Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
der Maori wird seine Version oftmals von den Maori selbst als eine Art Ursprung gesehen und dementsprechend weitergegeben. Anthropologisch ein typischer Fall von Konstruktion der eigenen Kultur. Die Maori hatten, wie viele andere von der Kolonisation betroffene Gesellschaften, das Problem, dass die indigenen Bevölkerungsteile durch die Einwanderer zu ethnischen Minderheiten wurden. Dadurch wurden große Teile ihrer Kultur verdrängt, die sie erst in den letzten Jahrzehnten wieder hervorzuholen versuchen. In Neuseeland spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Maori-Renaissance. Für die Maori hat das Erstarken ihrer kulturellen Identität auch für ihre politische Autonomie viele positive Auswirkungen gehabt. Ein Beispieldafür ist der Maori Language Act von 1987. Seitdem ist Te Reo M ā ori die zweite offizielle Amtssprache in Neuseeland. Da die maorische Kultur mittlerweile ja auch ein Aushängeschild für den neuseeländischen Tourismus und deshalb mit Blick auf das Image des Landes nicht mehr wegzudenken ist, fällt es den P ā keh ā vermutlich auch leichter, den Maori in ihren Bestrebungen entgegenzukommen. Wäre ja doof, wenn die Maori irgendwann alle auswandern und die P ā keh ā sich mit Schuhcreme und aufgemalten Tattoos in maorische Folklorevereine verwandeln müssten.
Überall an den Hängen der Sounds haben sich Menschen angesiedelt. In jeder Bucht finden sich vereinzelte Häuser mit Steg. Das Wasser bietet die beste Verbindung zur Außenwelt, es sei denn, man möchte stundenlang durch die Wälder wandern, denn Straßen zu den Häusern gibt es keine. Dieser Idylle konnten natürlich auch die Bauherren größerer Hotelanlagen nicht widerstehen. Aber zumindest die Hotels, an denen wir vorbeifahren, fügen sich harmonisch ins Landschaftsbild ein. Sie sehen eher aus wie ein altes englisches Dorf, denn wie eine Mallorca-Bettenburg.
Was für ein Leben, denke ich mir, während ich die Landschaft betrachte. Wie soll ich diesen Job bloß später als Arbeit verkaufen?
Vielleicht, indem ich mich dem widme, was heute von mir gefragt ist. Die Aufgabe des Tages wartet auf mich!
»Mach in Picton bei einer Angeltour in den Sounds Jagd auf den Red Snapper. Grill ihn abends bei leckerem Bier!« Das ist der erste Vorschlag, der zur Abstimmung stand, von Tobias aus Warstein.
Sofort will ich wissen, was das ist, der »Red Snapper«. Eine experimentelle Band aus England? Diese Form des Kannibalismus istmir natürlich fremd. Aber wenn sich der User wünscht, dass ich sie jage, mache ich das natürlich gerne. Ich kann die drei Jungs gern grillen, essen muss man das ja dann nicht. Steht auch nicht in der Aufgabe. Aber zum Glück findet der Vorschlag keine Mehrheit und so muss ich mich nicht in ein moralisches Dilemma begeben. Ich freue mich immer noch darüber, als ich herausfinde, dass es sich beim Red Snapper um einen Fisch handelt, den schon die Maori unter dem Namen Korea kannten. Das hätte ins Auge gehen können – womöglich hätte ich noch Nord-Korea geangelt .
Der andere Vorschlag ist sehr allgemein gehalten: »Betrachte Neuseeland aus der Vogelperspektive«, dachte sich Steffi aus Brasilien aus, ja es waren auch Deutsche aus Übersee dabei.
Da wir das bereits getan haben, kommt es nicht in Frage. Auch wenn ich mir sehr gut vorstellen kann, einfach den ganzen Tag in einer Cessna durch die Luft geflogen zu werden und sattes Grün zu betrachten. Tommy würde das sicher auch irgendwie spektakulär geschnitten kriegen. Aber er will nicht.
So ist es das feuchte Element, gefordert im dritten der Vorschläge, dasjenige, auf dem wir uns weiterbewegen werden.
»Liefere in den Marlborough Sounds als Postbote mit dem Schiff Briefe aus«, steht nämlich als Drittes auf der Liste. Der Vorschlag stammt von Bruno aus Köln.
Um die Bevölkerung in den Sounds nicht völlig der Vereinsamung anheimfallen zu lassen, transportiert die neuseeländische Post die Briefe dort mit einem Postboot hin und her. War das Boot zunächst nur eine kleine wacklige Jolle, wollten mit der Zeit immer mehr Touristen die tägliche Runde für ihre Ausflüge nutzen. Inzwischen ist das Bötchen zu einem Schiff angewachsen, kann bis zu 70 Personen transportieren, und selbst das reicht in der Hauptsaison nicht aus.
Ich habe also die große Ehre und darf einen Teil der Post austragen. Das heißt, der Kapitän macht alles – bis auf den kurzenMoment, in dem die Post aus dem Fenster gereicht wird. Das ist mein Job. Wahrscheinlich bin ich nur dann
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