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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Behälter voll ist, wird das Fließband vor dem nächsten Käfig justiert, und die Männer quetschen die Tiere nun in diesen Käfig.
    Eine Orgie der Gewalt.
    Jakob kommentiert die Vorgänge nicht länger. Olga und Dengler sehen sich die Verladung der Puten an, bis die Einstellung abbricht.
    In der nächsten Einstellung fährt der Lkw mit den Puten durch ländliche flache Landschaft.
    Schnitt.
    Der Lkw ist am Schlachthof angekommen. Ein Arbeiter öffnet den Käfig. Die Kamera zoomt heran, das Bild wird grobkörniger, woraus Dengler schließt, dass aus beträchtlicher Entfernung aufgenommen wurde. Trotzdem: Es ist gut zu erkennen, wie die flatternden Vögel an den Füßen gepackt und kopfunter an ein Gestänge gehängt werden. Einige flattern, andere haben den Kampf aufgegeben und hängen leblos an dem Gestänge, andere sind bereits halbtot, als sie von der Förderkette in das Innere der Fabrik gezogen werden.
    Endlos dauert diese Einstellung. Sie ist noch nicht geschnitten und auch nicht kommentiert. Der Film ist offenbar noch nicht fertig bearbeitet.
    Dann eine neue Einstellung. In einer endlosen Prozession ziehen die kopfüber an der Förderkette aufgehängten Puten vorbei, die Förderkette senkt sich, und der Kopf der Puten wird in eine Flüssigkeit getaucht, die Tiere zucken und werden dann scheinbar leblos weitertransportiert.
    Die Kamera ändert dabei ihre Position nicht, sie verfolgt stoisch für einige Minuten die Betäubung der Puten.
    »Sie haben hier eine versteckte Kamera aufgebaut«, sagt Dengler zu Olga, die sich entsetzt die Hand vor den Mund hält.
    Schnitt.
    Die bewusstlosen Puten ziehen in einer langen Bahn auf ein rotierendes Messer zu. Blut spritzt nach rechts und links. Die Köpfe fallen nach unten, dann werden die kopflosen Tiere weitertransportiert. Neben dem Fördersystem steht ein Mann und sieht dem Köpfen der Tiere zu.
    »Sieh mal genauer hin«, sagt Olga, und Dengler beugt sich vor. Er sieht, wie sich einzelne Vögel regen. Sie sind nicht vollkommen bewusstlos.
    »Sie schneiden ihnen lebend die Köpfe ab«, sagt Olga.
    Ein Tier schlägt mit den Flügeln. Es sieht offenbar das rotierende Messer auf sich zukommen und zieht den Kopf hoch. Das Messer rast unter ihm vorbei und tötet den Vogel hinter ihm.
    »Gut gemacht«, sagt Olga.
    Da hat der Mann neben der Tötungsanlage plötzlich ein Messer in der Hand. Mit einem schnellen Schnitt trennt er der überlebenden Pute den Kopf ab.
    »Schade«, sagt Olga leise.
    Ein weiteres flatterndes Tier zieht den Kopf über dem Messer ein. Es überlebt nicht lange. Der Mann trennt ihm mit einer einzigen schnell durchgeführten Bewegung den Kopf vom Hals.
    Der Film bricht ab. Dann erscheint ein Logo: MfT – Menschen für Tiere e.   V. Es folgt eine Adresse im Stuttgarter Süden.
    Schweigend sitzen Dengler und Olga vor dem Computer.
    »Ich stell dir die Informationen zusammen, die das Netz bereithält«, sagt Olga. »Ich bin mir sicher, du wirst diesem Verein einen Besuch abstatten.«

Monolog Carsten Osterhannes
    Puten sind großartig. Ich liebe sie. Die Tiere, die wir jetzt verarbeiten, bestehen zu einem Drittel aus Brustfleisch. Zu einem Drittel! Damit befriedigen wir den steigenden Bedarf an fett- und kalorienarmem Fleisch für den bewussten Verbraucher. Eine Pute liefert über fünf Kilo davon. Das ist wunderbar. Ein großartiger Züchtungserfolg ist, dass die nicht verwertbaren Knochen kaum noch zehn Prozent des Putengewichts ausmachen. In dem neuen Werk haben wir damit eine Schlachtkörperausbeute von 80 Prozent erreicht. Das ist absolute Spitze.
    Zucht und neue Produktionsverfahren ermöglichen diesen Erfolg. Es ist uns damit gelungen, den Selbstkostenpreis auf unter einen Euro pro Kilo Schlachtkörper zu drücken. Da wir mithilfe der Banken in großem Umfang die Umstellung auf neue, effektive Mastanlagen in die Wege geleitet haben, konnten wir auch die Preise für die Putenmäster senken und senken sie weiter. Alles ist auf einem guten Weg.
    Ob ich Putenfleisch esse?
    Ich bitte Sie! Niemand aus unserem Gewerbe isst Pute.
    Man sagt ja, der Mensch ist, was er isst. (lacht)
    Das gilt natürlich auch für die Pute. Die Pute frisst Scheiße. Sie besteht zum großen Teil daraus. Verstehen Sie, was ich damit sagen will? (lacht)

36. Stuttgart, Verein Menschen für Tiere, morgens
    Der Verein Menschen für Tiere hat ein komplettes Hinterhaus im Stuttgarter Heusteigviertel gemietet; Zugang von der Schlossstraße, aber von dort nicht einsehbar.
    Dengler steht

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