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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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haben; den
letzten ein paar Tage vor seinem Tod.»
    «Warum hat Quint ihn nicht einfach gefeuert?»
    «Hab ich ihn auch gefragt. Er hat es vorgehabt; die letzte Panne
scheint ein ziemlich dicker Hund gewesen zu sein. Quint war die Geduld gerissen
… Das wäre ein weiteres Argument für Selbstmord gewesen, wenn ich es gewusst
hätte.»
    «Hm … Es wundert mich, dass Quint ihn nicht schon früher
hinausgeschmissen hat. So wie Sie ihn schildern, scheint er mir nicht ein Typ
zu sein, der lange Federlesens macht. Vor allem nicht mit einem Angestellten,
der so tief unten sitzt wie Hirsh.»
    «Hirsh hatte das Sykes zu verdanken. Quint sagt, Sykes habe
sich jedes Mal für ihn eingesetzt. Auch bei einer Gelegenheit übrigens, als
sich Hirsh im Labor betrank. Sie arbeiteten damals an einer Methode, um Whisky
schneller ausreifen zu lassen, indem sie elektrischen Strom durch die Flüssigkeit
leiteten oder so ähnlich. Einer der Chemiker reichte das Zeug zum Kosten herum;
Hirsh gehörte zu diesen Versuchskaninchen und konnte nicht mehr bremsen … Dem
Chemiker wurde übrigens gekündigt.»
    «Warum?»
    «Das ist typisch für diesen Laden. Man sollte glauben, dass
die Leute zusammenarbeiten und die Probleme miteinander besprechen … Aber keine
Spur. Sie arbeiten nämlich vor allem für die großen Industrien, und wenn da
irgendwas durchsickert, kann es den Aktienkurs der betreffenden Kunden
beeinflussen. Offenbar haben einige wissenschaftliche Mitarbeiter aufgrund
solcher Geheimtipps spekuliert; daraufhin wurde angeordnet, dass sich jeder
stur mit seiner Aufgabe zu befassen hätte, ohne nach links oder nach rechts zu
schielen. Höchstens die Abteilungsleiter wissen, was im Nebenzimmer vorgeht.»
    «Interessant … Aber viel haben Sie offensichtlich nicht aus
Quint herausbekommen. Haben Sie mit anderen Angestellten gesprochen?»
    «Ja, aber ohne viel Erfolg. Wie gesagt, jeder arbeitet für sich.
Und Hirsh war ohnehin ein Eigenbrötler.»
    «Das hilft uns nicht weiter.»
    «Nein.» Lanigan schaute den Rabbi erwartungsvoll an. «Was
meinen Sie dazu? Haben Sie irgendeine Idee?»
    D er Rabbi schüttelte bedächtig den Kopf.
    «Nun,
manchmal hilft’s, einfach darüber zu sprechen.»
    Man merkte
Lanigan jedoch die Enttäuschung an. Er sah dem Rabbi prüfend in die Augen.
«Wussten Sie übrigens, dass Ben Goralsky ihn gekannt
hat? Hirsh, meine ich.»
    «Nein. Aber ich sah ihn bei der Beerdigung.»
    «Goralsky hat Hirsh die Stelle bei Goddard verschafft.»

26
     
    Ein Dienstmädchen mit Häubchen und Schürze öffnete die Tür.
Sie führte ihn in die Bibliothek. Mr. Goralsky käme gleich, meldete sie.
    Ben Goralsky erschien im nächsten Augenblick und bot dem
Rabbi einen Sessel an. «Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Rabbi. Sie
machen meinem Vater eine große Freude mit Ihrem Besuch.»
    «Ich wäre eher gekommen, aber ich war selbst ein paar Tage
krank.»
    «Ja, ich weiß.» Er zögerte. «Wie ich höre … Eh … Ich habe Ihnen
da offenbar was eingebrockt mit dieser Hirsh-Geschichte.»
    «Ja, es gab tatsächlich Schwierigkeiten», gab der Rabbi zu.
    «Das tut mir wirklich Leid.»
    Der Rabbi wurde neugierig. «Ihrem Vater liegt sehr viel an der
Sache, nicht wahr?»
    «Ich hab nur ein einziges Mal mit ihm darüber gesprochen.
Dieser Beam sagte doch, es war vermutlich Selbstmord; das hab ich meinem Vater
erzählt, und er hat sich fürchterlich aufgeregt … Es ging ihm sehr schlecht an
diesem Tag; er muss wohl gedacht haben, das Ende kommt. Er hat getobt; es
verstößt gegen das Gesetz, hat er geschimpft, und der Friedhof wird nicht nach
der orthodoxen Regel geführt …»
    «Hm, hm.»
    «Er behauptet, Hirsh hätte ohne jede Zeremonie am Rand begraben
werden müssen. Er war ganz außer sich, dass Hirsh normal beerdigt wurde.»
    Der Rabbi wollte sich erheben, aber Ben Goralsky winkte ihm
ab. «Mein Vater schläft noch. Das Mädchen sagt Bescheid, sobald er wach ist.
Haben Sie’s eilig?»
    «Nein. Ich wollte ohnehin hauptsächlich zu Ihnen … Sie
kannten Isaac Hirsh, nicht wahr?»
    «Ja – warum? Ich kannte die ganze Familie. Früher, in Chelsea,
da waren wir Nachbarn. Ich kannte seine Eltern, und ich kannte ihn.»
    «Und deshalb haben Sie ihn für die Stelle bei Goddard empfohlen?»
    Goralskys massiges Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen.
Er schüttelte langsam den Kopf. «Ich hab ihn empfohlen und alle Hebel in
Bewegung gesetzt, damit er den Posten bekam – wir sind gute Kunden von Goddard,
und Quint – das ist der

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