Am Strand des Todes
Regen
hinausgetreten.
Weder Glen noch Chip fiel auf, daß sich das Funkgerät in
Chips Wagen den ganzen Nachmittag über nicht einmal
gemeldet hatte.
Der Regen nahm ständig an Heftigkeit zu, während sich das
Sturmtief unaufhaltsam der Küste näherte. Der Wind frischte
immer mehr auf und trieb die Flut gegen den Strand. Sod
Beach versank in unheildrohende Düsterkeit. Robby und
Missy, deren Windjacken vor Nässe glänzten, liefen auf das
Wäldchen zu. »Wir müssen nach Hause«, jammerte das kleine
Mädchen, »mir ist kalt, und der Regen läuft mir in den
Kragen.«
»Wir gehen ja schon heim«, beruhigte Robby sie. »Wir
gehen über den Waldpfad, dann werden wir nicht so naß.«
»Ich will lieber am Strand entlang«, maulte Missy, »ich mag
den Wald nicht. Wir können doch auch in dem alten Haus
warten, bis der Regen aufhört.«
»Der Regen wird nicht aufhören!« Robby packte seine kleine
Schwester bei der Hand und zog sie auf die Bäume zu. »Wir
dürfen doch nicht in die Nähe des Hauses. Mami sagt, daß
leere Häuser gefährlich sein können.«
»Es ist nicht leer«, erwiderte Missy, »jemand ist drin. Den
ganzen Nachmittag war jemand drin.«
Robby blieb stehen und musterte sie. »Das ist doch Unsinn«,
sagte er, »dort wohnt niemand. Außerdem – wie willst du
wissen, daß jemand dort ist?«
»Ich weiß es eben«, beharrte Missy.
Robby blickte zu dem düsteren und unheimlichen alten Haus
hinüber und zog Missy rasch weiter.
»Komm jetzt, wenn wir uns nicht beeilen, wird Papi uns
suchen.« Er kletterte über das Treibholz, wandte aber immer
wieder den Kopf, um zu sehen, ob Missy ihm folgte. Das
kleine Mädchen fürchtete sich offenbar mehr vor dem
Alleingelassenwerden als vor dem Wäldchen und stolperte ihm
hastig nach.
15
Max Horton musterte den bedrohlich wirkenden Himmel und
drehte dann das Ruder einige Strich Steuerbord, um gegen die
Drift zu halten, die zusammen mit dem Wind den Trawler hinund herwarf.
»Jeff!« Er wartete ein paar Sekunden und schrie dann noch
lauter. »Jeff! Beweg deinen Hintern mal hierher!«
Der Kopf seines Bruders erschien in der Decksluke. »Was
gibt’s denn?«
»Sieht so aus, als ob wir es mit einem ausgewachsenen
Sturm zu tun bekommen. Übernimm du, damit ich uns ein
Loch suchen kann, in dem wir uns verkriechen können!«
Jeff übernahm das Ruder, und Max ging unter Deck, um die
Karte zu studieren. Er schaltete die Navigationshilfe ein, die er
vor einem Monat hatte installieren lassen, und bestimmte ihre
exakte Position auf der Karte. Sie konnten es wahrscheinlich
noch bis Grays Harbor schaffen, doch vielleicht wurde das
riskant. Sofern der Wind mit derselben Geschwindigkeit
auffrischte wie während der vergangenen Stunde, würden sie
sich unter der vollen Gewalt des Sturms ihren Weg in den
Hafen erkämpfen müssen. Er schaute nach einer besseren
Möglichkeit und fand sie auch. Kurz darauf stand er wieder
neben dem Ruder. »Schon mal was von Clark’s Harbor
gehört?« fragte er Jeff.
Jeff dachte einen Augenblick nach und nickte dann. »Ist
ziemlich klein, kaum mehr als ein Dorf. Aber sie haben gut
geschützte Kaianlagen.«
»Also – dann fahren wir besser dorthin. Vielleicht schaffen
wir’s auch noch bis Grays Harbor, aber ich habe so ein ungutes
Gefühl…«
Er drehte die ›Osprey‹ nach Backbord und spürte, wie das
Rollen in Stampfen überging, als das Schiff auf das Ruder
reagierte. Wind und Wellen zerrten am Heck und ließen das
Boot tanzen. Max fragte sich, wieviel Zeit ihm noch blieb,
bevor er den Treibanker setzen mußte, um auf hoher See auf
das Abflauen des Sturms zu warten.
»Ich habe dich gewarnt, so weit nach Süden zu fahren«,
murrte Jeff.
»Hm?«
»Ich sagte, ich habe dich gewarnt, wir sollten weiter nördlich
fischen. Schließlich haben wir oft genug von diesen
heimtückischen Stürmen hier gehört – für mich kommt das
jetzt keineswegs überraschend!«
»Es ist aber auch kein Weltuntergang«, erwiderte Max.
»Wind und Gezeiten arbeiten für uns. In einer halben Stunde
können wir in Clark’s Harbor sein. Haben wir eigentlich noch
etwas Kaffee in der Kombüse?« Er machte eine Geste, griff
aber sofort wieder nach dem Steuer, das sich mit einer Hand
kaum noch halten ließ. Jeff verschwand und erschien kurz
darauf mit einem großen Becher dampfenden Kaffees, den er in
eine kardanische Aufhängung rechts von Max steckte. Er
zündete zwei Zigaretten an und reichte eine seinem Bruder.
Max warf ihm ein Grinsen zu.
»Hast die Hosen voll,
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