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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Ratsmitglieder. »Ihr alle kennt meine Ansichten., es ist unwesentlich, ob diese Bakterien uns schaden oder nützen könnten, es kommt darauf an, ob wir das eine zulassen oder das andere erreichen. Gefahren auszuschalten sollte uns nicht schwerfallen; ob uns diese Bakterien jemals nützlich sein werden, wage ich beim derzeitigen Stand unserer Forschungen noch nicht zu sagen.« Er hob beschwörend die Hände. »Gerade um uns die Gelegenheit zu weiterer Erforschung dieses Bakteriums zu geben, sitzen wir schließlich hier beisammen und beraten«, fügte er leiser hinzu.
    Faunian begann sich über die Starrköpfigkeit des Biologen zu ärgern, obwohl er anerkennen mußte, daß Perkon, selbst wenn er bedrängt wurde, keinerlei Ausflüchte suchte, sondern sogar zugab, daß er noch keine klaren Vorstellungen über den Nutzen der von ihm geleisteten Forschungsarbeit habe. Es dauerte einige Augenblicke, ehe er sich entschlossen hatte, nicht nachzugeben. »Ich fordere eine Gesamtabstimmung!« rief er in den Saal.
    Perkon protestierte nur schwach. »Man stelle sich vor«, sagte er dann versöhnlich, »eine Gesamtabstimmung wegen eines Bakteriums. Dabei ist die Zeit, als wir diese Tiere mit jedem Atemzug einsogen, mit jedem Handgriff zu Tausenden berührten, noch gar nicht so lange her. In jedem Kubikzentimeter natürlichen Bodens lebten Unmengen dieser nach eurer Meinung so gefährlichen Bestien.«
    Fast war Faunian geneigt, den Biologen mit seiner so unklugen Argumentation zu bedauern. Es konnte nicht ausbleiben, daß die Mornen, denen er mit wenigen Worten ein Bild des Schreckens gemalt hatte, sich gegen ihn entschieden.
    Sämtliche Bewohner von Morn wurden über die Tentakel mit den Forschungsergebnissen Perkons und seinem Antrag in groben Zügen vertraut gemacht und nach ihrer Meinung zu dem Problem befragt. In wenigen Augenblicken hatten die Subrechner die Umfrage beendet und die jeweiligen Ergebnisse dem Zentralrechner mitgeteilt. Die Entscheidung war für Perkon niederschmetternd: Fast neunzig von hundert Mornen forderten die unverzügliche Vernichtung der Bakterienkultur.
    Perkon setzte sich seufzend. Faunian hatte den Eindruck, daß der alte Mann wohl mit einer Abstimmungsniederlage gerechnet hatte, in dieser Eindeutigkeit allerdings sicher nicht.
    Schließlich stand der alte Biologe nochmals auf und dankte dem Rat für die Behandlung seines Vorschlages. Dann schaltete er den Antigravgürtel ein und verließ den Saal, gehen konnte er wohl nicht mehr nach dieser Enttäuschung. Und erst jetzt tat er Faunian aufrichtig leid. Er hatte das Pech, auf einem Arbeitsgebiet tätig zu sein, dessen Grenzen sich in den letzten Jahrhunderten so verengt hatten, daß jetzt nur noch Rudimente davon existierten. Wer wollte es ihm verübeln, daß er sich an jede neue Erkenntnis klammerte, mit ihr zu experimentieren suchte, um zu beweisen, daß es sich um ein wichtiges, ja notwendiges Forschungsgebiet handelte. Vielleicht wollte er es auch nur sich selbst beweisen, mochte nicht zugeben, daß Biologen bald überflüssig sein würden auf Morn. Und für Fernflüge war Perkon schon viel zu alt.
     
    An diesem Abend verabschiedete sich Faunian nicht von Cosita. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen war. Sie schalteten das Antigravlager ein und streckten sich aus. Er versuchte sich den Anschein zu geben, als entspanne er sich völlig, als fühle er sich wohl und geborgen, aber er wußte, daß er Cosita nicht täuschen konnte. Vorsichtig lauschte er ihren Gedanken. Sie gab sich keine Mühe, sie zu verbergen, und er stellte fest, daß sie noch immer um den heutigen Beschluß des Rates kreisten. Cosita hatte gegen seinen, Faunians, Antrag gestimmt.
    Lange Zeit schwiegen sie, dann blickte sie ihn aufmerksam an. Ich sehe nicht ein, sagten ihre Gedanken, weshalb das neu entdeckte Bakterium vernichtet werden mußte. Es ist Leben, und zwar Leben, das uns keinen Schaden zufügen kann, wenn wir es nicht wollen. War die Abstimmung nötig, Faunian? War sie nötig, weil du gegen die Existenz dieser Bakterien bist oder weil du lediglich eine Bestätigung der Achtung brauchtest, die dir die Mornen entgegenbringen? Bist du ihr nicht mehr so sicher wie vor zwei Jahren, als du die zweite Sonne schufst? 
    Faunian fuhr auf. Er liebte zwar Cositas unkomplizierte Art, auch schwierigen Fragen nicht aus dem Wege zu gehen, aber manchmal war sie in der Lage, den Finger auf Stellen zu legen, die man besser nicht

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