Am Ufer der Traeume
Sie wäre der Wagen nie angekommen.«
Molly öffnete die Tasche und erschrak beim Anblick des vielen Silbergeldes. Die wertvollen Münzen waren eine anerkannte Währung in New Mexico, vor allem wegen ihres hohen Silbergehalts. »Das ist sehr viel Geld, Señor Ramirez! Ich bezweifle, dass der Lohn des Kutschers so hoch war.«
»Der Eigner der Hacienda del Piero hat sich erlaubt, Ihnen einen Bonus für Ihre Verdienste zukommen zu lassen. Schließlich ist es auch Ihnen zu verdanken, dass wir in den Besitz der Waren gekommen sind.
Muchas gracias, señorita
.« Er schob seinen Sombrero in den Nacken. »Darf ich fragen, wie lange Sie noch in Santa Fe bleiben werden, Señorita Campbell?«
»Ich ... ich weiß nicht«, antwortete sie unsicher. »Zwei Wochen ... vielleicht auch länger. Ich warte auf meinen Verlobten, wissen Sie. Wir wollten eigentlich zusammen fahren, aber dann kam ihm ein wichtiges Geschäft dazwischen und er musste in New York bleiben.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ich hätte dort nur gestört, deshalb beschloss ich, vorauszufahren. Eigentlich wollte ich in St. Louis auf ihn warten, aber dann ergab sich die Gelegenheit, mit dem Wagenzug nach Santa Fe zu fahren ... da konnte ich schlecht Nein sagen.«
Der Mexikaner war voller Bewunderung. »Sie sind eine Abenteurerin,
señorita
.
Muy mujer
! Solche Frauen gibt es anscheinend nur in Amerika.«
»In Irland«, verbesserte sie ihn. »Ich komme aus Irland.«
Auf der Bank begegnete Molly dem Wagenboss. Roy Calhoun blieb erstaunt stehen, als er sie erkannte, und ihr fiel ein, dass er sie noch nie in einem Kleid gesehen hatte. Anscheinend gefiel ihm, was er sah. »Sie sehen wunderbar aus, Molly! Einfach wunderbar! Sagen Sie mir Bescheid, falls es sich Ihr Verlobter anders überlegt, obwohl er ziemlich dumm sein müsste, wenn er sie im Stich lassen würde.« Er verriet ihr, dass er dabei war, sich mit einem Frachtunternehmen selbstständig zu machen, und mit der Bank über einen Kredit verhandelt habe. »Morgen kaufe ich mein erstes Fuhrwerk.« Er begleitete sie über die Plaza zum Hotel, hatte kaum Augen für einige Vaqueros, die ihn anscheinend kannten und ihm freundlich zuwinkten. »Ich suche übrigens noch einen guten Kutscher. Sie haben wohl keine Lust, bei mir anzufangen?«
»Einmal über den Santa Fe Trail reicht mir«, erwiderte sie lachend. Sie hatten den Eingang des Hotels erreicht und sie löste sich von seinem Arm. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen ... ich werde im Hotel erwartet.«
Das war natürlich gelogen, aber anders wäre sie den Wagenboss wohl kaum losgeworden. Er war ein netter Kerl, aufrichtig und ehrbar, wie sie sich einen Mann aus dem Westen vorgestellt hatte, und sie mochte ihn, wollte ihm aber auch keine falschen Hoffnungen machen, und die würde er sich auf jeden Fall einbilden, falls sie eine Einladung zum Abendessen annahm oder mit ihm spazieren ging. In ihrem Leben gab es keinen Platz für einen anderen Mann.
Auch ein Grund, warum sie sich die nächsten Tage in ihrem Zimmer einschloss. Inzwischen hatte sich herumgesprochen, dass sie einen großen Planwagen über den Santa Fe Trail gelenkt hatte und sogar mit einer schweren Sharps Rifle schießen konnte, und ein Reporter des
New Mexican
war bei ihr gewesen, hatte ihr einige Fragen gestellt und einen schwülstigen Artikel veröffentlicht, der sie in der ganzen Stadt bekannt gemacht hatte. Sobald sie über die Plaza ging, folgten ihr zahlreiche neugierige Blicke, und sie glaubte, die Leute flüstern zu hören: »Habt ihr schon gehört? Sie wartet auf ihren Verlobten. Möchte wissen, warum der sie allein losgeschickt hat. Ob der wirklich noch kommt? So eine Frau kann man doch nicht sitzen lassen!«
Inzwischen verkehrten die Postkutschen wieder und Molly verfolgte die Ankunft der monatlichen Postkutsche durch das geöffnete Fenster. Wie jedes Mal, wenn die Kutsche aus San Antonio und Franklin eintraf, hatte sich eine größere Menschenmenge vor dem Hotel versammelt, vor allem Leute, die auf Post oder Lieferungen aus dem Osten warteten, aber auch Neugierige, die wissen wollten, wer die gefährliche Reise durch das Indianergebiet gewagt hatte und ob die Kutsche von Comanchen überfallen worden war. Insgeheim hoffte Molly, dass Bryan zu den Passagieren gehörte.
Auch diesmal machte sich der Kutscher einen Spaß daraus, die Kutsche im vollen Tempo auf die Plaza zu lenken. In einer großen Staubwolke kam sie zum Stehen. Sofort war sie von Neugierigen umgeben. Sie
Weitere Kostenlose Bücher