Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
allein. Strecke mich, schaue in Richtung Horizont. Dann blicke ich mich um, denn ich höre wieder den Motor. Und wie ein bösartiges Insekt, daslangsam aus dem Dickicht des Busches auf ein hilfloses Opfer zusurrt und es dabei mit seinen starren Facettenaugen nicht aus dem Blickfeld lässt, erhebt sich das rotorgetriebene Fluggerät aus dem Tal in die Luft und nimmt die Verfolgung auf.
Während es immer näher kommt, fürchte ich schon, dass die stählernen Rotorblätter mich in kleinen Schüben auf die Felsen werfen. Dann kippt das Flugobjekt zur Seite und erhebt sich in die Höhe.
Weit, weit oben, kaum auszumachen mit dem bloßen Auge, dreht der Hubschrauber mehrere Runden. Dann setzt er in einiger Entfernung auf. Ich stapfe darauf zu. Mein Gesicht ist rot vor Anstrengung, der Wind hat mir die Tränen in die Augen getrieben, aber im Herzen bin ich glücklich, diesen unberührten Boden betreten zu haben.
In der Kanzel des Helikopters sicher verstaut, bin ich dann doch froh, dass sie mich wieder eingeladen haben. Ich bin mir sicher, dass Tommy das eigentlich nicht wollte. Sicher hatte er schon zum Piloten gesagt: »fertig lasst uns fliegen der findet alleine nach hause«, sich dann aber daran erinnert, dass auch er so etwas wie ein Gewissen besitzt. Ergo lud er mich wieder ein. Vielleicht hat er es auch einfach nur verschusselt, weil er immer noch an die immer gut gelaunte Neuseelandfachfrau Awesome-Amazing-Katie auf der Matratze im Auto denkt.
Die Bilder, die Alex durch das winzige Fenster im Helikopter gemacht hat, sehen einfach gut aus, und ich bin sehr froh, so etwas wie eine Bergwanderung unternommen zu haben, selbst wenn sie nur zehn Minuten gedauert hat.
Jetzt geht es erst mal zelten. Zwar ist es erst Nachmittag, also noch nicht dunkel, aber wir wollen den Sonnenuntergang filmen, und das bedarf einiger Vorbereitung.
Als Drehort haben wir den Moke Lake, einen See in der Nähe von Queenstown, auserkoren. Er liegt mit seiner spiegelglatten Oberfläche, eingeschlossen von Berghängen, einfach nur da undstrahlt unendliche Ruhe aus. Dort befindet sich auch ein Campingplatz. Aber nicht so einer mit Wasser, Strom und Kabel-TV, Frittenbude, Bowlingbahn und Fahrradverleih, sondern einfach nur eine eingezäunte Wiese.
Obwohl wir dort campen, werden wir den Zaun im Video natürlich nicht zeigen. Man soll das ruhige Wasser im Hintergrund sehen, vorne das Zelt, und hinter all dem geht die Sonne unter. Das Ganze wird Tommy in Zeitraffer zeigen, so dass der Zuschauer mitverfolgen kann, wie es Abend wird. Am Schluss soll nur noch das Zelt leuchten, das wir vorsorglich mit einer Lampe ausstatten werden.
Alles ist vorbereitet. Das Zelt steht, die Lampe hängt, und die Kamera ist auf einem Stativ befestigt. Eingeschaltet wartet sie jetzt darauf, eine halbe Stunde Sonnenuntergang aufzunehmen. Als nach zwanzig Minuten die Sonne gerade mal eine Nuance rötlicher ist, dämmert es mir, dass ich die nächsten Stunden vermutlich nicht mit Action-Drehs verbringen werde. So wandere ich ein Stück den See entlang und folge einem kleinen Pfad zu einer ruhigen Stelle des Sees.
Ich nutze die Gelegenheit und panoramiere meine Erinnerung mit dem Handy. Dann laufe ich gemütlich wieder zurück.
Es wird dunkel, was ich auch daran merke, dass mir immer, immer kälter wird. Jetzt entzünden wir noch ein Feuer vor dem Zelt.
Doch dann kommt die schwierige Zusatzaufgabe, die keine Aufgabe, sondern die pure Freude ist: »Erzähle eine Gruselgeschichte.«
Tommy und ich denken uns kurzerhand eine neue Legende über Neuseeland aus. Dank der zunehmend abnehmenden Temperaturen ist das Zittern in meiner Stimme nicht gespielt, als ich sie zum Besten gebe: »Im Jahre 1769, als James Cook nach Neuseeland kam, wollte er der Erste sein, der die unbekannten Inseln betrat. So ließ er sich von einem Seemann, Erik McHaffner, an den Strand rudern. Doch als er aus dem Boot steigen wollte, sprang der Seemann vor ihm in den Sand und reichte Cook die Hand. Somit war er es, der Neuseeland zuerst betrat, und James Cook wusste das. Er bat den Seemann, mit ihm in den nahe gelegenen Wald zu gehen. Und es wurde nie wieder etwas von McHaffner gesehen.
Doch bereits ein paar Jahre später erzählten die ersten Siedlervon einem Schatten, einem Geist, der irgendwo auf den beiden Inseln immer wieder auftauchte, und manches Mal verschwand jemand, der sich daraufhin an einem Ort befand, den er nie zuvor betreten hatte.«
Wir freuen uns beim Gedanken daran, dass diese
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