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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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ausgezeichneter Stimmung, und er hatte den Eindruck, daß es nichts gab, das sie ihm nehmen konnte. Er gönnte sich den Genuß, ein wenig in den fremden Hirnen herumzuhorchen. Solange die Mornen, deren Gedanken er auffing, anonym blieben, sah er keinen Vertrauensbruch darin, und es war immer wieder interessant, fremde Meinungen und fremde Gedankenkonstruktionen mit den eigenen zu vergleichen.
    Cosita beobachtete ihn eine Weile lächelnd, blickte dann auf Bojan und beteiligte sich an dem Spiel.
    Neben dem Fest der zweiten Sonne stellte die bevorstehende Expedition auf den Spuren des alten Kaltos eines der Hauptgesprächsthemen dar. Die meisten schienen der Meinung zu sein, daß es interessant und nützlich sei, die Theorie des Kaltos zu überprüfen, es sei aber unwahrscheinlich, daß sich eine Kontinuität des Evolutionsabfalls zum Rande der Sternspirale hin nachweisen lasse. Man hielt die Theorie des Kaltos für bemerkenswert, aber man glaubte nicht an sie.
    Innerlich rief Faunian einem älteren Mornen, der am Nebentisch diese Gedanken mit kräftiger Emission äußerte, ein Bravo! zu, und der andere winkte freundlich herüber, froh über den Beifall, den seine Meinung fand.
    Es schien Faunian, daß Bojan, der ihm gegenübersaß, nicht so sehr seine Meinung teilte, wie es der Morne am Nebentisch tat. Bojan neigte weit mehr zu der Theorie des Kaltos, als es viele der anderen taten.
    Nach und nach verstummten die Gespräche an den Tischen, die zweite Sonne versank langsam hinter dem Horizont, eine helle, leuchtende Linie auf die glatten Ebenen von Morn malend. Dann rauschte ein kräftiger Regen auf die Kuppel hernieder, spülte die Reste des Festes der zweiten Sonne durch die Kanäle in die Filter, reinigte die Oberfläche des Planeten in kürzerer Zeit, als die Mornen für ein gutes Essen benötigten. 
     
    Am anderen Morgen fuhren sie hinaus zum Raumhafen. Sie benutzten den Gravex, ein kleines, schnelles Verkehrsmittel für mittlere Strecken — und für Leute, die gewohnt waren, sich Zeit zu nehmen, und einer Kommunikation auf Reisen nicht abgeneigt waren.
    Es gab kleine Kabinen für vier bis acht Reisende. Sie wurden von Gravitationsringen getragen und durch ein System evakuierter Röhren getrieben.
    Der Schacht des Vertikaltunnels endete in einer flach gewölbten Halle, deren Decke von einer Säule in der Mitte der Station getragen wurde.
    Bojan blickte sich aufmerksam nach allen Seiten um und musterte die Gesichter der Mornen, die die Halle bevölkerten, sie in den verschiedensten Richtungen durchquerten, teils schnell auf den Feldern ihrer Antigravgürtel, teils gemessenen Schrittes.
    »Der Gravex scheint bei euch ein häufig benutztes Verkehrsmittel zu sein«, bemerkte er, sich an Cosita wendend.
    Erst jetzt kam es Faunian wieder zum Bewußtsein, daß Tekla und er von Morn zwei stammten.
    »Du warst noch nicht oft hier auf Morn drei?«
    Bojan wiegte nachdenklich den Kopf. »Seit mehreren Jahren habe ich eurer Heimat keinen Besuch mehr abgestattet«, sagte er schließlich. »Aber als Kind war ich mehrmals hier. Meine Mutter arbeitete in einem der Atmosphären-Regeneratoren. Sie hatte die Aufgabe, Erfahrungen zu sammeln, da zu diesem Zeitpunkt derartige Automaten bei uns gerade erst eingesetzt wurden, um die alten, weniger effektiven abzulösen.«
    Faunian begriff, daß es Bojan nicht leichtfiel zuzugeben, daß die Entwicklung auf dem dünner besiedelten Morn zwei hinter der ihres eigenen Heimatplaneten herhinkte. Er würde darauf achten müssen, daß er den in dieser Beziehung offensichtlich etwas empfindlichen Kollegen nicht mit irgendeiner Bemerkung verletzte. Auf Morn zwei gab es beispielsweise noch keinen Gravex. Der Verkehr auf dem Nachbarplaneten wurde in den meisten Fällen über autonome Fortbewegungsmittel abgewickelt, die hier als uneffektiv längst abgeschafft worden waren.
    Zweifellos waren es auch die anderen Naturverhältnisse auf Morn zwei, die für die Entscheidung des Rates, eine Reihe von Bewohnern dieses Planeten in die Expeditionsmannschaft aufzunehmen, den Ausschlag gegeben hatten. Die Bewohner von Morn zwei konnten sich weit besser in natürliche Vorgänge vertiefen, als es bei Wissenschaftlern von Morn drei der Fall war. Faunian fiel in diesem Zusammenhang auf, daß Bojan seinen Antigravgürtel bisher lediglich zu den Bewegungen in den Vertikalschächten benutzt hatte, ansonsten bevorzugte er offensichtlich das Laufen. Er nahm sich vor, die Begleiterin Bojans zu beobachten, vielleicht

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