Am Samstag aß der Rabbi nichts
tolle Partie war.»
«Als sie ihn heiratete, wusste sie, dass er Alkoholiker
war. Glaubt Beam, dass er ihr unsympathischer wurde, nachdem er einigermaßen
geheilt war?»
«Ich wiederhole nur seine Argumentation … Ja, und noch was:
Beam meint, die ganze Sache mit dem jüdischen Begräbnis war nur ein großes
Theater, um zu demonstrieren, wie ergeben sie ihm war und was weiß ich;
normalerweise hätte sie sich bestimmt nicht so viel Mühe gegeben, weil er sich
bei Lebzeiten nie viel draus machte.»
«Ich hätte unseren Freund Beam einer derartig subtilen Psychologie
gar nicht für fähig gehalten», murmelte der Rabbi.
«Na ja, er hat in den Dingen Erfahrung», rechtfertigte
Lanigan. «Ich kann schon begreifen, dass es ihm verdächtig vorkommt. Und vor
allem ist da ja auch noch die Sache mit dem Telefon – dass sie sich nicht
meldete, als Mrs. Marcus anrief.»
«Das war nach zehn. Laut dem Autopsiebericht war Hirsh bereits
vor neun Uhr tot.»
«Und laut Beam beweist es, dass sie nicht im Haus war. Sie konnte
ja auch schon früher mal weggegangen sein … Nehmen wir an, sie sieht zufällig,
wie er in die Garage fährt – das Haus der Marcus liegt ja genau gegenüber.
Also, er fährt rein, aber er kommt nicht wieder raus. Sie läuft hinüber; vielleicht
versucht sie, ihn wachzurütteln. Vielleicht ist sie auch plötzlich angewidert
und sagt sich, von mir aus, bleib, wo du bist, altes Ekel … Und kurz nach zehn,
gerade bevor Mrs. Marcus anruft, geht sie noch mal rüber und sieht nach: Läuft
der Motor noch? Lebt er noch? Sie findet ihn tot. Sie geht zurück, und in dem
Moment schellt das Telefon – der zweite Anruf. Dann erst überlegt sie sich, was
sie tun muss. Sie wartet auf die Marcus, dann geht sie nach Hause, tut so, als
sähe sie nicht, dass die Garagentür zu ist, und ruft die Polizei an, um sie die
Leiche entdecken zu lassen.»
«Sie zitieren immer noch Beam. Was halten Sie davon?»
«Tja … Ich würde sagen, ich trau’s ihr nicht zu. Der Hirsh,
meine ich. Es passt nicht zu ihr. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass man schwer
danebenhauen kann. Und außerdem, es ist der einzige logische Anknüpfungspunkt,
den wir haben. Wir kennen außer ihr niemand, der von seinem Tod profitieren
könnte.»
«Ich verstehe …»
«Wir lassen die Sache einstweilen schmoren; wir sagen gar nichts.
Wenigstens bis wir Mrs. Hirsh gründlich auf die Finger geschaut haben.»
«Und wenn nichts dabei herauskommt? Haben Sie sonst noch
jemand in Verdacht?»
«Wir nehmen alle Personen unter die Lupe, mit denen Hirsh
zu tun hatte. Mehr können wir nicht tun. Gestern hab ich den großen Boss bei
Goddard besucht.»
«Mr. Goddard?»
«Nein. Lemuel Goddard ist schon seit ein paar Jahren tot. Der
Aufsichtsrat hat damals beschlossen, in Zukunft keinen Wissenschaftler mehr an
die Spitze der Firma zu berufen, sondern einen geschickten Administrator an die
Spitze der Organisation zu setzen, und da sind sie dann auf einen ehemaligen
General verfallen – Amos Quint heißt er. Schreibtischstratege. In Washington nannten
sie ihn ‹Eisenarsch-Quint› …» Er warf Miriam einen Blick zu. «Entschuldigen Sie,
Mrs. Small, das ist mir so rausgerutscht.»
Miriam lächelte. «Ich muss das Wort schon mal gehört
haben.»
«Ein ziemlicher Armleuchter, wenn Sie mich fragen», fuhr Lanigan
fort. «Die Sekretärin, die mich zu ihm führte, hat beinahe die Hacken
zusammengeschlagen …» Er musste lachen. «Ich hab ihn gefragt, ob er Hirsh gut
gekannt hat … Wissen Sie, was er sagte? ‹Ich mache es mir zum Prinzip, meine
Leute nicht gut zu kennen.› Was sagen Sie dazu?»
«War es Cäsar oder Napoleon – einer von beiden hat seine Soldaten
mit dem Vornamen angeredet.»
«Das ist heute vermutlich gegen das Reglement. Quint sagte
wörtlich: ‹ Wenn man eine dynamische
Organisation leitet und nicht in einem Haufen Kleinkram ersticken will, muss
man delegieren können. Ich sehe die Leute, wenn ich sie einstelle und wenn ich
sie rausschmeiße. Das genügt vollauf.› Wenn also Hirsh dem alten Eisen… eh,
wenn er Quint etwas mitteilen wollte, konnte er ihn nur über seinen
Vorgesetzten erreichen – über Dr. Sykes.»
«Ach so: Die feinen Leute reden nur mit den ganz feinen Leuten,
und die ganz feinen Leute reden nur mit dem lieben Gott …»
«Ja, so ungefähr. Aber Quint hat natürlich die
Personalakten und weiß ziemlich genau Bescheid. Na, und in letzter Zeit stand
Hirsh nicht sehr hoch im Kurs. Er soll schwerwiegende Fehler gemacht
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