.Am Vorabend der Ewigkeit
mag dich.«
Gren sah sie an und fand, daß sie hübsch war. Er nickte und griff in eine Tasche. Er zog das Stück Glas daraus hervor, legte es auf die flache Hand und zeigte es ihnen.
»Als der Fallenbaum mich fing, fand ich dies. Man nennt es Glimmer oder Glas. Vielleicht stammt es aus dem Meer. Die Termiten benutzen es dazu, Fenster zu bauen.« Toy streckte die Hand aus, aber Gren zog die seine schnell zurück. »Wenn man es vor die Sonne hält, entsteht eine neue, kleinere Sonne darunter. Ich habe mir die Hand verbrannt. Man kann Feuer damit machen und sich einen Weg durch das Dickicht brennen. Der Wind wird das Feuer zum Wald treiben. Wir folgen ihm einfach. So gelangen wir in den Wald zurück.«
Sie sahen sich an.
»Gren ist sehr klug«, sagte Poyly. »Er kann uns retten.«
»Unsinn! So geht es nicht.« Toy blieb eigensinnig.
In plötzlicher Wut schleuderte Gren ihr die Linse ins Gesicht.
»Du bist feige und dumm! Dein Kopf ist hohl. Man sollte dich ausstoßen und wegjagen.«
Sie nahm die Linse vom Boden auf und trat zurück.
»Gren, du bist verrückt! Du weißt nicht, was du sagst. Verschwinde, bevor wir dich töten.«
»Jetzt siehst du, wie sie mich behandelt«, sagte Gren zu Veggy. »Sie ist ein schlechter Anführer. Entweder gehen wir beide oder sie geht.«
»Mir hat Toy nichts getan.« Veggy war vorsichtig. Er wollte keinen Streit und vermied es, Partei zu nehmen. »Ich will nicht ausgestoßen werden.«
»Wenn wir so weitermachen«, rief Toy schnell, »werden wir alle sterben. Die ganze Gruppe. Gren oder ich muß euch verlassen. Ihr habt zu entscheiden, wer gehen muß. Wählt! Entweder Gren oder ich.«
»Gren muß gehen«, wisperte Driff.
Gren zog sein Messer. Veggy sprang einen Schritt zurück und zog das seine. Bald hatten sie alle ihre Messer in der Hand. Nur Poyly verhielt sich passiv. Grens Gesicht war eine Maske bitterer Enttäuschung.
»Gib mir mein Glas zurück, Toy.«
»Es gehört uns, der Gruppe. Wir können auch ohne dich Feuer machen. Und nun geh, bevor wir dich töten.«
Noch einmal betrachtete er ihre entschlossenen Gesichter, dann wandte er sich um und ging langsam ins Niemandsland hinab.
Während er wanderte, spürte er plötzlich, wie irgend etwas sanft und leicht auf seinem Kopf landete.
Oft schon hatte Gren das gewebeartige Gewächs in den vergangenen Stunden gesehen – bei den Termiten und auch im Niemandsland an Pflanzen. Dieses Gewächs war nichts anderes als eine mutierte Morchel. Im Verlauf der Jahrmillionen hatte die Morchel verstanden, eine neue Lebensgrundlage zu finden. Es war die Symbiose mit anderen Lebewesen.
Eine Weile stand Gren ganz still. Er zitterte nur ein wenig, weil er das Gewächs auf seinem Kopf spürte. Einmal hob er die Hand, um das Ding zu entfernen, aber dann ließ er sie wieder sinken. Sein Kopf war kühl und fast empfindungslos geworden.
Er fand einen Felsblock und setzte sich so, daß er mit dem Rücken dagegen lehnte. Vor ihm dehnte sich der Rand des Niemandslandes. In der Ferne stand die grüne Mauer des Waldes. Der kühle Schatten tat gut. Um ihn herum wuchsen einige harmlose Pflanzen. Kein Feind war in der Nähe.
Er wußte plötzlich tief im Unterbewußtsein Dinge, die er vorher nie gewußt hatte. Wenn er hier starb, würden die Pflanzen weiterleben können denn sein Körper gab ihnen neue Nahrung. Der Boden würde die in ihm enthaltenen Phosphate und anderen Stoffe aufnehmen und an die Pflanzen weitergeben. Er aber würde nicht zum Himmel emporsteigen können wie die anderen seiner Sippe, denn da war niemand, der sich um seine Seele kümmerte, wenn er gestorben war. Das Leben war so kurz. Was war er, Gren, denn schon? Ein Nichts. Unbedeutend.
Und dann war eine Stimme in ihm, leise und sanft. Es war keine richtige, akustische Stimme, sondern ein Flüstern in seinem Gehirn. Wie der Klang eines unbekannten Musikinstrumentes.
»Du bist ein Mensch«, sagte sie.
In seinem augenblicklichen Zustand war Gren nicht einmal überrascht.
»Wer spricht?« fragte er laut.
»Du kannst mich Morchel nennen. Ich werde dich nicht mehr verlassen. Ich werde dir helfen.«
Gren hatte den Verdacht, daß die Morchel noch nie zuvor mit einem Menschen gesprochen hatte, denn ihre Worte kamen sehr langsam und zögernd.
»Ich brauche Hilfe, denn ich bin ausgestoßen worden.«
»Ich weiß, darum kam ich zu dir. Ich werde immer bei dir sein.«
»Wie willst du mir helfen?«
»Wie ich auch den anderen half«, sagte die Morchel. »Fast alle hatten kein
Weitere Kostenlose Bücher