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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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nur langsam voran und verstand auch nicht jedes Wort, merkte aber, dass sie Fortschritte machte, und registrierte stolz, dass sie bereits über die Hälfte gelesen hatte, als sie um kurz vor Mitternacht die Öllampe löschte.
    Als sie nach dem Frühstück zur Poststation ging und im ersten Sonnenlicht die Kutsche besteigen wollte, sah sie einen Reiter herankommen. Er zügelte sein Pferd neben dem Beifahrer, der bereits auf dem Kutschbock saß und sein Sharps-Gewehr mit dem Kolben nach unten auf die Sitzbank stützte. »Captain Sam McGill von den Texas Rangers«, stellte er sich vor. Er sprach mit tiefer Stimme, ein großer Mann in einem hellen Staubmantel, dessen wettergegerbtes Gesicht von grauen Augen und einem mächtigen Schnauzbart beherrscht wurde. In seinem Gürtel steckte einer der neuen Colt-Revolver. »Sehen Sie zu, dass Sie vor dem nächsten Vollmond nach San Antonio kommen. Wir vermuten, dass die Comanchen einen neuen Kriegszug planen, und Sie wissen doch sicher, warum wir den Vollmond in Texas auch Comanchen-Mond nennen. Bei Vollmond sind die roten Halsabschneider besonders gefährlich.«
    Der Kutscher, ein junger Mann mit roten Haaren, anscheinend auch ein Ire, hatte die Worte des Rangers gehört und blickte über die Pferde hinweg. »Soll das heißen, wir müssen mit einem Überfall rechnen? Ich hab eine Frau an Bord, Captain. Sagen Sie uns lieber, wenn die Reise zu gefährlich wird.«
    »Im Augenblick haben Sie nichts zu befürchten«, beruhigte der Ranger den Kutscher und die Passagiere. »Soweit wir wissen, halten sich die schlimmsten Banden weiter nördlich auf. Gefährlich wird es erst bei Vollmond. Dann beginnen sie mit ihren großen Kriegszügen nach Mexiko. Wir versuchen, sie am Pecos abzufangen, aber garantieren kann ich nichts. Beeilen Sie sich!«
    Der Kutscher war zufrieden und wandte sich an Molly und die beiden männlichen Passagiere. »Sie haben es gehört, meine Herrschaften. Sieht so aus, als müssten wir einen Zahn zulegen, wenn wir eine Begegnung mit den roten Teufeln vermeiden wollen. Wer also lieber hierbleiben will ... Miss ...«
    Molly dachte daran, welche Gefahren sie bis jetzt überstanden hatte, die Hungersnot in der alten Heimat, den Sturm während der Überfahrt, die dunklen Gassen in New York, und schüttelte den Kopf. Nein, diese Comanchen würden sie nicht aufhalten. Sie würde sich dieses Texas zumindest einmal ansehen. »Ich komme mit«, erwiderte sie kurz entschlossen.
    Auch die beiden männlichen Passagiere wollten nicht zurückstehen, der Vertreter etwas zögerlicher, und nickten. »Wir fahren weiter«, sagte Snyder.
    »Dann halten Sie sich gut fest, Herrschaften!«
    Die Passagiere waren kaum eingestiegen, als der Kutscher auch schon die Tür schloss, auf den Kutschbock kletterte und die Pferde anfeuerte. In der Gewissheit, von den Betreibern der nächsten Poststation neue Tiere zu bekommen, jagte er sie aus der Stadt und im Höchsttempo über die schmale Wagenstraße. Am Rio Grande und der neuen mexikanischen Grenze entlang fuhren sie nach Südosten, bevor sie um die Mittagszeit den Fluss verließen und dem Trail ins Landesinnere folgten. »Heeehaaaw«, rief der Kutscher so laut, dass es die Passagiere hörten. »Wir sind in Texas, meine Lieben! Ein bisschen schneller, wenn’s geht, sonst kommen wir nie am anderen Ende an!«
    Molly schob den Vorhang zur Seite und blickte nach draußen. Die Wagenstraße bestand nur noch aus zwei Furchen, die sich tief in die mit verdorrtem Gras bewachsenen Hügel gegraben hatten, und die Räder wirbelten kaum noch Staub auf. Vor ihr lag das Land, von dem sie und Bryan so lange geträumt hatten. Kein Paradies, stellte sie enttäuscht fest, dazu war es viel zu karg und kahl, und die felsigen Berge in der Ferne machten einen eher abweisenden Eindruck. Keine grünen Hügel wie in Irland, kaum Bäume und Wasser, nur trockenes Gras, dürres Mesquite-Gestrüpp und vereinzelte Kakteen.
    Ein trostloses Land, zumindest auf den ersten Blick, scheinbar menschenleer und abweisend, unter der Hitze brütend wie eine tödliche Wüste, kein Garten Eden, in dem man ein neues Leben beginnen würde. Aber eindrucksvoll. Weil dieses Land so riesig und gewaltig erschien, als würde es zu einem anderen Planeten gehören, weil es sich scheinbar grenzenlos und über den Horizont bis in unendliche Ferne ausdehnte, weil man sich hier draußen tatsächlich noch frei und ungebunden fühlte, von allen Zwängen der Zivilisation befreit. Etwas Ähnliches hatte sie

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