Am Tor Zur Hoelle
auch
durch Kansas, wo Polizisten
Claude AnShin Thomas befragen
und den Weg weisen
.
Während der Zen-Pilgerreise durch die USA verneigt sich Claude AnShin Thomas vor einer Nachbildung des Denkmals für Veteranen des Vietnamkriegs. Hamzah schaut zu
.
Rechte Seite unten:
Der Weg durch Utah,
auf der Zen-Pilgerreise
durch die USA
Während eines StraÃen-Retreats (d. h. auf der StraÃe leben als spirituelle Praxis) in New York City, 1994
* In Tim OâBriens Buch ist Curt Lemon eine fiktive Gestalt, er repräsentiert den typischen, gewöhnlichen Kriegssoldaten.
Kapitel 5
Gehen, um zu gehen
Im Dezember 1994 begann ich meine Pilgerreise von Auschwitz nach Hiroshima, eine Reise von achttausend Kilometern. Sie begann vor den Ãberresten eines Krematoriums im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, wo ich die Laien-ordination (Jukai) im Zen-Peacemaker-Orden erhielt, und endete im Juli 1995 in Vietnam. An dieser Pilgerreise nahmen viele Menschen teil, und wo unser Weg uns auch hinführte, kamen wir durch Gebiete vergangenen oder gegenwärtigen Leidens, vergangener oder gegenwärtiger Kriege, vergangener oder gegenwärtiger Konflikte.
Ich unternahm den Marsch, um die Natur meines eigenen Leidens zu berühren. Ich wollte meine Perspektive erweitern, mein Verständnis überprüfen, die Wirklichkeit der Mehrheit der Menschen auf der Welt berühren und damit Zeugnis ablegen â einer der
Drei Grundsätze
des Zen-Peacemaker-Ordens.
Diese Pilgerreise für den Frieden und das Leben war meine allererste, doch seitdem habe ich regelmäÃig Orte aufgesucht, an denen gekämpft wird. Ich verbringe auÃerdem Zeit auf der StraÃe â mit Obdachlosen, mit Entrechteten, mit Ausgegrenzten â, an Orten, wo Menschen leiden. Als ich im Jahre 1995 von Bernard Tetsugen Glassman Roshi ordiniert wurde, legte ich die Gelübde eines Bettelmönches ab. Ein Bettelmönch ist jemand, der keine Besitztümer haben darf, nicht in einem Kloster oder auf unbegrenzte Zeit in einer festen Behausung lebt und der keiner einträglichen Arbeit nachgeht. Ein Bettelmönch verpflichtet sich zum Wandern. Und wohin ich auch wandere, trage ich diese Praxis.
Unter einer Pilgerreise verstehen wir im Allgemeinen eine lange Reise zu einem Ort der Andacht oder an einen heiligen Ort, und unter einem Pilger verstehen wir jemanden, der eine solche Reise an einen solchen Ort unternimmt. Diese Definition macht die Pilgerreise zu etwas Externem: Der heilige Ort ist auÃerhalb meiner selbst angesiedelt; für die Andacht muss ich einen anderen Ort aufsuchen. Ich selbst bin inzwischen zu einem völlig anderen, viel persönlicheren und intimeren Verständnis dieses Prozesses gelangt. Durch mein Studium der Lehren Buddhas begreife ich eine Pilgerreise inzwischen als Reise zu umfassender Selbsterkenntnis. Der heilige Ort ist das Selbst, nicht ein externer, äuÃerer Ort; und die Pilgerreise, der lange Marsch zu einem heiligen Ort, ist genau diese Reise. Bei einer Pilgerreise geht es nicht vorrangig um das Gehen oder Wandern, obwohl es häufig damit verknüpft ist. Es geht auch nicht darum, ob wir den Bus oder das Flugzeug nehmen, um an einen bestimmten Ort zu gelangen. Es geht darum, was uns hilft oder ermutigt, unser Selbst tiefer und genauer zu ergründen.
Die ersten vier Tage dieser Pilgerreise verbrachte ich fastend und rezitierend in Birkenau. Während ich die Tore des Lagers, die Baracken, den Stacheldraht, die Wachtürme betrachtete, verstand ich unter anderem, dass Birkenau sich auch heute noch, jeden Moment, wiederholen kann, weil es nicht der Vergangenheit angehört â es existiert jetzt. Ich musste diese Realität berühren und annehmen und durfte nicht in dem Teil meiner selbst verharren, der Birkenau möglich macht. In diesen Tagen dort wurde ich mir nicht nur des Leidens der Gefangenen in den Lagern zutiefst bewusst, sondern auch des Leidens all der Menschen, die während des Krieges in Birkenau und anderen Lagern als Wachleute beschäftigt gewesen waren. Ich musste auch ihr Leiden betrachten, durfte mich nicht nur auf das Leiden der Gefangenen beschränken. Ich musste den Wächter in mir erkennen. Wenn ich mich als von dem Wächter verschieden betrachte, wird es ein weiteres Birkenau geben. Doch das wird auch geschehen, wenn ich mich als verschieden von den Juden oder den anderen Menschen, die in Birkenau gefangen und ermordet wurden, betrachte: von
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