Am Samstag aß der Rabbi nichts
an die parlamentarischen Regeln.
«Du hast schon Recht, Al, aber angenommen, mein Antrag wird
nicht unterstützt – dann hab ich auch keine Chance, mich zu äußern.»
«In dem Fall ist deine Erklärung auch nicht mehr nötig.»
«Wenn ich nun zum Beispiel als Präsident der
Friedhofskommission abdanken will und du fragst mich nach dem Grund, dann
antworte ich, dass ich ihn in der Erklärung, die ich nicht abgeben durfte,
mitgeteilt hätte.»
«Hört mal zu, Leute. Es ist doch sinnlos, sich über so was aufzuhalten»,
lenkte Schwarz ein. «Du hast vollkommen Recht, Al, was das korrekte Verfahren
betrifft; aber anscheinend hat Marve etwas auf dem Herzen. Ich denke, wir
sollten ihn anhören. Ich kann ihn ja immer noch zur Ordnung rufen, wenn er
nicht zur Sache spricht.»
«Ich will ihn ja nicht am Reden hindern», entgegnete Becker.
«Ich sage nur, dass wir uns an die Regeln halten müssen. Aber wenn ihr’s so
haben wollt, bitte schön.»
«Also, schieß los, Marvin.»
«Nun ja, die Sache ist die. Ich hab’s endgültig satt,
unverkäufliche Ware anzubieten … Ich bin Kaufmann, das wisst ihr, und ein
Kaufmann muss von seiner Ware überzeugt sein. Aber diese Grabstellen, die ich
verkaufen soll … Allmählich verliere ich die Lust. Wir müssen den Problemen endlich
mal realistisch … eh, ins Auge blicken. Und ich bin der Meinung, dass jetzt die
Zeit dafür gekommen ist.»
«Worauf willst du hinaus, Marve?»
«Augenblick noch … Also, welches sind die Probleme? Erstens
einmal sind die meisten Gemeindemitglieder jung. Sie haben noch nie daran
gedacht, dass sie eines Tages einen Platz da draußen brauchen werden. Und seien
wir ehrlich – hundertfünfzig Dollar sind ein Haufen Geld für einen
Friedhofsplatz, wenn jemand, sagen wir mal, Mitte dreißig ist … Und dann, viele
Gemeindemitglieder arbeiten hier in der Industrie und können jederzeit in eine
andere Stadt versetzt werden – sollen sie hierher zurückkommen, um sich
begraben zu lassen? Ich hab mir da so meine Gedanken gemacht; ich finde, dass
wir die Friedhofsplätze auf Raten verkaufen sollten; zehn Dollar im Jahr,
zahlbar zusammen mit dem Beitrag. Außerdem bin ich für eine Klausel im Vertrag,
wonach die Grabstelle jederzeit ohne Verlust wieder an uns abgegeben werden
kann; wenn also jemand fortzieht, kann er sein Geld sofort zurückbekommen. Ich
spiele sogar mit dem Gedanken, die Friedhofsplätze nach dem Prinzip der
Lebensversicherung zu behandeln. Wer stirbt, bevor er voll bezahlt hat, dessen
Angehörige brauchen den Rest nicht mehr zu bezahlen.»
«Ist das dein Antrag, Marve?»
«Nein, das ist er nicht. Ich erwähne das lediglich, um zu zeigen,
dass sich das Friedhofskomitee ernsthaft um die Dinge kümmert. Aber es gibt da
noch ein Argument, das ich häufig zu hören bekomme …» Er blickte in die Runde,
um sich zu vergewissern, dass alle gut zuhörten. «Die Leute sagen: ‹Kommen Sie
wieder, wenn Sie einen richtigen Friedhof haben und nicht ein ödes Feld.›
Leider haben sie Recht: Unser Friedhof ist ein Feld mit einem defekten
Drahtzaun, ohne gärtnerische Anlagen und vor allem ohne ordentlichen Zugang zu
den hinteren Gräbern. Und das ist momentan unsere größte Sorge.»
«Das alles ist ja geplant, aber es war vorgesehen, die
Erschließung aus den Einkünften zu finanzieren.»
«Wenn man eine Kuh melken will, muss man sie vorher füttern.»
«Ihr habt doch ein Budget von zweitausend Dollar!»
«Na und? Das reicht gerade, um das Gras schneiden zu lassen
und einen Aushilfswärter zu bezahlen.»
«Wie viel brauchst du denn? Fünfundzwanzigtausend? Für eine
Parkanlage, damit du ein paar Plätze zu hundertfünfzig Dollar loswirst?»
«Ich glaube, ihr tut Marve unrecht», warf Schwarz ein.
«Ich will euch sagen, was ich brauche: Genug Geld, um einen
anständigen Weg anzulegen. Dann kann ich überall auf dem Friedhof Plätze
verkaufen, und nicht nur am Rand neben dem zerbrochenen Zaun. Ich denke an
einen kreisförmigen Weg, der Zugang zu allen Teilen des Friedhofs verschafft. Für
den Anfang langt eine Erhöhung des Friedhofsbudgets auf fünftausend Dollar – das
reicht, um die Straße erst mal zu trassieren – da bleibt sogar noch was übrig;
dann können wir Offerten für das Pflaster einholen. Wenn dann das erhöhte Budget
nicht ausreichen sollte, müsste der Vorstand die Differenz begleichen … Das ist
mein Antrag.»
Der Sekretär blickte von seinen hastig hingekritzelten
Notizen auf. «Ein Antrag ist gestellt worden –
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