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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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der Galaxis hinausgegangen waren, einen gesetzmäßigen Evolutionsabfall in Richtung Randzone festgestellt habe und daß die Spontaneität des Handelns, die Unausgegorenheit aller anderen Lebensäußerungen und die Abhängigkeit von der Ökologie mit dem Abstand vom Kern in gleichem Maße anwüchsen.
    Kaltos machte hier einen Gedankensprung, den Faunian auf keinen Fall akzeptieren konnte. War der Evolutionsabfall bis in bereits erforschte Gebiete der Galaxis auch unverkennbar, so lagen sie doch immerhin noch so weit von den äußeren Armen entfernt, daß es zweifellos einer Spekulation gleichkam, wollte man daraus das allgemeingültige Gesetz aufstellen, daß sich dieser Abfall im gleichen Sinne fortsetzte. Kaltos kam dadurch zu Schlußfolgerungen mit einem wahrhaft makabren Inhalt. Er vermutete an den Rändern Intelligenzen, die noch Reste natürlicher Ernährung kannten und auf einem Entwicklungsstand waren, der den Anfängen der Zivilisation auf Morn entsprach. Er behauptete, daß es möglich sei, den Entwicklungsweg der Mornen anhand der Intelligenzen mit größer werdendem Abstand vom Kern des Systems mühelos und augenscheinlich zu rekonstruieren.
    Faunian seufzte. Es war erstaunlich und beunruhigend, zu welch eigenartigen Ansichten sich Forscher verstiegen, denen die Forschungsergebnisse den Blick für das Normale getrübt hatten. Bei einzelnen Passagen des Berichtes konnte er sich des Eindruckes nicht erwehren, daß sich der Entdecker so vieler Welten der Tragweite seiner Theorie überhaupt nicht bewußt war, sondern diesen Evolutionsabfall, oder sollte man das nicht besser als Evolutionsverfall bezeichnen, als durchaus normal zu empfinden schien.
    Faunian schauderte bei dem Gedanken an Intelligenzen, die auf dem gleichen Wege wie die Mornen waren, jedoch das Tierstadium kaum überwunden hatten.
    Plötzlich kam er sich allein und verlassen vor. Sollte es möglich sein, daß es zwar, wie man wußte, fremde Intelligenzen gab, daß sie jedoch erst auf einem Punkt des Evolutionsastes angekommen waren, der eine Kommunikation mit ihnen verbot? Sollte es sich bewahrheiten, was die Alten vermutet hatten, daß es im ganzen Kosmos nur eine Zivilisation gab, die diesen Namen verdiente, die der Mornen?
    Faunian schloß die Augen. Das Rätsel fremder Intelligenzen verwirrte ihn. Bei seiner nächsten Expedition würde er Gelegenheit haben, die Theorie des Kaltos zu überprüfen. Nicht auszudenken, wenn sie sich bestätigen sollte, wenn sich der uralte Traum der Mornen, Brüder im Kosmos zu finden, als ewiger und unerfüllbarer Wunschtraum erweisen sollte.
    Die nächste Gruppe von Raumfahrern würde wahrscheinlich unter seiner Leitung stehen, und sie würde sich genau so weit vom Zentrum der Galaxis entfernen, wie es damals die Gruppe um Kaltos getan harte. Faunian war sich der Größe seiner Aufgabe bewußt, er würde sich hüten, sie zu unterschätzen, aber er war sich auch seiner selbst so sicher, daß er sich ihre Lösung zutraute.
     
    Auf Morn drei feierte man das Fest der zweiten Sonne. Seit mehr als viertausend Jahren wurde das erlöschende Zentralgestirn durch eine aus atomaren Prozessen gespeiste Miniatursonne unterstützt, die mit Hilfe von über den ganzen Planeten verteilten Schwerkraftemittoren auf ihrer Bahn nahe dem Planeten gehalten wurde. Trotzdem hatte sich das Klima auf dem Planeten von Jahr zu Jahr verändert. Es war kühler geworden. Zwar ergaben sich daraus für die Bewohner der Planeten keinerlei Nachteile, da sie Zeit hatten, sich an die Veränderung zu gewöhnen, aber man hatte doch die Anregung eines jungen Praktikanten der Kosmologie aufgegriffen, der die Schaffung einer zweiten Sonne und ihre Justierung durch Schwerkraftwirbel vorgeschlagen hatte. Von diesem Zeitpunkt war Faunian, eben jener junge Kosmologe, der Leiter eines Kollektivs geworden, das die Aufgabe hatte, dieses gewaltige Projekt zu verwirklichen. Damals hatte er Cosita kennengelernt, die Physikerin, die die Steuerung der atomaren Prozesse der zweiten Sonne zu programmieren hatte.
    Wenn er heute an seine Begeisterung dachte, mit der er die ersten Schritte zur Verwirklichung seines Projektes getan hatte, an die Zweifel, von denen er überfallen worden war, als ihre Arbeit Gestalt angenommen hatte, als er sich der Größe ihrer Aufgabe bewußt geworden war, mußte er lächeln. Damals hatte sich Cosita als wahrer Freund erwiesen, hatte ihn aufgerichtet, wenn er zu verzagen drohte, hatte häufig Entscheidungen gefällt, die er sich

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