Am Rande wohnen die Wilden
Vernichtungsversuche unternommen wurden. Allerdings aus Gründen, die ich nicht ganz verstanden habe. Dieses Land liegt drüben, auf einem anderen Kontinent.«
»Und sie haben diese Versuche tatsächlich aufgegeben?«
Doch Bojan konnte ihm keine befriedigende Antwort geben. Etwas war unklar geblieben an den Erklärungen der Menschen. Fast hatte es geklungen, als empfänden sie schon die Versuche als verabscheuungswürdig, als würden sie sie nur zu gern wieder vergessen. »Wir werden viel zu tun bekommen, Akul«, lenkte er ab. »Unsere Gruppe wird ein Gebiet untersuchen, in dem noch Tiere leben, die wild und gefährlich sein sollen. Und das Unglaubliche: Dort existieren noch Menschen, die in ihrer Entwicklung so weit zurück sind, daß sie weder Produktionsmethoden noch Wissenschaften in unserem Sinne kennen!«
Akul blickte zweifelnd. »Es erscheint mir völlig unmöglich, daß es auf einem Planeten intelligentes Leben in verschiedenen Evolutionsgraden geben soll. Sollte es sich allerdings als wahr erweisen, dann verspricht unsere Expedition nur noch interessanter zu werden, als sie es ohnehin schon ist.«
Bojan legte dem Jüngeren die Hand auf die Schulter und schob ihn sacht aus dem Raum. »Wir müssen gehen!« mahnte er zum zweitenmal. Als sie den Gang entlangliefen, beobachtete er Akul. Er kam ihm leicht und beschwingt vor. Mit Vergnügen stellte er fest, daß sich der junge Astrophysiker auf die Erde freute. Trotz allem!
Sie hatten die Schleusenkammer noch nicht erreicht, als ihnen Tekla aufgeregt in den Weg lief. »Beeilt euch!« rief sie. »Unsere Betreuerin ist da. Sie steht am Ufer und scheint auf unser Auftauchen zu warten.«
»Ist sie allein gekommen? Uns wurden zwei Menschen gemeldet. Ein Mann müßte noch dabeisein.«
Tekla bejahte, trat dann dicht an Bojan und Akul heran, als befürchte sie, belauscht zu werden, und erklärte mit leiser Stimme: »Etwas stimmt nicht mit ihm. Birrha ist sich noch nicht ganz im klaren, um was es sich handelt. Zur Zeit ist nur sicher, daß die Bakterienrezeptoren eine ungewöhnliche Konzentration dieser Lebewesen in der Nähe seines Kopfes nachgewiesen haben. Eine Erklärung dafür gibt es noch nicht.«
Akul zögerte. »Wir sollten warten, bis genauere Ergebnisse vorliegen«, verlangte er. »Es ist sinnlos, sich ohne Notwendigkeit einer Gefahr auszusetzen.«
Bojan streifte sich den Schutzanzug über und verschloß mit einer Handbewegung die feinen Nähte. Vor seinem Gesicht schimmerte matt die Maske. Seine Hände, die aus dem gelben, schmiegsamen Stoff der Ärmel hervorsahen, waren mit einer, weichen elastischen Schutzschicht überzogen.
»Wir werden sehen«, murmelte er und deutete auf einen kleinen Handdiagnizer, den er am Unterarm trug, »ob die Bakterienschauer uns gefährlich werden können oder nicht.« Er blickte Akul nachdenklich an. »Ich zwinge dich nicht, Akul, sie zu begrüßen. Aber ich werde sie nicht warten lassen.«
Sie waren fertig zum Ausschleusen. Ein schneller Blick Bojans tastete die Ausrüstung der Freunde ab, dann hob er den Arm. Die Wand vor ihnen nahm eine dunkle Tönung an und verschwand. Sonne flutete herein, malte zitternde Lichtreflexe auf das Geländer der Gangway, die sich langsam auf die Uferböschung senkte. Er betrat mit festen Schritten den Laufsteg.
»Wir benützen den Antigravgürtel nicht!« Unwillkürlich flüsterte er und sah aus den Augenwinkeln, daß Tekla schnell die Hand vom Gürtel nahm. »Wir werden uns in den nächsten Wochen bewegen wie die Menschen, es sei denn, jemand ist verletzt, oder er weiß genau, daß er nicht beobachtet wird.«
Wenige Meter vor dem Ende des Steges blieb er stehen. Ihm bot sich ein ungewöhnliches Bild. Für menschliche Begriffe war das, war er sah, vielleicht schön, er aber empfand lediglich Erstaunen über die unpraktische Kleidung der am Ufer stehenden Frau.
Ihre Haut war dunkler als noch wenige Tage zuvor, wahrscheinlich hatte sie sich absichtlich den gefährlichen ultravioletten Strahlen der Sonne ausgesetzt, und ihre Kleidung, aus deren grellbunten Falten die nackten Beine hervorstachen, flatterte im Wind.
Aber Bojan überwand sich. Die Mornen erstarrten, als er sich nach Menschensitte leicht verneigte und auf sie zutrat, als er die Rechte ausstreckte. Und die blonde Frau, deren Augen hinter dunklen Gläsern versteckt waren, lächelte, trat einen Schritt vor und ergriff die Hand. Es war gut, daß der Translater Bojans schmerzliches Stöhnen gnädig unterschlug.
Die
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