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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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einen Kamin und geben uns warme Suppe. In ein paar Tagen bist du wieder gesund.«
    »Macht euch um mich keine Sorgen.« Rose Campbell kämpfte tapfer gegen ihre Schwäche an. Sie wollte sich selbst nicht eingestehen, wie sehr ihr der Hunger und die Kälte zugesetzt hatten. »Ich bin nur ein wenig müde.«
    Auch Fanny war froh über die Rast. »Ich wollte, es wäre schon Frühjahr«, sagte sie. »Ich hab ein ungutes Gefühl. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was ich über Arbeitshäuser gehört habe, geht es uns dort auch nicht viel besser. Auch da sterben die Menschen.«
    »Wenn wir zusammenhalten, kann uns nichts passieren«, erwiderte Molly.
    »Nur bis zum Frühjahr«, stimmte Bryan ihr zu.
    Auf welch kleiner Flamme das Feuer ihrer Hoffnung brannte, erkannten sie auf den letzten Meilen bis zum Arbeitshaus. Die meisten Menschen, die sie auf der Straße trafen, waren noch schlimmer dran als sie, schleppten sich nur noch mühsam vorwärts und schafften es nicht einmal mehr, den Kopf zu heben und sie anzublicken, als sie an ihnen vorbeigingen. Bis auf die Knochen waren viele abgemagert und die Lumpen, in die sie gekleidet waren, bedeckten kaum ihre Blößen. Nicht mal Schuhe hatten die meisten. Fast alle waren krank, husteten, niesten, glühten vor Fieber oder waren bereits vom Schwarzen Fieber oder der Cholera gezeichnet, waren vom Arbeitshaus abgewiesen worden und versuchten wahrscheinlich, irgendwo anders unterzukommen. Die es nicht geschafft hatten, lagen erfroren am Straßenrand, auch viele Kinder und Säuglinge, in verrenkter Haltung, so wie sie gefallen waren.
    Der Anblick dieses unsagbaren Leids ließ ihre Herzen bluten und machte ihnen klar, wie viel Glück sie bisher gehabt hatten. Der Herrgott hatte ihnen zumindest einen Aufschub gewährt und war auch nach dem schweren Unwetter bei ihnen gewesen. Warum er diese Gefahren und dieses Leid überhaupt zuließ, fragte sich nicht nur Fanny. Auch Molly zweifelte plötzlich an seiner Macht, hörte aber nicht auf, ihre Gebete zu sprechen und ihn zu bitten, sie durch diese schweren Zeiten in eine bessere Zukunft zu führen. Mit Bryan war zumindest ein Teil ihrer Gebete in Erfüllung gegangen. Vielleicht war er die Antwort auf alle ihre Fragen. Sie brauchte nur in seine blauen Augen zu blicken, um zu spüren, wie die Hoffnung und das Vertrauen in ihr wuchsen.
    Obwohl Rose Campbell immer noch fror, schenkte sie einer älteren Frau, die allein und mit leeren Augen nach Norden wanderte, eine ihrer Decken. Sie war bereits von einer schweren Krankheit gezeichnet und hielt sich kaum noch auf den Beinen. Die Frau war zu schwach, um sich bei ihr zu bedanken, schaffte nicht mal ein Lächeln. Rose Campbell blickte ihr lange nach, lief erst weiter, als Molly ihr einen Arm um die Schultern legte und sagte: »Wir müssen weiter, Mutter! Wenn wir zu spät dran sind, lassen sie uns nicht mehr rein.«
    Es war bereits dunkel, als sie das Arbeitshaus erreichten. Bedrohlich ragten seine Mauern und Giebeldächer vor ihnen empor. Nur hinter wenigen Fenstern brannten Öllampen oder Kerzen. Vor dem breiten Tor kam ihnen derselbe Leichensammler wie vor einigen Wochen entgegen, diesmal in Begleitung eines jüngeren Mannes. Auf seinem Wagen lagen die Leichen eines Mannes und einer Frau. Er hob kaum den Kopf, als er an ihnen vorbeiging, streifte nur Fanny mit einem flüchtigen Blick. Selbst in ihrem langen, etwas zu großen Kleid schien sie noch auf Männer zu wirken. Sie war sich dessen bewusst, ahnte längst, dass sie mit dieser Ausstrahlung mehr erreichen konnte als mit einem Sack voll Geld. Die Waffen einer Frau waren wirksamer als eine Pistole. Sogar einen Edelmann würde sie mit ihrem Lächeln verführen können.
    Bryan schlug mit einer Faust gegen die schwere Eisentür. Obwohl er nur einen Bissen von dem harten Zwieback genommen hatte, schien er kaum unter dem Hunger zu leiden und besaß noch genügend Kraft. »Lassen sie uns rein!«
    Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und das hagere Gesicht eines Mannes erschien. Er hielt eine Öllampe in der rechten Hand. Die zuckende Flamme warf geheimnisvolle Schatten auf sein Gesicht. Sein misstrauischer Blick glitt über die Neuankömmlinge. »Was wollt ihr? Wir nehmen niemand mehr auf.«
    Bryan stellte sich schwächer und erschöpfter, als er wirklich war. Er war ein guter Schauspieler. »Wir sind ... wir sind am Ende. Wir haben nichts zu essen und die Frauen halten es vor Kälte kaum noch aus. Man hat uns alles genommen, Sir. Unsere Farm,

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