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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Lächeln.
    Sie mochte Roy Calhoun, schätzte ihn wie einen großen Bruder, der sein Wissen und seine Erfahrung an sie weitergab und sie mit liebevollen Komplimenten verwöhnte. Und sie war ihm dankbar dafür, dass er sie zumindest für einige Stunden den Schmerz vergessen ließ, den Bryans Brief in ihr ausgelöst hatte. Obwohl ihm nicht verborgen bleiben konnte, dass ihr geheimnisvoller Verlobter noch immer nicht aufgetaucht war, belästigte er sie nicht mit Fragen, als ob er zu wissen schien, was sie in diesen Wochen durchmachte.
    Dennoch blieb ihr nicht verborgen, dass er alles andere als brüderliche Gefühle für sie hegte. Die Hoffnung, ihr eines Tages den Hof machen zu können, war in seinen Augen zu lesen und stand unausgesprochen zwischen ihnen, bis er eines Nachmittags seinen Braunen neben ihr zügelte und sagte: »Sie würden mir einen großen Gefallen erweisen, wenn Sie mich heute Abend zum Fandango in der Hacienda del Piero begleiten würden.« An der etwas umständlichen Art, wie er seine Einladung formulierte, und seinen leicht geröteten Wangen erkannte sie, wie schwer er sich dazu durchgerungen hatte.
    Ihr war klar, welche falsche Hoffnung sie mit einer Zusage in ihm wecken würde, wusste aber auch, dass sie ihm einiges schuldig war. Und was war denn schon dabei, wenn sie ihn zu einem Tanzfest begleitete? Die gemeinsamen Ausritte waren viel intimer und ließen bereits einige Leute in der Stadt tuscheln. »Gern ... aber erwarten Sie sich bitte nicht zu viel, Roy. Ich schätze Sie sehr und bin Ihnen unendlich dankbar für alles, was Sie für mich getan haben, aber ich warte immer noch auf meinen Verlobten und habe nicht die Absicht ...« Sie suchte nach passenden Worten und lächelte rasch, als sie die Enttäuschung in seinen Augen bemerkte. »Aber dagegen, dass ich Sie zu einem Abend unter vielen Leuten begleite, hätte er sicher nichts einzuwenden.«
    »Keine Angst, Molly. Ich werde mich wie ein Gentleman benehmen.«
    »Davon bin ich überzeugt, Roy.«
    Die Hacienda del Piero bestand aus mehreren Gebäuden mit roten Ziegeldächern. Sie waren durch offene Säulengänge miteinander verbunden und wurden auf der offenen Seite der u-förmigen Anlage von einem Nebenfluss des Rio Grande begrenzt. Über dem breiten Eingangstor ragte ein Wachtturm aus massivem Adobe-Lehm empor. Ein Spalier von lodernden Fackeln wies ihnen und den zahlreichen anderen Gästen den Weg zum offenen Eingang.
    »Ah, Señorita Campbell! Señor Calhoun! Es ist mir eine große Freude, Sie zu sehen!«, begrüßte sie Joaquin Ramirez. Er stellte sie dem Besitzer, einem beleibten Patriarchen mit schlohweißen Haaren, und seiner eleganten Frau vor, wechselte einige unverfängliche Worte und winkte einem jungen Diener zu, der sie an ihren Platz führte und eine Flasche edlen Rotweins brachte. Nur ein paar Schritte von ihrem Tisch entfernt wartete ein riesiges Büffet mit Köstlichkeiten, von denen Molly die meisten nicht einmal mit Namen kannte. Die langen Tische bogen sich unter erlesenem Fleisch und Geflügel, geräuchertem Fisch, buntem Gemüse und exotischen Früchten, und in respektvoller Entfernung drehte sich ein gebratener Ochse über einem lodernden Feuer.
    Molly kam sich wie ein Bettelkind vor, das man ins Schlaraffenland geführt hatte, und blieb minutenlang vor dem Büffet stehen, bevor sie sich setzte. Als einfache Farmerstochter, die während der Kartoffelfäule beinahe verhungert wäre, hätte sie nicht gedacht, jemals solchem Überfluss zu begegnen.
    Es war ein wunderschöner Abend. Während sie einige der exotischen Früchte probierte und sich eingestand, niemals etwas Köstlicheres gegessen zu haben, wölbte sich ein klarer, mit unzähligen Sternen übersäter Himmel über der Hacienda und dem offenen Innenhof und die zahlreichen Fackeln warfen flackernde Schatten auf die goldbraun leuchtenden Adobe-Lehm-Wände. Der Diener erschien und brachte mehr Wein und, als ihr der Alkohol zu Kopf zu steigen drohte, auch Wasser und eine herbe Limonade aus Limetten.
    Nach dem Essen spielten die Mariachis zum Tanz auf, wie einfache Peones gekleidete Musiker, die rhythmische Klänge aus ihren Gitarren, Geigen und Trompeten hervorzauberten und mit einer Unbeschwertheit auftraten, als gäbe es kein Leid und keinen Ärger auf dieser Welt. Vielleicht war es gerade diese Fröhlichkeit, die Molly erschreckte und daran denken ließen, wie es wohl Bryan in diesem Augenblick erging. Saß er irgendwo in einem dunklen Kellerraum? War er auf der

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