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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Regen und der Kälte geschützt gewesen waren. Auf der Straße überlebte man nicht lange. Im Winter waren Tausende von Menschen gestorben, weil man sie aus ihren Häusern und von ihren Farmen vertrieben hatte, vor Hunger und Kälte, weil ihnen niemand helfen konnte.
    Nur Molly und Fanny drehten sich um. Mit versteinerten Mienen beobachteten sie, wie die Männer mit kräftigen Axthieben und wuchtigen Hammerschlägen den Lehm und die Schottersteine lösten und ihr Haus innerhalb weniger Minuten dem Erdboden gleichmachten. Den Tisch, die Stühle und das Strohlager ließen sie in Flammen aufgehen. Schwarzer Qualm stieg aus den Trümmern empor, wurde vom Wind über die Wiesen und Äcker geweht und verbarg die kärglichen Überreste ihres Heims vor ihren Augen, als hätte der Herrgott seine Hand im Spiel, um ihnen den qualvollen Anblick zu ersparen.

2
    Über der Wagenstraße nach Castlebar wölbte sich ein basaltgrauer Himmel und tauchte die grünen Hügel in fahles Licht. Die Sonne war nur noch als blasser Schimmer hinter den dichten Wolken zu erkennen. Auch der Wind hatte aufgefrischt und brachte kühle Luft aus dem Südwesten. Er kroch unter die schäbigen Lumpen, in die sie gekleidet waren, und trieb ihnen eisige Schauer über die nackte Haut. Sie froren wie im tiefsten Winter.
    Von der schrecklichen Erkenntnis, dass sie nichts mehr zu essen hatten, und der Vertreibung von ihrer Farm gezeichnet, wandten sie sich nach Nordosten. Der Schmerz hatte sich tief in ihre Seelen gefressen und erstickte jedes Wort, das sich in ihren Gedanken bildete. Rose Campbell trank schweigend ihren Wurzelsud und schaffte mühsam ein Lächeln, als sie Molly den leeren Napf reichte. Sie wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort über die Lippen.
    Ohne sich abzusprechen, hielten sie auf das Haus eines ihrer Nachbarn zu, einer Familie mit fünf Kindern, die ungefähr eine halbe Meile entfernt in einem Lehmhaus wohnte. Es war genauso schäbig wie ihre ehemalige Hütte, hatte aber einen Raum mehr und ein kleines Fenster neben der Tür. Statt Fensterglas hatte man eine gegerbte Tierhaut über den Rahmen gespannt. Eines der kleineren Kinder kam weinend ums Haus gerannt und verschwand durch die halb geöffnete Tür, eine Hand gegen die blutende Nase gepresst.
    Sie kannten die Familie vom Sehen, waren ihnen vor der Hungersnot auf einem Erntedankfest begegnet und hatten einige Male mit ihnen gesprochen, wenn sie ihnen auf der Wagenstraße begegnet waren. Doch ihre Hoffnung, zwei oder drei Tage bei ihnen unterkriechen zu können, wurde bereits zerstört, als sie noch einige Schritte vom Haus entfernt waren. Die Tür flog so heftig ins Schloss, dass sie erschrocken stehen blieben und nur zögernd weitergingen.
    Molly wäre am liebsten sofort umgekehrt, brauchte aber nur ihrer kränkelnden Mutter in die Augen zu blicken, um es dennoch zu versuchen. »Mrs. Rankin!«, rief sie. Den Farmer hatte sie auf dem Acker gesehen. »Ich bin’s ... Molly. Die Engländer haben unser Haus zerstört und uns von der Farm vertrieben. Mutter geht es nicht besonders. Lassen Sie uns bitte rein. Nur für ein paar Tage ... bis es Mutter wieder besser geht. Wir brauchen nicht viel.«
    Der Schatten der Farmersfrau tauchte am Fenster auf. Ihre Stimme klang nervös. »Gehen Sie weiter! Wir dürfen niemand reinlassen. Mister Whitmore hat es verboten. Wenn ich Sie reinlasse, geht es uns genauso wie Ihnen.«
    »Nur bis morgen früh«, bat Molly.
    »Gehen Sie!«, kam die ängstliche Antwort.
    Molly bemerkte, dass der Farmer auf sie aufmerksam geworden war und eilig auf sie zukam. Auch er schien nach gesunden Kartoffeln gesucht zu haben. »Verschwindet!«, rief er schon von Weitem. »Runter von unserer Farm!«
    Ihnen blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Von der feindseligen Reaktion der Nachbarn überrascht, zogen sie weiter nach Nordosten, über die Wagenstraße in Richtung Castlebar. Die Hauptstadt ihrer Grafschaft lag nur wenige Meilen von ihrer ehemaligen Farm entfernt. Vielleicht würden sie dort etwas Essbares und sogar eine Unterkunft finden. Ins Arbeitshaus würden sie erst gehen, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gab. Man erzählte sich schreckliche Dinge über das Gebäude nördlich der Stadt, schlimmer als in einem Gefängnis sollte es dort zugehen. In Castlebar würden sie vielleicht Arbeit bekommen, in dem Hotel, vor dem die Kutschen nach Dublin hielten, oder im Schlachthaus. Eine Stadt bot mehr Möglichkeiten.
    Molly war wieder voller Hoffnung. Zumindest

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