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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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allerdings noch nie zuvor untergekommen. Die Körperfunktionen des Patienten sind – wohl infolge des Fiebers – auf ein Mindestmaß herabgesetzt, scheinen jedoch auszureichen, um ihn am Leben zu halten.«
    »Ist das nicht häufig so bei Patienten, die aufgrund hohen Fiebers das Bewusstsein verlieren?«, erkundigte sich Sarah.
    »Bisweilen, ja«, räumte Markin ein. »Der Körper reduziert seine Tätigkeit, um für die Bekämpfung der Krankheit Kraft zu sparen. Allerdings geht in solchen Fällen eine Vorgeschichte voraus – eine Infektion durch einen Erreger beispielsweise oder eine Blutvergiftung. Beides ist hier auszuschließen, da Sie den Patienten noch wenige Minuten zuvor wohlauf und bei bester Gesundheit angetroffen hatten.«
    »Das stimmt«, pflichtete Sarah bei. »Kamal machte auf mich einen völlig wachen und gesunden Eindruck. Sein Zustand muss mit etwas zusammenhängen, das ihm diese Fremden angetan haben …«
    »Da Sie davon sprechen.« Direktor Sykes räusperte sich, als wäre ihm unangenehm, was er zu sagen hatte. »Wir sind uns keineswegs sicher, dass es sich bei diesen Leuten tatsächlich um Fremde gehandelt hat, wie Sie annehmen.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Lady Kincaid« – Sykes lächelte verschämt – »mir ist klar, wie ungewohnt und belastend all dies für Sie sein muss. In Anbetracht dessen, was Sie mitgemacht haben, wäre es kaum verwunderlich, wenn Sie in allem und jedem einen Feind erkennen …«
    »Hören Sie, Direktor«, sagte Sarah energisch, »ich bin weder hysterisch noch habe ich den Verstand verloren. Aber ein Gefühl sagt mir, dass diese Männer etwas mit dem zu tun haben, was Kamal widerfahren ist.«
    »Auch, wenn es sich um ganz gewöhnliche Gefängniswärter gehandelt hat?« Sykes schüttelte den Kopf. »In Newgate arbeiten viele Menschen, Lady Kincaid. Selbst ich kenne nicht alle von Angesicht. Es ist also gut möglich, dass Sie einem ganz gewöhnlichen Wachtrupp begegnet sind, der auf dem Weg zur Wachablösung war.«
    »Das denke ich nicht«, widersprach Sarah. »Was sagt der Wärter, der mich begleitet hat?«
    »Auch er ist sich nicht sicher, was diese angeblichen Eindringlinge betrifft.«
    »Und die anderen Gefangenen?«
    »Niemand hat etwas Verdächtiges bemerkt, das auf ein unbefugtes Eindringen in den Zellentrakt schließen ließe.«
    »Und wer hat dann diese Buchstaben auf Kamals Stirn gezeichnet?«, fragte Sarah. »Wer hat ihm das Stück Papier in den Mund gelegt?«
    »Seien wir ehrlich, Lady Kincaid – streng genommen könnte Mr. Ben Nara sich dies auch selbst zugefügt haben.«
    »Unsinn«, beharrte Sarah schroff. »Diese Leute waren so wirklich wie Sie und ich … und da war diese Aura! Ich konnte fühlen, dass …« Sie unterbrach sich, als sie die verständnislosen Blicke bemerkte, mit denen nicht nur der Gefängnisdirektor, sondern auch die Ärzte und Sir Jeffrey sie bedachten. Sarah begriff, dass es besser war zu schweigen, wenn sie weiter ernst genommen werden wollte – und bekam von unerwarteter Seite Hilfe.
    »Ich sehe keinen Grund, an Lady Kincaids Aussage zu zweifeln, Gentlemen«, sagte Dr. Cranston, der ihr offenbar nichts nachtrug. »Da wir zum einen festgestellt haben, dass der Zustand des Patienten nicht auf äußere Gewalteinwirkung zurückgeht, und wir zum anderen wissen, dass er sich binnen kürzester Zeit eingestellt hat, bleibt uns doch tatsächlich nur, eine gezielte Manipulation zu vermuten.«
    »Wie darf ich das verstehen, Herr Kollege?« Dr. Teagues Frage klang spitz, fast pikiert. »Dieser Patient ist nicht nur einfach betäubt worden – seine Körperfunktionen wurden reduziert. Wollen Sie uns weismachen, jemand verfüge über die Möglichkeit, einen Menschen von einem Augenblick zum anderen in einen solchen Zustand zu versetzen?«
    »Ich denke, dass so etwas durchaus möglich ist – vorausgesetzt, man wendet die geeigneten Mittel an.«
    »Und diese wären?«, erkundigte sich Dr. Markin herausfordernd, der Cranstons Meinung ebenso wenig zu teilen schien wie sein Kollege.
    »Gentlemen«, konterte der Arzt aus Bedlam, »Sie erinnern mich ein wenig an die Jäger auf einer Fuchsjagd.«
    »Was soll das heißen?«, wollte Sarah wissen.
    »Haben Sie je an einer Fuchsjagd teilgenommen?«
    »Nein.« Sarah schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, habe ich nie verstanden, was die Leute an all diesem Hundegebell und Tally-ho-Geschrei finden. Außerdem neige ich dazu, mit dem Fuchs zu fühlen.«
    »Das unterscheidet uns«, entgegnete der

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