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Am Tor Zur Hoelle

Am Tor Zur Hoelle

Titel: Am Tor Zur Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anshin Thomas
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eigenes Geschehen und muss entsprechend erzählt werden. Die Perspektiven verrutschen. Wenn ein verborgener Sprengsatz hochgeht, schließt du die Augen und duckst dich und spaltest dich von dir ab. Wenn jemand stirbt, wie Curt Lemon * , wendest du den Blick ab und siehst kurz wieder hin und siehst wieder weg. Die Bilder geraten durcheinander; du neigst dazu, eine Menge zu übersehen. Und hinterher, wenn du davon erzählst, gibt es immer diesen surrealen
touch
, der eine Geschichte unwahr erscheinen lässt, aber in Wirklichkeit die nackte Wahrheit darstellt, so wie sie erschien. In vielen Fällen kann man einer wahren Kriegsgeschichte keinen Glauben schenken. Wenn du sie glaubst, sei skeptisch. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Oftmals ist das verrückte Zeug wahr, und das normale Zeug nicht, denn das normale Zeug ist nötig, um das wirklich unglaublich Verrückte glaubhaft erscheinen zu lassen. Dann gibt es Fälle, in denen du eine wahre Kriegsgeschichte nicht einmal erzählen kannst. Manchmal sind sie jenseits dessen, was erzählbar ist.«
    Wenn ich meine eigene Geschichte erzähle, zwingt mich das dazu, nicht nur zu begreifen, was mir widerfahren ist und welche Folgen das hat, sondern es bringt mich auch mehr in Einklang mit der Realität der wechselseitigen Verbundenheit, mit dem, was Thich Nhat Hanh »Intersein« nennt. Ich habe verstanden, dass mir gewisse Ereignisse widerfahren und dass diese Ereignisse bestimmte Auswirkungen auf meine psychische und physische Existenz haben. Diese Ereignisse formen meine Existenz. Und deswegen kann ich mein Leben nicht frei leben.
    Ich lebe mein Leben, wie es mir von der Natur dieses Leidens diktiert wird. Wenn ich also eine gewisse Wahlmöglichkeit und Freiheit in meinem Leben haben möchte, muss ich zu der Realität dieser Erfahrungen erwachen, muss ich erkennen, wie diese Erfahrungen mein Leben bestimmen und sehen, wie ich diese Erfahrungen ausagiere oder wie sie durch meine Person ausagiert werden, und dann muss ich meine Verantwortung für all das übernehmen.
    Indem ich mir der Realität meines Lebens zunehmend bewusst werde, gebe ich nicht länger anderen die Schuld.
    Ich kann mich auf dieser Reise sehr allein fühlen, denn es ist eine Reise, die ich nur allein unternehmen kann. Doch ich muss sie nicht isoliert von anderen machen. Geschichten zu erzählen, sie miteinander zu teilen, kann zum Entstehen von Gemeinschaft führen. Zu einer liebevollen Gemeinschaft, die sich dem Ziel widmet, das Leben wahrhaft anders zu leben. Diese Gemeinschaft von gleichgesinnten Menschen (
sangha
in der Sprache des Buddhismus) kann dann wiederum andere unterstützen und ihren Prozess des Erwachens befördern. Diese Verbindung kann und wird sich auf vielerlei Weise manifestieren. Manchmal durch gemeinsames Sitzen. Manchmal durch Halten und Berühren, durch Fürsorge. Manchmal, indem wir miteinander reden. Manchmal, indem wir als Vorbild dienen. Manchmal durch konkrete Friedensarbeit.
    Wenn wir eine Verbindung herstellen, indem wir uns mit anderen zusammenfinden und über unsere Erfahrung sprechen, erzählen wir einander nicht die guten Geschichten. Wir erzählen stattdessen die Wahrheit, wir erzählen, was wir fühlen, was wir erleben. Wenn wir diesen Prozess beginnen, müssen wir uns von jedem Gedanken, unser Leiden zu »bewältigen« oder »in den Griff zu bekommen« verabschieden. Das Leiden muss mit anderen erfahren und geteilt werden. Gemeinsam sind wir viel stärker als allein. Wir sind alle wechselseitig miteinander verbunden.
Ich bin nicht anders als du:
Indem du leidest, leide ich; indem du heil wirst, heile ich. So können wir Brücken wiedererrichten, Häuser wieder aufbauen, Leben wieder ermöglichen. Durch diesen Prozess können wir lernen, mit dem größeren Ganzen in Harmonie zu leben.

    Der Autor mit 4 Jahren

    Bei der Einberufung in die Armee mit 17 Jahren

In Vietnam, 18 Jahre alt

Bei der Gehmeditation mit Thich Nhat Hanh, 1992

Mit einem Flüchtlingskind in Kroatien während des Balkankrieges, 1994

    An Bord eines Hubschrauberwracks in Pleiku, Vietnam, 1995

    In einer jüdischen Siedlung im Westjordanland, 1995, während einer Pilgerreise für den Frieden (den Stab einer buddhistischen Gebetsfahne haltend)

    Mit palästinensischen Soldaten in einem Flüchtlingslager auf einer Pilgerreise für den Frieden
    Rechte Seite oben:
Die Pilgerreise führt

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