Am Rande wohnen die Wilden
die Mornen ihrer eigenen Entwicklung weiteren Auftrieb geben würden.
Und noch eine Form der Anpassung dokumentierte der Mensch in diesen Tagen! Seit jeher hatte er versucht, Dinge, die gefielen, zu imitieren, er hatte im Tanz die Tiere nachgeahmt, sich mit den Federn besonders schöner Vögel geschmückt und mit den Fellen schöner Tiere, er hatte die Anzüge der irdischen Kosmonauten für seine Mode entdeckt, und jetzt hatte er ein neues Vorbild: die überschlanken Mornen in ihren gelben Overalls mit den farbigen Schulterzeichen. Es dauerte nur Tage, bis junge Menschen in gelben einteiligen Anzügen und extrem flachen Schuhen durch die Straßen flanierten. Zuerst erregten sie noch Aufmerksamkeit, doch schließlich wurden sie immer mehr zu einem Teil des normalen Straßenbildes.
Über San Francisco flimmerte die Sonne. Die breite Bucht, über die sich wie ein schwebendes Spinnengewebe die Golden Gate Bridge spannte, schlief in der Hitze. Das Wasser war still wie eine Öllache.
Zwei Luftkissenschiffe, große Flundern mit in der Sonne blitzenden Glasaugen, zeichneten weiße Fächer auf das Blau des Pazifiks. Das Dröhnen ihrer Turbinen zog leise die schrägen Auffahrten der Brücke herauf und verirrte sich in den verschlungenen Windungen der gigantischen Verkehrsmaschine, die die untergeordneten Straßen aus den Vororten kreuzungsfrei an den Madison und Sunset Drive heranführte.
Die breiten Asphaltbänder der Highways verschwammen unter den Schlieren der aufsteigenden erhitzten Luft. Nur wenige Wagen krochen über den heißen Asphalt. Die breiten Boulevards der Stadt waren menschenleer. Mittägliche Siesta überall.
Es war außerdem Wochenende, und die Bewohner der Stadt waren ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung nachgegangen. Ihre Wagen oder die Subway, Busse oder die schnellen Jets hatten sie an die Strände der Golden Gate Bay, auf die Bahamas oder in die Berge des amerikanischen Mittelwestens gebracht, wo sie sich für die kommenden Arbeitstage mit neuen Energien aufluden.
Aus der Höhe seines Arbeitszimmers sah die Stadt wie ein riesiges Spielzeug von Kindern aus, die sich müde gespielt hatten und nun neuen Tätigkeiten nachgingen. Aber Lester Sullivan wußte, daß der Schein trog. Bald würde die unter der Gluthitze des Sommers stöhnende Stadt trotz der Wärme wieder vor Leben kochen.
Er wandte sich Karin Bachfeld zu, die stumm an dem kühlenden Getränk genippt hatte, das vor ihr auf dem Tisch stand. Sie erhob sich, gemeinsam verließen sie den Raum, immer noch kein Wort sprechend, und betraten den Lift.
Draußen sprang sie die Hitze des Mittags an und verschlug ihnen für Augenblicke den Atem. Er faßte die Frau an der Hand, sah das Lächeln in ihren Augen und wußte doch, daß es kein befreiendes Lachen, sondern nur das Lächeln einer vagen Hoffnung war.
Nach wenigen Schritten blieben sie stehen und blickten durch eine Lücke zwischen den Betontürmen der Geschäftsgebäude hinaus auf die Bucht. Sie schwiegen noch immer. Es war, als wollten sie die letzten Stunden des Zusammenseins verlängern, den unvermeidlichen Abschied hinauszögern, und sei es nur um einige Minuten. Noch hatte keiner von ihnen beiden von der Trennung gesprochen, und doch wußten sie, daß sie kommen würde.
Hier war ihre Arbeit vorerst getan. Sie hatten die Fremden empfangen, erste Kontakte geknüpft, und sie hatten erlebt, wie die Mornen sofort zielstrebig Arbeitsgruppen zusammenstellten, wie sie sich für alles zu interessieren schienen, wie sie fieberten, endlich ihre Arbeit, das Kennenlernen der Menschen, beginnen zu können. Jetzt waren sie bereits dabei, sich mit Hilfe provisorisch berufener Beratergruppen der Menschen in ihre Fachgebiete einzuarbeiten.
Und auch die Menschen hatten Arbeitsgruppen gebildet. Ihre Wissenschaftler begannen das umfangreiche Material, das ihnen rückhaltlos zur Verfügung gestellt wurde, zu sichten und zu ordnen. Entsprechend ihres Erkenntnis standes versuchten sie sich in die mornische Technik und Kultur, in die Wissenschaft und die Gesellschaftswissenschaft hineinzuarbeiten. Es war abzusehen, daß es für die Mornen eine Aufgabe von Monaten, für die Menschen eine von Jahren sein würde.
Karin Bachfeld und Lester Sullivan hatten sich nun mit Koordinierungsaufgaben zu befassen, die sie wieder in ihre jeweiligen Büros zurückführen würden, abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen. Und auf einen dieser Ausnahmefälle hoffte Lester.
Bisher war ihm eigentlich alles gelungen, was er
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