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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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jedoch nicht entschließen konnten, das im wahrsten Sinne des Wortes hervorstechendste Attribut ihrer Weiblichkeit, den Busen, in die Kopie einzubeziehen. Neben den drei beweglichen Fingern der Mornen war das völlige Fehlen der weiblichen Brust und ihrer Funktionen einer der äußerlichen Hauptunterschiede gegenüber den Menschen.
    An der Rezeption telefonierte ein Hotelangestellter, nachlässig über den Tisch gelehnt. Er blickte Karin aus schläfrigen Augen an, als sie ihren Zimmerschlüssel vom Brett nahm.
    Plötzlich aber war er hellwach. »Just a moment, please!« rief er in den Hörer, warf ihn auf den Tisch und eilte ihr und Lester nach. »Einen Augenblick, Mister! Sie sind doch Lester Sullivan?« 
    Lester blieb stehen und betrachtete amüsiert den Angestellten, der an seinem Rockkragen nestelte, um den oberen Knopf zu schließen. Die Eleganz Lesters schien ihn zu verwirren.
    »Für Sie ist ein Fernschreiben eingetroffen, Mister Sullivan. Ich habe es an Ihren Schlüssel gehängt«, sagte er und wurde noch ein wenig aufgeregter, als er merkte, daß er dem Gast damit zu verstehen gab, der habe den eigenen Schlüssel nicht beachtet, während die ihn begleitende Dame den ihren vom Brett genommen hatte. Und derartiges tut ein guter Hotelangestellter nicht.
    Karin Bachfeld beobachtete belustigt, daß der junge Angestellte rot geworden war. Er befürchtete wohl, die Bemerkung könne Lester kränken. Nun, der junge Mann kannte Lester schlecht.
    Plötzlich fiel ihr ein, daß das fragliche Fernschreiben von Schesternjow stammen könnte. Sollte Aurelhomme sein Versprechen so schnell wahr gemacht haben? Sie fühlte die Hoffnung heiß ins Gesicht steigen und schalt sich selbst töricht.
    »Lassen Sie das Fernschreiben auf Miss Bachfelds Zimmer bringen und sorgen Sie für eine gute Flasche Wein«, hörte sie Lester sagen, ehe er zu ihr in den Expreßlift trat.
    Ihr Zimmer im vierzehnten Stock war mit gediegener Einfachheit eingerichtet. Spannteppiche an den Wänden, weicher Boden von gedämpfter Farbe, die Schmalseite des Zimmers bestand aus einem einzigen großen Fenster, das auf die Bay hinausging. Vor den großgemusterten Vorhängen lief ein breiter Balkon um das ganze Gebäude herum. Die Mitte des Raumes wurde von einem breiten, fast quadratischen Bett in französischem Stil eingenommen, dessen weiche Fülle sie so angenehm fand. Es gab einen kleinen runden Tisch mit zwei schmalen Sesseln, einen Schrank, der eine ganze Zimmerseite einnahm, und eine winzige Speisenische neben der Tür zum Balkon. Die andere Seite des Zimmers diente dem Service: Radio, Fernsehgerät, Weckanlage, Telefon und Funkanlage in einem Gerät. Darüber hing die gelungene Reproduktion eines Gemäldes von Picasso. Sie hätte stundenlang die eigenartige Komposition des Bildes betrachten können, ohne daß sie sich in der Lage gefühlt hätte, die Gedankengänge des Künstlers zu interpretieren, aber ihr gefiel die skurrile Eleganz und die Meisterschaft, die aus den Farben zu ihr sprach.
    Wie jedesmal, wenn sie das kleine Zimmer betrat, so ließ sie auch diesmal die sachliche Atmosphäre des Raumes auf sich wirken, ließ das Vibrieren der Nerven abklingen, ehe sie sich setzte.
    Sie sah, daß Lester sie beobachtete, und stellte fest, daß sie sich nicht entspannen konnte. Das Schweigen strapazierte ihre Nerven mehr, als es sie beruhigte.
    »Was wird aus uns, Lester?« fragte sie und wandte ihm ihr Gesicht zu. »Trennen sich unsere Wege erneut, oder wollen wir endlich einen Schlußstrich unter unser Halbdasein setzen?«
    Er richtete sich auf, und sie sah, wie sich sein Gesicht verschloß. Schon jetzt war er nicht mehr der Lester, den sie in Berlin kennen- und liebengelernt hatte, und er war auch nicht mehr der heitere und ausgeglichene Lester, mit dem sie in der vergangenen Zeit die gemeinsame Arbeit verbunden hatte und dessen kleine Aufmerksamkeiten sie glauben ließen, daß alles noch gut werden könne.
    Sie sah, daß er die Hände zusammenpreßte, sah, daß seine Knöchel weiß wurden.
    »Es liegt an dir, Karin«, sagte er leise. »Du weißt, daß im Subrat immer ein Büro auf dich wartet.«
    Karin wußte, daß alles vorbei war. Nie würde sie sich entschließen können, ihre Arbeit im Regionalrat Nord aufzugeben. Nicht ihre Arbeit und nicht ihren gewohnten Lebenskreis. Was nützte ihr ein Büro im Subrat, wenn sie keine Aufgabe hatte. Sie fühlte, wie sich ihre Hoffnung einzig und allein auf das Fernschreiben konzentrierte. »Bitte, Lester«,

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