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Am Tor Zur Hoelle

Am Tor Zur Hoelle

Titel: Am Tor Zur Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anshin Thomas
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ehemalige jüdische Viertel zu besuchen. Zu Beginn des Zeitalters, in dem die Nationalsozialisten Europa beherrschten, gab es eine prosperierende jüdische Gemeinde in Padua, die etwa zweitausend Menschen umfasste. Es gab drei Synagogen; in einer wurde der Gottesdienst auf Jiddisch abgehalten, in einer auf Spanisch und in der dritten auf Italienisch. Im April 1943 wurden sämtliche Jüdinnen und Juden dieser Gemeinde verhaftet, zu einer zentralen Sammelstelle gebracht und in Vernichtungslager deportiert. Die Synagogen wurden niedergebrannt. Die eine der drei Synagogen ist wiederaufgebaut worden und wird auch heute als Synagoge genutzt. An dem Ort der zweiten Synagoge steht heute ein Gebäude, das ein Kino beherbergt; einzig die Fassade wurde rekonstruiert, um die Erinnerung daran wachzuhalten, dass dies einst ein Ort der Andacht war. Die dritte Synagoge ist der Gewalt unwiderruflich zum Opfer gefallen.
    Während des Zweiten Weltkriegs war Italien kein freundlicher Ort, wenn man gegen die faschistische Regierung eingestellt war oder jüdisch oder auf sonstige Weise anders war. Und Italien hat noch immer sehr mit seiner Vergangenheit zu ringen. Ich bin nicht sehr häufig ItalienerInnen begegnet, die sich direkt mit diesem Teil ihrer Geschichte auseinander setzten oder die Bereitschaft dazu erkennen ließen. Es scheint, als gäbe es das bewusste oder auch unbewusste Bemühen, sich nicht erinnern zu wollen. Dieses Bemühen, sich nicht zu erinnern, wird durch das Schweigen, das Nicht-Sprechen, verstärkt. Und durch das Nicht-Sprechen werden die Gelegenheiten zur Heilung vermindert. Wenn wir Gelegenheiten zur Heilung verstreichen lassen – so weiß ich aus eigener Erfahrung –, wird das Leiden fortgesetzt, auf nachfolgende Erfahrungen und Generationen übertragen und fortwährend ausagiert, wobei das Wissen um die Ursachen dieses Ausagierens immer vager wird. Unbewusstheit. Mein Vater war Soldat, mein Großvater war Soldat, mein Urgroßvater war Soldat. Unbewusstheit.
    Oberflächlich betrachtet kann das eigene Leben aussehen, als wäre alles in Ordnung. Tolles Auto, schönes Haus, gutes Geld, aber dennoch gibt es da dieses Leiden und ein Ausagieren, dessen Ursache in diesem Leiden liegt. Die gewalttätigen anarchistischen Auseinandersetzungen in den siebziger Jahren; die radikalen Veränderungen in den politischen Mustern, die politische Instabilität erzeugten; Prostituierte auf den Straßen, geschlagene Kinder, wachsende Obdachlosenzahlen, zunehmender Alkoholismus, wachsende Drogenabhängigkeit und zunehmende Inhaftierungen wegen Gewaltverbrechen. Doch uns selbst geht es gut, oder wir denken das zumindest; wir vermeiden es, einen Zusammenhang zwischen den Zahlen der Statistiken und dem Leiden herzustellen, das in diesen zum Ausdruck kommt.
    Als ich Italien verließ, nahm ich das Flugzeug vom Marco-Polo-Flughafen aus, dessen Einzugsgebiet Venedig und seine Umgebung ist. Giovanni ShinKai Turra, der Mann, bei dem ich zu Gast war, fragte mich, ob ich Venedig einen Besuch abstatten wolle, bevor ich zum Flughafen musste. Ich sagte ja. Wir verließen Vicenza früh genug, um einige Stunden in Venedig zu verbringen, bevor mein Flug ging. In Venedig führte Giovanni mich in das alte jüdische Viertel. Und im alten jüdischen Viertel führte er mich auf den Marktplatz. Diese jüdische Gemeinde war im dreizehnten oder vierzehnten Jahrhundert gegründet worden. Und nach verschiedenen Perioden der Instabilität, von Deportation und Verfolgung, bildete sich schließlich eine florierende Gemeinde. Das geschah im achtzehnten Jahrhundert. Die Gemeinde war vom Rest der Stadt abgetrennt, ein Ghetto. An sämtlichen Eingängen befanden sich große Holztore, die des Nachts verschlossen wurden, damit niemand hineingelangte. Und auf diesen zugesperrten Toren waren Schilder angebracht, auf denen stand: »Diese Tore sind zum Schutz der jüdischen Gemeinde verschlossen.« Doch verschlossene Tore bergen noch eine andere Facette der Wirklichkeit: Niemand gelangt heraus!
    Das erinnerte mich an eine der Geschichten, die ich anhören durfte, als ich mich auf der Zen-Pilgerreise durch die Vereinigten Staaten befand. Ich hörte diese Geschichte von einem der vielen japanisch-amerikanischen Menschen, die mit uns über ihre Zwangsumsiedlung in Lager an der Westküste sprachen. Eines Tages hatten sie das amerikanische Wachpersonal gefragt, warum sie hier

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