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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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sitzende, speckige Lederjacke ahnen ließ, dann mußte Betty eine erfreulich gut gewachsene junge Frau sein.

    Nachdem sie das umfangreiche Tuch endlich bis zum letzten Zipfel verstaut hatte, bemerkte sie seinen Blick.
    »Halt an!« sagte sie. »Es ist besser, wenn ich von hier aus laufe!« Rod schüttelte den Kopf. Den Fuß ließ er fest auf dem Gaspedal. »Bleib sitzen!« bat er, ohne zu bemerken, daß auch er zum Du übergegangen war. »Es gibt etwas, das uns beide verbindet.« 
    Sie sah ihn fragend an, und er mußte einen Augenblick überlegen, um die richtige Formulierung zu finden. Ihre Augen waren wach und kritisch, durch die letzten Tränen schimmerte schon wieder der Spott.
    »Sieh mal«, begann er vorsichtig, »ich hatte einen sicheren Job in einem kleinen Ort an der texanischen Grenze, ganz in der Nähe meines Heimatdorfes. Ich habe eine gute Schule besucht und etwas gelernt, eben ein sauberes, gutes Leben. Und ich habe es aufgegeben, weil ich etwas erleben wollte. Genau wie du.«
    Sie warf die Lippen auf. »Und was hast du erlebt? Hast du etwas anderes gegen deinen sicheren Job eingetauscht als Beulen und blaue Flecke?«
    »Na eben! Nichts anderes wollte ich dir klarmachen. Dir wollten deine Eltern ihren eigenen Lebensstil aufzwingen, und ich mußte meinem Trainer oder Manager gehorchen, ob ich wollte oder nicht.«
    »Du Armer!« Sie konnte tatsächlich schon wieder spotten. »Weshalb sagst du, daß du ihm gehorchen mußtest? Du wirst ihm weiter gehorchen müssen. Oder habt ihr euch getrennt?«
    »So kann man es auch nennen!«
    »Begreife ich nicht! Ich denke, diese Schmarotzer sind die Seele vom Geschäft.«
    Rod lachte. »Das stimmt haargenau. Aber ich bin ausgekniffen. Einfach ins Auto gesetzt, Gas gegeben und weg.« Jetzt freute er sich diebisch, wenn er an Brewsters Gesicht dachte. Bestimmt war J. F. ziemlich ratlos.
    »Er wird einen anderen finden«, sagte sie. »Solche Leute haben nicht nur ein Eisen im Feuer.«
    Ein wenig verdroß ihn, daß sie annahm, Brewster würde schnell Ersatz für seinen besten Mann finden. Einige Minuten schwiegen sie beide.
    »Und was willst du jetzt anfangen?« fragte sie schließlich und betonte das Du, als wolle sie ihm seine Frage zurückgeben. »Jetzt, nachdem du dir die Freiheit ertrotzt hast.« 
    Er spürte den Spott, aber er ging nicht darauf ein. »Ich werde ausspannen, nicht trainieren, Urlaub machen, tun, was mir gefällt«, antwortete er.
    »Du hast doch wenigstens eine Perspektive«, stellte sie sarkastisch fest und angelte nach dem Türdrücker.
    Rod trat auf das Gaspedal. Der Wagen zog sanft an. Er faßte nach ihrem Arm und schaute sie einen Moment lang an, eben so lange, wie er es sich bei den fast leeren Straßen leisten konnte.
    »Bleib bitte!« sagte er zum zweitenmal. »Vielleicht sollten wir zusammenbleiben.«
    Mit einem energischen Ruck riß sie sich los. »Ihr seid alle gleich! Glaubt nur befehlen zu müssen und meint, alles andere ergäbe sich dann schon von selbst. Aber bei mir nicht, Großmaul! Ich suche mir schon die Menschen, mit denen ich rede, genau aus. Bei denen, an die ich mich anschließe, bin ich noch viel vorsichtiger. Also, schlag dir das aus dem Kopf!«
    Wieder griff sie zum Türöffner, aber diesmal hielt Rod sie nicht zurück. Sie konnte nicht aussteigen, der Wagen war viel zu schnell. Wohl oder übel mußte sie bei ihm bleiben. Er sah, daß sie wieder in sich zusammenkroch.
    Es dauerte lange, ehe er sie erneut ansprach, da er befürchtete, sich eine weitere Abfuhr zu holen. Es schien Dinge zu geben, über die man mit ihr nicht sprechen konnte.
    »Du weißt selbst, daß du dein derzeitiges Leben satt hast«, sagte er leise. »Du würdest viel lieber wieder in einigermaßen geordneten Verhältnissen leben, du willst es nur nicht zugeben.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Und welche Verhältnisse meinst du?« fragte sie. »Drei Tage oder eine Woche oder einen Monat mit dir. Zum Ausspannen!«
    Er schüttelte den Kopf, aber mehr als »Quatsch!« brachte er nicht heraus.
    Lange fiel kein Wort mehr. Erst, als der Verkehr in der Stadt dichter wurde und Rod Mühe hatte, den Wagen durch die engen Straßen der City hindurchzusteuern, begann sie plötzlich zu sprechen, leise, wie zu sich selbst.
    »Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber auch ich habe einen ordentlichen Beruf. Ich bin Biologin.«
    »Und warum hast du ihn aufgegeben?«
    Sie antwortete mit einer unbestimmbaren Geste mit beiden Händen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht war es

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