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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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warum also nicht auch zu einer massiven Beeinflussung cerebraler Tätigkeit?«
    »Weil ein solcher Fall noch nie beschrieben wurde«, entgegnete Markin ein wenig hilflos.
    »Das bedeutet nicht, dass es nicht möglich wäre, richtig?«, erkundigte sich Sarah und blickte forschend in die Runde. »Gentlemen, wenn einer von Ihnen mir eine bessere oder plausiblere Erklärung für das anzubieten hat, was Mr. Ben Nara widerfahren ist, so werde ich es mir gerne anhören. Andernfalls gehe ich davon aus, dass Dr. Cranstons Theorie diejenige ist, der ich meine Aufmerksamkeit schenken sollte.«
    Die Ärzte blieben eine Antwort schuldig. Zwar bebte Markins Oberlippe in unverhohlener Entrüstung, jedoch schwieg er, und auch Billings und Teague schienen es vorzuziehen, peinlich berührt auf den Boden zu starren, als mit einer Gegenhypothese aufzuwarten.
    »Das hätten wir also geklärt«, sagte Sarah und wandte sich wieder Cranston zu. »Um welche Sorte Gift hat es sich möglicherweise gehandelt? Haben Sie einen Verdacht, Doktor?«
    »Nein«, gab Cranston unumwunden zu, »zumal ich mir, wie erwähnt, nicht sicher bin, ob es sich tatsächlich um ein Gift gehandelt hat. Natürlich könnte das hohe Fieber eine Art Abwehrreaktion auf eine schädliche Substanz sein – ebenso gut aber auch aus einer Infektion resultieren. Entsprechend ist völlig offen, was dem Patienten verabreicht wurde. Es könnte sich sowohl um ein aus Pflanzen gewonnenes Substrat gehandelt haben wie um ein tierisches Gift. Da ein solcher Fall, wie Dr. Markin bereits bemerkte, noch nie beschrieben wurde, tappen wir völlig im Dunkeln.«
    »Sollte es sich allerdings tatsächlich um ein Gift gehandelt haben, gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Gegenmittel«, brachte sich Dr. Teague nochmals in das Gespräch ein.
    »Das ist nicht gesagt«, widersprach Cranston. »Ich halte es für unverantwortlich, Lady Kincaid so etwas in Aussicht zu stellen.«
    »Mir was in Aussicht zu stellen?« Sarah hob ihre schmalen Brauen. »Wovon genau sprechen Sie?«
    »Ich spreche von der Theorie, dass es für jedes Gift, das in der Natur existiert, ein Gegengift gibt«, antwortete der Arzt aus Mayfair.
    »Eine, wie ich hinzufügen möchte, äußerst fragwürdige Theorie, deren abschließender Beweis noch aussteht«, kritisierte Cranston.
    »Einen endgültigen Beweis wird es niemals geben«, schnaubte Teague verächtlich, »dafür ist die Anzahl der in der Natur vorkommenden Gifte viel zu hoch. Dennoch gibt es gewisse Anhaltspunkte, die eine Richtigkeit der Theorie nahelegen …«
    »… und mindestens ebenso viele, die dagegen sprechen«, konterte Cranston.
    »Das gehört nicht hierher.«
    »Und ob es das tut …«
    Der Disput zwischen den Medizinern ging weiter, sodass Sarah tief Luft holen musste, um sich selbst zu beschwichtigen. Statt etwas zu Kamals Rettung zu unternehmen, war sie gezwungen, einem Wettstreit unter eitlen Pfauen beizuwohnen, die sich aufplusterten und Räder schlugen und dabei wertvolle Zeit vergeudeten. Für Sarahs Geschmack hatte dieser Jahrmarkt der Eitelkeiten schon viel zu lange gedauert.
    Sie brauchte Ergebnisse …
    »Gentlemen, als wie stabil würden Sie Kamals Zustand im Augenblick beschreiben?«, verschaffte sie sich energisch Gehör. Die beiden Männer unterbrachen daraufhin ihren Wortwechsel und schauten sie aus großen Augen an.
    »Nun«, meinte Dr. Markin, nachdem er seine Überraschung darüber, von einer Frau unterbrochen worden zu sein, verwunden hatte, »da Herz, Kreislauf und Lunge ordnungsgemäß zu funktionieren scheinen, ist zumindest im Augenblick nicht von einer akuten Lebensgefahr auszugehen – vorausgesetzt, es gelingt, dem Patienten in ausreichender Menge Nahrung und, was noch wichtiger ist, Flüssigkeit zuzuführen.«
    »Wie wollen Sie das bewerkstelligen?«, fragte Teague.
    »Es gibt Mittel und Wege«, meinte Billings überzeugt. »In Newgate kommt es immer wieder vor, dass Häftlinge glauben, gegen die ihrer Ansicht nach unmenschlichen Haftbedingungen protestieren zu müssen, indem sie in den Hungerstreik treten. In diesem Fall bedienen wir uns einer sehr einfachen, aber effizienten Methode, die auch hier Anwendung finden könnte: Mittels einer aus zwei Glaszylindern bestehenden Vakuumpumpe sowie eines Schlauchs aus Kautschuk befördern wir einen nahrhaften Brei geradewegs in den Magen des Gefangenen, ohne dass er etwas dagegen unternehmen könnte.«
    »Eine grässliche, entwürdigende Prozedur«, kam Sir Jeffrey nicht umhin

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