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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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verweisen, daß dieses Fleisch nicht vom Kraken, sondern vom Kalmar stammte. 
    »Diese armen Tiere werden fast ausschließlich in Gegenden mit flachem Meeresboden gefangen«, erklärte er, »wo sie keinerlei Versteckmöglichkeiten haben. Die Fischer legen ihnen Kannen und Töpfe auf den Meeresboden, die sie auf eine Schnur gereiht haben, und nach einigen Tagen ziehen sie die Behälter heraus. In fast jeder der Kannen sitzt dann ein Krake.«
    »Also profitieren die Fischer von den Wohnungssorgen der Kraken?« Sie lachte, und auch Bracke schmunzelte.
    »Und dann töten sie die Tiere durch einen Biß in die Nackengegend; dort haben sie das Gehirn«, fügte er hinzu.
    »Pfui!« Karin konnte sich dieses Ausrufs nicht enthalten. Sie sah, daß Bracke immer noch belustigt schmunzelte, und hörte ihn sagen, was sie soeben selbst gedacht hatte.
    »Aber, aber. Kraken sind Schnecken. Und sie selbst.«
    ».haben eben lebende Schnecken gegessen, wollten Sie sagen?« Bracke nickte, aber Karin schwieg. Auch, daß ihre Kraken Kalmare waren, sagte sie nicht mehr. Sie begann den verschlossenen Bracke mit anderen Augen zu betrachten.
    Als sie das Restaurant verließen, kam ihnen Betty Summer entgegen. Sie entschuldigte sich, daß sie so lange geschlafen habe, und erklärte, jetzt sei sie furchtbar in Eile, denn sie wolle das Abschlußtraining Rodneys nicht versäumen.
    »Ich werde morgen ebenfalls dabeisein«, rief ihr Bracke nach, und Betty lächelte ihm strahlend zu.
    Karin schüttelte den Kopf. Es war schon etwas Eigenartiges um die Menschen. Gestern noch hätte Betty am liebsten aufgegeben, und heute war sie glücklich, ihren Rod beim Abschlußtraining sehen zu können. Aber noch etwas war ihr aufgefallen. Bracke hatte gesagt, daß er ebenfalls dabeisein werde. Sollte Bracke die Absicht haben, auch zu diesem Boxkampf zu gehen, war er etwa auch ein Anhänger dieses Sportes?
    »Morgen haben wir bereits unsere Gruppe übernommen, Herr Bracke.« Sie sagte absichtlich »Herr Bracke«, obwohl sie sich etwas anderes vorgenommen hatte, aber sie war der Meinung, daß er diesen Abstand jetzt verdiente. »Sie werden den Boxkampf kaum sehen können.« 
    Bracke lächelte schon wieder. »Dieser Kampf ist ein derart seltenes Erlebnis, Karin, daß ich ihn mir mit Sicherheit nicht entgehen lasse. Und wenn die Mornen der Meinung sind, daß sie uns beide ständig um sich haben müssen, dann sollen sie doch einfach mitkommen.«
    Karin spürte Entrüstung. Bis vor wenigen Minuten hatte sie geglaubt, Bracke sei ein Mann, der sich einen gewissen Lebensstil auch unter den harten Bedingungen außerirdischer Arbeit bewahrt hatte, und nun reagierte er wie ein Schuljunge. Sie öffnete den Mund, um ihm ihre Meinung in geharnischter Form zu sagen, aber er unterbrach sie mit einer Handbewegung.
    »Sagen Sie's nicht«, bat er sie, als wisse er genau, was sie auf den Lippen hatte. »Das Boxen ist ein zwar harter, aber schöner Sport. Beachten Sie das nicht, was die Presse daraus macht, beachten Sie die beiden Männer, die sich im Ring gegenüberstehen, und Sie werden Ihre Meinung ändern. Ich schlage Ihnen vor, morgen mit mir zum Kampf zu kommen. Haben Sie überhaupt schon einen Boxkampf gesehen?«
    Sie hatte noch keinen gesehen. Und seine lange Rede hatte ihr den Wind aus den Segeln genommen. Zu allem Überfluß schien er auch noch Menschenkenntnis zu besitzen. Er hatte so lange geredet, bis sie kaum noch Lust hatte, etwas zu erwidern. Sie zuckte die Schultern. »Ich glaube kaum, daß ich diesen Schlägereien etwas abgewinnen kann«, sagte sie leise.
    Auf ihrem Zimmer warf sie sich aufs Bett. Sie hatte Angst, daß sie den Mornen fast allein gegenüberstehen würde, daß sie auf Wolfram Bracke kaum würde zählen können. Jetzt erschien er ihr oberflächlich, was überhaupt nicht zu seinem verschlossenen Wesen passen wollte, aber sie erinnerte sich, daß sie schon oft durch den ersten Eindruck eines Menschen getäuscht worden war. Vielleicht täuschte sie sich jetzt wieder.
    Es würde schwer werden mit den Mornen. Sie würde sich erst wieder an sie gewöhnen müssen. Es war wohl nicht so sehr die eigenartige Erscheinung dieser Wesen, die wie Menschen aussahen und doch so anders waren, auch nicht die Tatsache, daß sie für menschliche Begriffe über allen Dingen zu stehen schienen, sondern vielmehr die Art, wie sie sprachen, wie sie ihre Gedanken mitteilten. 
    Gedankenaustausch untereinander auf direktem Wege, wie anders mußten da ihre Gedanken sein als die der

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