißen Zähne zeigte und Interesse und Verständnis andeuten sollte. Abner Adoumi dagegen, ein großer, beleibter Mann mit kurz geschorenem ergrautem Haar, das noch von einigen rotblonden Strähnen durchzogen war, war ohne Krawatte und in Hemdsärmeln. Er war kurz angebunden, autoritär, lächelte selten, und wenn, dann nahezu widerwillig.
«Und wie geht es Ihrer Frau?», erkundigte sich Ish-Kosher höflich.
«Sie ist ein paar Tage im Hadassa zur Beobachtung.»
«Oh, das tut mir aber Leid.»
«Hat nichts auf sich. Nur ein paar Untersuchungen.»
«Der Schock durch die Explosion?»
«Der Doktor sagt, nein. Wahrscheinlich wird sie morgen entlassen und muss dann später noch einmal für ein paar Tage hin.» Seine Augen streiften Ish-Koshers Jarmulke . «Wie ich höre, hätte ich’s Ihren Leuten zu verdanken, dass ich sie am Sabbat nicht besuchen könnte, falls sie dann noch drin ist.»
Ein rasches, unbekümmertes Lächeln. «Meinen Leuten? Ach so, Sie meinen die religiösen. Na, es heißt ja nicht, dass Sie sie nicht besuchen dürfen. Es dreht sich nur darum, dass Sie ins Hadassa fahren müssten, mit dem Bus oder mit dem Auto, und das wäre natürlich eine Entweihung des Sabbat.»
Adoumi hob warnend den Zeigefinger. «Eines Tages lassen wir anderen uns das nicht mehr gefallen, Chaim»,
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