Am Rande wohnen die Wilden
das gleiche wie bei dir.«
Na bitte! wollte er sagen, also doch Gemeinsamkeiten, aber sie wehrte ab. »Nein, nein! So einfach ist das nicht. Ich hatte nicht wie du etwas Besseres in Aussicht. Ich hatte es einfach satt, immer wieder die gleichen Versuchsreihen durchzugehen, jahrelang immer die gleichen Pflanzen, und darauf zu warten, daß eine oder mehrere besser sind als die, aus denen sie hervorgegangen sind. Mir kam diese Arbeit stumpfsinnig vor.«
Rod wußte keine Antwort. Sollte er ihr sagen, daß schließlich jede Arbeit getan werden müsse, ausgerechnet er?
»Schließlich hatte ich drei Jahre Studium hinter mir«, fuhr sie fort. »Ich hatte bestimmte Vorstellungen von meiner Arbeit. Aber vielleicht waren es auch nur Träume. Meine Eltern waren dagegen, daß ich nach Frisco ging, die Großstadt war ihnen ein Greuel.«
»Aber sie mußten doch nicht mit nach Frisco«, sagte Rod. Sie lachte auf und tippte sich an die Stirn.
»Du begreifst nicht! Meine Eltern und die Großstadt. Eine absurde Vorstellung. Nein, mein Lieber! Auch mich wollten sie nicht gehen lassen!«
»Aber warum denn nicht?«
»Sie hatten Angst! Begreifst du denn nicht? Sie hatten Angst, ich könnte an einen geraten, der ausspannen will, an einen wie dich!«
Rod blies die Backen auf. »Mich laß aus dem Spiel. Deine Eltern hatten, wie ich feststelle, ganz ausgezeichnete Erfolge mit ihrer Erziehung. Ihre behütete Tochter hält auf der Straße fremde Männer mit Auto an.«
Er fühlte plötzlich, wie sie wieder in Zorn geriet, aber dann wandte sie sich ab und zuckte die Schultern. »Jetzt sage ich dir zum drittenmal, daß ich dich für einen Feigling halte. Wäre dem nicht so, ich hätte dich nie gebeten, mich mitzunehmen.«
Das war zweifellos stark. Es war so stark, daß Rod sie entsetzt anblickte. Da sah er, daß sie lachte, und plötzlich war er froh, sich an ihrem Lachen beteiligen zu können, auch wenn es auf seine Kosten ging. Sie war ihm sympathisch, sehr sogar. Ein Mädchen, das aus einem Kreis, der ihr nicht mehr behagt, ausbricht, um sich ein neues Leben aufzubauen, mußte ihm in seiner Situation einfach gefallen. Solche Menschen waren im heutigen Amerika mit seinen geordneten Lebensbereichen selten geworden. Und daß sie ihren richtigen Platz noch nicht wieder gefunden hätte, störte ihn nicht, denn schließlich ging es ihm nicht anders.
Wenn es an ihm liegen würde, dann würden sie beide sehr bald ihren festen Platz in der Gesellschaft finden, und möglichst in unmittelbarer Nähe zueinander.
Vor einem großen Hotel mit schneeweißer Fassade ließ er den Wagen ausrollen. Wie ein mächtiges Froschmaul schob sich die Empfangshalle auf den Parkplatz. Sie stiegen aus, und Rod gab dem Parkwächter die Wagenschlüssel, damit er den Ford in die Tiefgarage fahren konnte. Die verwunderten Blicke, mit denen der junge Mann in der gut geschnittenen Livree dem jungen dunklen Mädchen in der abgetragenen und außergewöhnlichen Kleidung nachsah, beachtete er nicht, aber er konstatierte mit Genugtuung, daß Betty die abgewirtschaftete formlose Ledertasche, die sie schon aus dem Auto genommen hatte, wieder auf den Rücksitz warf, bevor sie ihm nacheilte.
Die große helle Vorhalle, die sie betraten, war kühl, und es roch nach allen möglichen Duftstoffen, die über die Klimaanlage in den Raum geblasen wurden.
Er trat an den breit geschwungenen Tisch der Rezeption, ohne sich um die konsternierten Blicke der jungen Hostessen zu kümmern, die seine Begleiterin mit gerunzelter Stirn musterten.
»Zwei Einzelzimmer im dritten Stock!« verlangte er, und die junge Dame hinter dem Tisch hielt wortlos die Hand auf, um die beiden Pässe der Gäste, die ihr wohl nicht ganz geheuer schienen, in Empfang zu nehmen.
Rod blickte Betty fragend an, aber sie zog wortlos das Dokument aus der Brusttasche ihrer Lederjacke und reichte es der Hostesse, die damit offensichtlich zufriedengestellt war, denn Rods Ausweis würdigte sie keines Blickes mehr.
Wortlos schob sie Betty die Hotelkarte und einen mit einer gewaltigen Kugel verzierten Schlüssel zu.
Es dauerte einige Sekunden, bis Rod ebenfalls Schlüssel und Karte in Empfang nehmen konnte. Die Hostesse schien warten zu wollen, bis sich Betty auf dem Weg zum Fahrstuhl außer Hörweite befand.
»Sie können mit der jungen Dame nicht in dieser Kleidung.,«, sagte sie, aber Rod winkte ab.
»Schicken Sie ihr einige Kleider zur Auswahl auf das Zimmer und setzen Sie sie mir mit auf die Rechnung.« Plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher