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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoecker
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große Neuseeland-Tournee, um weitere Unterschriften zu sammeln. Immerhin wussten die Engländer nicht, ob ihre bisherigen Verhandlungspartner für das komplette neuseeländische Territorium eine Vollmacht hatten. Da vernünftige Kopiergeräte noch nicht erfunden waren, mussten die Papiere natürlich von Hand vervielfältigt werden. Dabei konnte es schon mal passieren, dass einzelne Paragraphen nicht mehr so ganz dem Original entsprachen.
    Wegen des Kopier-Monopols auf der einen Seite und der daraus resultierenden Machtposition: 3:1 für die Briten.
    Hobson ging relativ großzügig mit den Machtbereichen der Stammesfürsten um. Gerne sprach er einem Chef die Zuständigkeit für eine ganze Region zu. Das ehrte diesen und ersparte gleichzeitig das Kontaktieren weiterer Vertragsbefürworter, bedeutete aber auch, dass viele Stämme noch nicht einmal von dem Vertrag gehört hatten, nach dessen Richtlinien sie nun handeln sollten.
    Abseits! Aber die Gegner haben es nicht bemerkt: 4:1.
    Gleichzeitig wurden die Kopien von geheimen Gesandten der Krone zur Ansicht verteilt. Sie hatten sich als fliegende Händler getarnt und machten den Stämmen großzügige Geschenke, wenn diese versicherten, dass sie den Vertrag später unterzeichnen würden.
    Korruption ist äußerst effektiv und zählt mehrfach: 7:1.
    Heutige Forschungen haben zudem ergeben, dass wesentlich weniger Häuptlinge den Vertrag gesehen haben konnten, als von den Gesandten behauptet wurde.
    Urkundenfälschung = dreistes Foul – der nicht vorhandene Schiedsrichter hat’s wieder nicht gesehen: 8:1.
    Einigen Siedlern war der Schmusekurs gegenüber den Maori jedoch sowieso suspekt, und sie riefen kurzerhand einen eigenen Staat aus. Eigentlich hatten sie keine Chance, ihr Anliegen durchzusetzen, sorgten damit aber erfolgreich für neuerliche Verärgerung in allen Lagern.
    Eigentor des Gästeteams: 8:2.
    Bevor die Siedler noch mehr Aufruhr verursachen konnten, rief Hobson am 21. Mai 1840 die britische Souveränität über ganz Neuseeland aus. Dieser Tag gilt bis heute als offizielles Gründungsdatum des Landes.
    Bis dahin waren nun aber viele Versionen des Vertrags in Umlauf, die gerade in der Übersetzung für die Maori oft voneinander abwichen. Beide Seiten gingen also von unterschiedlichen Abmachungen für ihre gegenseitigen Beziehungen aus. Dies und die Tatsache, dass viele Unterschriften gekauft wurden oder fingiert waren, führten schnell zu Spannungen. Die Auseinandersetzung wurde zusehends unsportlicher.
    Die Tatsache, dass die britische Regierung den unzufriedenen britischen Siedlern maorisches Land zusprach und damit den Vertrag unterwanderte, trug nicht unbedingt zur Konfliktlösung bei. Die folgenden handfesten Auseinandersetzungen gipfelten in den Neuseelandkriegen, auch »The Land Wars« genannt, die sich fast 30 Jahre hinzogen.
    Ein Patt war längst nicht mehr möglich. Die Stimmung war aufgeladen, beide Seiten waren komplett auf Krawall gebürstet und gingen mit unglaublicher Aggression aufeinander los. Da es mir angesichts der vielen Opfer pietätlos erscheint, möchte ich auf die weitere Punktevergabe verzichten.
    Übrigens waren nicht nur neuseeländische Siedler in den Kampf verwickelt, sondern auch noch mehrere Schiffsladungen von Soldaten, die als zusätzliche Akteure von der britischen Krone geschickt wurden. Geht man noch näher ans Geschehen heran, wird es gar noch komplizierter: Nicht immer kämpften nur Maori und P ā keh ā gegeneinander. In manchen Regionen verbündeten sich Siedler mit den Maori, da sie wirtschaftlich bestens voneinander profitierten. Maorische Söldner kämpften für die Krone. Und einige Siedler versuchten mit diplomatischen Mitteln Frieden zu erwirken, um nicht länger in einem Land voller Aggression und Gewalt leben zu müssen.
    Wenn man diese Verwicklungen ignoriert und sich darauf beschränkt, den Zwei-Parteien-Streit zu betrachten, kann man nur zu einem Ergebnis kommen: komplette Niederlage für die Erstbewohner der Inseln. Neben unzähligen zu beklagenden Menschenleben verloren sie Tausende von Quadratkilometern ihres Landes. Der Konflikt war damit allerdings noch lange nicht beendet. Nach hundert Jahren der Unterdrückung und Benachteiligung begann sich der Widerstand ab Mitte des letzten Jahrhunderts wieder neu zu formieren. Mit einem entscheidenden Unterschied: Man protestierte überwiegend gewaltfrei!
    Der Druck hatte Erfolg: 1975 wurde unter der neuen Labour-Regierung das Waitangi Tribunal gegründet. Es

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