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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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fragte Sarah dagegen. »Hätte ich zu erkennen gegeben, dass ich Sie durchschaue, wäre aus einer falschen Verbündeten eine offene Feindin geworden, mit unabsehbaren Folgen. Ich hätte eine bekannte Größe gegen eine unbekannte getauscht und die Gleichung damit nur unnötig verkompliziert.«
    »War ich denn so leicht zu durchschauen?«
    »Ich wusste nicht, welche Position Sie innerhalb der Organisation bekleiden – an die Möglichkeit, dass Sie Laydons Nachfolger sein könnten, dachte ich nicht«, gab Sarah zu. »Aber mir war klar, dass umso weniger Gefahr von Ihnen ausgeht, je mehr ich zum Schein das tue, was Sie von mir verlangen.«
    »Und das wäre?«
    »Das Wasser des Lebens beschaffen«, erwiderte Sarah mit fester Stimme. »Das ist es doch, was Sie unbedingt wollen, oder?«
    »Mehr als alles andere«, bestätigte die Gräfin.
    »Aus welchem Grund? Was vermag es, dass Sie dafür solchen Aufwand treiben?«
    »Das weißt du doch längst.«
    »Unsterblichkeit?« Sarah kam es fast lächerlich vor, das Wort auszusprechen. »Ist es das, wonach es Sie und Ihre Verbrecherbande gelüstet? Dann haben Sie ebenso den Verstand verloren wie Laydon.«
    »Du weißt nicht, was du sagst. Du hast nicht die blasseste Ahnung, und du bist unwürdig, deinen Namen und deinen Titel zu tragen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Vielleicht«, zischte die Gräfin, »habe ich dich tatsächlich unterschätzt. Vielleicht hat der alte Gardiner dir einige Kniffe beigebracht. Aber was dir noch immer fehlt, ist der Überblick. Wie ein kleines Kind irrst du umher und freust dich über alles, was du findest. Doch wer einen Schluck Wasser trinkt, der ahnt noch lange nichts von der Größe und Weite des Ozeans.«
    »Sehr poetisch, wirklich«, knurrte Sarah.
    »Glaubst du denn, du würdest damit durchkommen? Dass ich nicht daran gedacht hätte, dass so etwas passieren, dass du den Plan durchschauen könntest? Dass wir uns auf diesen Fall nicht vorbereitet hätten? Auch ich bin von nobler Herkunft, Sarah Kincaid, und mein Lehrer ist nicht weniger gerissen gewesen als der deine.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Dass du eine Schlacht gewonnen hast, aber dass andere den Krieg gewinnen werden«, fauchte die Gräfin. »Du vergisst, dass sich dein über alles geliebter Wüstenprinz in unserer Gewalt befindet.«
    »Durchaus nicht«, erwiderte Sarah, deren Züge zu einer unbewegten Maske geworden waren, die nicht erkennen ließ, was dahinter vor sich ging. »Aber Sie werden ihm nichts antun, solange ich das Wasser des Lebens nicht für Sie gefunden habe. Denn Sie wissen nur zu genau, dass ich all das nur seinetwegen auf mich nehme.«
    »Das ist wahr«, räumte Ludmilla ein. »Deinem Geliebten nichts anzutun heißt allerdings nicht, dass wir ergeben auf deine Rückkehr warten werden.«
    »Was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, dass wir unseren Teil der Abmachung ändern und Kamal für die Dauer deiner Expedition an einem geheimen Ort unterbringen werden. Alle Pläne, ihn zu befreien, dürften damit hinfällig sein.«
    »Nein«, sagte Sarah erschrocken. »Das dürfen Sie nicht! Kamal ist geschwächt, er wird eine weitere Reise nicht überstehen.«
    »Dr. Cranston wird sich gut um ihn kümmern, davon bin ich überzeugt«, konterte die Gräfin.
    »Cranston ist ein Ehrenmann«, meinte Sarah überzeugt. »Er wird sich niemals dazu hergeben, etwas zu tun, das das Leben seines Patienten gefährden könnte.«
    »O doch, das wird er«, sagte jemand, der hinter ihr stand. Alarmiert fuhr Sarah herum – nur um den Arzt zu erblicken, der in der Tür des Krankenabteils stand, seinerseits einen Revolver im Anschlag, den er auf Hingis und sie gerichtet hielt.
    »Cranston!«, entfuhr es ihr entsetzt.
    »Ich bedaure, Lady Kincaid«, sagte der Mediziner mit einem Grinsen, das seine Worte Lüge strafte. »Aber ich fürchte, die Gräfin von Czerny ist Ihnen trotz mancher vermeintlichen Ähnlichkeit ein ganzes Stück voraus.«
    »Sie … elender Verräter«, stieß Hingis voller Abscheu hervor.
    »Verrat ist ein hässliches Wort«, meinte Cranston und schnalzte mitleidig mit der Zunge. »Nennen wir es eine List – genau wie bei der Jagd, nicht wahr? Tally-ho.«
    »Schwein«, war alles, was Sarah dazu einfiel. Jäh wurde ihr klar, weshalb der Doktor so überaus bereitwillig seine Hilfe angeboten und sich als Reisebegleiter geradezu aufgedrängt hatte: Er hatte zum Plan gehört, von Anfang an …
    »Sie haben mein Vertrauen missbraucht«, zischte sie in hilfloser Wut. »Sie haben

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