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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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geschweige denn zu einem Freund.«
    »Sie lassen sich von meinem Äußeren blenden«, stellte der Hüne fest. »Ich muss zugeben, dass ich das nicht erwartet hätte. Nicht von Ihnen, Lady Kincaid.«
    »Was erwarten Sie denn?«, sprang Hingis Sarah bei. »Freundschaft ist ein Privileg, das verdient sein will.«
    »Und Sie glauben, dass mir dieses Verdienst nicht zustünde, Dr. Hingis? Dass ich nichts riskiere, indem ich hier mit Ihnen spreche? Dass Sie keinen Grund hätten, mir zu vertrauen?«
    »Geben Sie uns einen Grund«, verlangte Sarah. »Lassen Sie uns frei, dann hören wir uns an, was Sie zu sagen haben.«
    Eine endlos scheinende Weile lang starrte das Auge auf sie, ohne dass Sarah zu sagen vermochte, was hinter der Stirn des Zyklopen vor sich ging. »Nein«, gab er schließlich bekannt, »das werde ich nicht tun. Stattdessen werde ich Ihnen – als Zeichen meines Vertrauens – verraten, was es mit dem hydor bíou auf sich hat.«
    »Dem Wasser des Lebens?«, schnappte Sarah. »Es existiert also wirklich?«
    »Das wissen Sie doch genau. Andernfalls wären Sie nicht hier.«
    »Also ist es wahr? Laydon hat mich damals geheilt, indem er das Wasser des Lebens benutzte?«
    »Ja und nein.«
    »Was genau bedeutet das? Sie werden sich etwas genauer ausdrücken müssen, denn um mein Vertrauen zu gewinnen, bedarf es mehr als dunkler Andeutungen!«
    »Die Antworten, Lady Kincaid, haben Sie schon längst erhalten – Sie wissen es nur noch nicht.«
    »Was bedeutet das nun wieder?«
    »Sie sind, genau wie Ihr Vater, auf den Spuren Alexanders des Großen gewandelt. Sie wissen, dass er sich auf die Suche nach dem Feuer des Re begeben hat, und Sie wissen auch, dass er in den Diensten jener stand, die auch meine Herren sind.«
    »So sagte man mir«, bestätigte Sarah ungeduldig. »Aber was hat das mit dem Wasser des Lebens zu tun?«
    »Als die Götter vor undenklich langer Zeit auf die Erde kamen, brachten sie uns die Mysterien des Kosmos: drei Geheimnisse, zu deren Hütern sie uns erkoren, die Auserwählten, die mit dem Einen Auge gezeichnet sind.«
    »Was waren das für Geheimnisse?«, wollte Sarah wissen.
    »Geheimnisse von großer, von erschreckender Macht, zu überwältigend, als dass sie in die Hände von Menschen gelangen durften. Zum einen das Mysterium des Lichts, das in der Lage ist, ungeahnte Energie und Zerstörungskraft zu entfesseln …«
    »Das Feuer des Re«, flüsterte Sarah, der in diesem Moment klar wurde, dass sie zumindest eines dieser Geheimnisse bereits gelüftet hatte.
    »… zum anderen«, fuhr der Zyklop fort, »das Geheimnis der Schöpfung, verborgen im Wasser des Lebens. Wissen Sie, was das bedeutet, Lady Kincaid? Das Geheimnis der Schöpfung zu kennen bedeutet, den Schlüssel zur Unsterblichkeit zu besitzen!«
    »Unsterblichkeit«, echote Hingis, in dessen Augen ein seltsamer Glanz getreten war.
    »Und das dritte Geheimnis?«, erkundigte sich Sarah unbeeindruckt. »Worin besteht das dritte Mysterium?«
    »Ihnen dies zu enthüllen, ist mir nicht gestattet. Möglicherweise werden Sie es eines Tages selbst herausfinden. Bis dahin jedoch sollten Sie sich auf das beschränken, was Ihrem Geliebten das Leben retten kann.«
    »Ich verstehe.« Sarah nickte widerwillig. »Und was genau ist das? Wo finde ich dieses Wasser des Lebens?«
    »Viele haben es vor Ihnen gesucht, unter ihnen auch Alexander. In jungen Jahren, als sein Vater Philip im Sterben lag, niedergestreckt von der Klinge eines Verräters, da ersuchte Alexander die Götter um Beistand. Und obwohl sein Flehen niemals hätte erhört werden dürfen, versprach einer jener Götter ihm Hilfe.«
    »Aus welchem Grund?«, wollte Sarah wissen.
    »Weil«, entgegnete der Zyklop mit düsterer Stimme, »jene Gottheit sich abgewandt hatte vom Pfad der Tugend und danach strebte, sich zum Herrscher über die Welt aufzuschwingen. Und dies sollte geschehen, indem er den Sterblichen die kosmischen Geheimnisse anvertraute.«
    »Prometheus«, flüsterte Hingis atemlos. »Er stahl den Göttern das Geheimnis des Feuers und gab es den Menschen …«
    »Jedes Volk dieser Erde hat seine Version von diesem Mythos, Doktor«, erklärte der Einäugige, »doch hinter all diesen Geschichten verbirgt sich derselbe wahre Kern. Schon zuvor hatte jener Abtrünnige versucht, den Menschen die Geheimnisse der Macht zu vererben, aber die übrigen Götter waren auf der Hut. Es gelang ihnen, das Komplott zu vereiteln, und sie standen vor der Wahl, den Abtrünnigen zum Tod zu verurteilen

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