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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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wenigen Wochen, in denen sie Rod kannte, und Karin merkte ihr an, daß es ihr guttat, all das, was sich in dieser Zeit in ihr angestaut hatte, aussprechen zu können.
    Sie erzählte, wie sie ihn kennengelernt hatte, wie erstaunt sie gewesen war, als sie feststellen mußte, daß das bekannte Großmaul ein ganz normaler, liebenswerter junger Mann war, den lediglich sein Ehrgeiz dazu trieb, die Eskapaden, die sein Manager für ihn ausheckte, mitzumachen.
    Er habe sich fest vorgenommen, dem Boxsport Valet zu sagen, zumindest dem Boxsport, den er zur Zeit betreibe, er habe gewettert und geflucht auf die Praktiken seines Managers Brewster, aber nach der Unterredung mit Sullivan habe man von allen guten Vorsätzen kaum noch etwas gespürt. Er habe wieder trainiert, sei dem Manager wieder hörig, und sein Name gehe wieder durch alle Skandalblätter.
    Karin hörte zum erstenmal in diesem Zusammenhang den Namen Lesters, und sie war erstaunt und unangenehm berührt, als Betty ihr erklärte, es sei Sullivan gewesen, der Rod davon überzeugt habe, daß er erst nach Erringung des Titels vom aktiven Sport zurücktreten könne.
    Zwar war es möglich, daß die Erregung Betty scharfe Worte in den Mund legte, daß sie den Einfluß Lesters übertrieb, aber mit Sicherheit war etwas Wahres daran, und Karin nahm sich vor, irgendwann mit Lester darüber zu sprechen. Wenn er so gehandelt hatte, wie Betty es darstellte, dann war das, was er getan hatte, zumindest skrupellos.
    Natürlich war die Art, in der Brewster Rods Flucht verhindert hatte, mit der Einflußnahme Lesters kaum zu vergleichen, Karin war geneigt, in Brewster einen kriminellen Typ zu sehen, aber immerhin hatte er sich mit diesem feisten Manager auf eine Stufe gestellt, hatte sich mit ihm arrangiert. Es war fast nicht zu begreifen.
    Noch weniger zu begreifen war allerdings, daß Brewster mit einer relativ geringen Geldstrafe davongekommen sein sollte, einer Geldstrafe, von der Betty erzählte, er habe sie lächelnd aus der Hosentasche bezahlt wie ein Trinkgeld.
    Das alles zu verarbeiten war nicht leicht für eine Frau wie Karin Bachfeld. Sie war in Verhältnissen aufgewachsen, die ganz anders aussahen. Von klein auf hatte das Elternhaus, die Schule und schließlich das Kollektiv alle Hände über den heranwachsenden jungen Menschen gebreitet, ihm geholfen, wo es nur möglich war. Fast ein wenig weltfremd war man dadurch geworden. Dies hier kannte man allenfalls aus Veröffentlichungen, hatte wohl auch manchmal den Kopf darüber geschüttelt, im Grunde jedoch angenommen, das alles werde von den Berichterstattern aufgebauscht, um zu zeigen, welche Geburtswehen mit der Entstehung der neuen Lebensverhältnisse verbunden seien. Und doch gab es das noch.
    Und dann berichtete Betty von sich selbst. Auch ihr Leben war ganz anders gewesen als das Karins. Sie sprach nicht voll Freude von ihrer Jugend, sondern voll Bitterkeit.
    Sie hatte immer bei ihren Eltern gelebt. Die neue Zeit hatte dafür gesorgt, daß sie eine gute Allgemeinbildung erhielt. Danach kam ihre Spezialausbildung zur Biologin, Fachgebiet Pflanzengenetik; nicht, weil sie sich dafür interessierte, sondern weil eben diese Schule am Ort war. Sie hatte Freude an ihrem Beruf gefunden, solange er Neuland für sie war. 
    Die langen Versuchsreihen, deren Ergebnisse sie nie kennengelernt hatte, weil sie zentral ermittelt wurden, hatten sie zermürbt. Vater hatte sie nicht gehen lassen, nicht nach Frisco, wo sich die Zentrale befand. Frisco war in seinen Augen ein Pflaster, das nicht taugte für ein junges Mädchen, das etwas auf sich hielt.
    Und Vater war zu Hause der Chef. Er verdiente das Geld, und wenn er abends müde und ausgebrannt aus dem Büro kam, hatte Ruhe zu herrschen und ein gutes Essen auf dem Tisch zu stehen.
    Kritik an seinem Lebensstil, an seiner Art sich zu geben und jede auch noch so kleine Diskussion unter Hinweis auf seine nervenzerrüttende Arbeit ließ er weder von seiten der Mutter noch der Tochter zu. Sein Motto war: »Jetzt dürfen wir leben wie die Weißen, jetzt wollen wir auch so leben.«
    Daß sein gepriesenes Leben nur aus Schuften, Essen und Schlafen bestand, vergaß er völlig. Niemand hatte ihm beigebracht, daß es noch andere Dinge im Leben gab, daß es den Menschen leicht gemacht wurde in der neuen Ordnung, sich kulturell zu bilden, Interessen nachzugehen, die dem Leben erst Inhalt gaben. Und Vater war stolz auf sich. Er hatte sich etwas geschaffen. Sie hatten alles, die Summers: zwei Autos,

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