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Am Tor Zur Hoelle

Am Tor Zur Hoelle

Titel: Am Tor Zur Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anshin Thomas
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und großzügig. Die Gastfreundlichkeit nahm ab, je näher wir Österreich kamen, einem ziemlich reichen Land im Vergleich zu Polen oder Tschechien, beides Länder, die eben erst die Armut überwinden. Als wir nach Kambodscha gelangten, erlebten wir eine unglaubliche Großzügigkeit, und dabei besitzen die Menschen dort materiell gesehen weit weniger als die Osteuropäer. Doch wohin auch immer wir in Kambodscha kamen, es mangelte uns nie an einem Dach über dem Kopf, an Essen oder an Wasser. Wir hatten gehofft, Serbien durchwandern zu können, doch diejenigen, die die Genehmigung dazu besaßen, wurden noch innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden ihrer Wanderschaft ausgewiesen. In der westlichen Welt gelten die Serben als die Bösewichter, aber die Serben sind in absolutem Sinne gesehen weder gut noch böse; ein immenses Leiden verzehrt sie, und sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen, also agieren sie es aus. Wir konnten jedoch durch Bosnien wandern. Wir sind von Split nach Mostar gegangen, wo wir sechs Tage blieben. Wir haben einen Tag auf der Ostseite des Flusses verbracht und gebetet, gefastet und rezitiert, und viele Menschen haben sich zu uns gesellt. Doch es gab auch einige Probleme. Wir hatten einen Altar mit einer Buddha-Statue, einem christlichen Kreuz und einigen anderen Dingen bei uns. Irgendwann kam ein Auto in rasantem Tempo auf uns zugefahren, ein Mann sprang aus dem Wagen und rannte auf diesen Altar zu. Er schnappte sich die Buddha-Statue, warf sie zu Boden und sagte, es gebe kein höheres Wesen als Allah. Wir verneigten uns und rezitierten und beteten weiter, und als der Mann fort war, hoben wir die Statue auf, säuberten sie und stellten sie auf den Altar zurück. Kurz darauf erschien ein weiterer Mann. Er ergriff das Kreuz und warf es zu Boden. Wir verneigten uns, lächelten und rezitierten weiter. Als der Mann fort war, hoben wir das Kreuz wieder auf, säuberten es und stellten es auf den Altar zurück. Etwa zehn Minuten später erschien jemand mit einem Koran und fügte ihn den Dingen auf dem Altar hinzu. Danach hatten wir keine Probleme mehr. Es war sehr schwierig – herausfordernd, schmerzlich und erschreckend, und gleichzeitig doch sehr wichtig, dass die Menschen, die die Buddha-Statue und das Kreuz zu Boden geworfen hatten, einen Ort fanden, an dem sie ihr Leiden ausdrücken konnten, denn ihr Leiden ist immens groß.
    Ich bin von denen, die gestorben sind, ermächtigt
    Ende Mai trafen wir in Vietnam ein. Es war das erste Mal, dass ich nach meiner Zeit als Soldat dorthin zurückkehrte. Als wir am Flughafen von Ho-Chi-Minh-Stadt ankamen, demselben Flugplatz, auf dem ich als Soldat gelandet war, stellte ich fest, dass sich nicht viel verändert hatte: Es wimmelte noch immer überall von bewaffneten Soldaten und gepanzerten Fahrzeugen, doch nun waren es keine Amerikaner, sondern Vietnamesen. Als ich das Flugzeug verließ, fragte ich mich: »Warum bin ich hier? Ich habe für Vietnam getan, was ich tun konnte. Ich habe tief in die Natur meiner selbst geblickt und mein Leiden in Hinsicht auf Vietnam berührt. Warum bin ich hier?«
    Die bürokratischen Mühlen am Einreiseschalter mahlten äußerst langsam. Die Beamten lächelten nicht, sie schienen sehr unglücklich zu sein. Als ich die Reserviertheit, die Kälte dieser Menschen berührte, berührte ich zugleich meine Angst, denn als ich die Vietnamesen ansah, sah ich gleichzeitig mich selbst an. Ich kenne diese Kälte, diese Distanziertheit. Sie ist eine Mauer, die ich zwischen mir und anderen errichte, um mich zu schützen, und sie ist eine Illusion. In diesem Zustand knüpfe ich keine Verbindung mit anderen, ich bin in meinem Leiden gefangen, und meine Angst macht mich kalt und reserviert. Meine Angst, man könne entdecken, wer ich wirklich bin, meine Angst, man könne über mich richten, missbilligen, wie ich bin.
    Wenn ich in Achtsamkeit lebe, einatme und ausatme, verliert all das an Bedeutung, denn dann bin ich in der Lage, zu meiner Angst in Beziehung zu treten. Ich muss mich nicht länger vor ihr verstecken, und ich muss nicht länger vorgeben, sie nicht zu verspüren. Ich kann eine Beziehung zu anderen aufnehmen. Ich kann ihr Menschsein sehen. Ich kann in Frieden mit mir sein und somit auch in Frieden mit anderen Menschen.
    Als ich den Vietnamesen ins Gesicht sah, den bewaffneten Soldaten mit den roten Sternen an den Uniformen

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