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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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durch die nächste Tür. Er gelangt in einen schmalen Raum, ein karg eingerichtetes Büro: Plakate mit geschundenen Hühnern an den Wänden, eine weiße Holzplatte auf Stelzen als Schreibtisch, darauf Bildschirm und Tastatur, ein altmodisches Telefon, ein aufgeschlagener Terminkalender, daneben ein Aktenordner und ein Stapel Papiere. Dengler setzt sich an den Tisch und blättert in dem Terminkalender.
    »Hey, was machen Sie da?«
    Wieland läuft auf ihn zu und will ihm den Kalender entreißen, aber Dengler zieht ihn schnell genug weg. Er blättert die Seiten durch und sucht einen Eintrag, der seinen Sohn betrifft. Er findet keinen. Er öffnet die Schubladen und durchsucht den Schreibtisch.
    Wieland nimmt das Telefon. »Ich rufe die Polizei.«
    Dengler reißt das Kabel aus der Anschlussdose. Wieland bleibt mit offenem Mund stehen. Er zieht an Denglers Arm. In diesem Augenblick sendet Wielands Handy aus dem Nebenraum ein Signal.
    Beide Männer halten kurz inne und laufen dann zu dem kleinen Besprechungstisch. Das Handy leuchtet. Wieland nimmt es auf und liest. Dann reicht er das Gerät zu Dengler hinüber.
    Übermorgen bringe ich den Konverter zurück. Früher geht’s leider nicht. Ok? Gruß, Jakob
    Wieland sinkt auf den Stuhl und stützt den Kopf in die Hände. »Was geht hier vor?«
    Dengler setzt sich ihm gegenüber: »Was hat mein Sohn mit Ihrem Verein zu tun?«
    Wieland sieht ihn erschöpft an: »Ich bin in großer Sorge. Jakob ist unser bester Ermittler.«

37. Rückblende: Kimi im Wald
    Kimi hockt unter einer großen Tanne. Obwohl durch die breite Krone des Baumes kein Tropfen Regen nach unten dringt, ist er von seiner Flucht durch die Felder immer noch völlig durchnässt. Ihm ist kalt. Außerdem muss er etwas essen. Dringend. Der Hunger bohrt sich wie ein Messer in seine Magenwände.
    Er hat Angst.
    Wer nicht das Bittere genossen hat, der weiß nicht, was Zucker ist, denkt Kimi. Aber jetzt muss er etwas essen. Er hat ein paar Münzen in der Tasche. Mehr besitzt er nicht. Er will seinen Lohn. Er hat hart gearbeitet. Arbeit, von der er nachts Albträume bekommt. Augen von Rindern ausstechen, Därme säubern, in Schweinescheiße stehen, Tiere aufschneiden.
    Er will nach Hause.
    Aber dazu muss er seinen Lohn einfordern. Er braucht das Geld. Es gehört ihm. Er muss seine Landsleute finden. Die Männer in dem großen Mercedes. Sie schulden ihm Geld. Zwei Monatslöhne. Dann wird er mit dem Bus zurück nach Bukarest fahren. Dann in das kleine Dorf. Er wird nicht mehr länger von toten Rindern träumen, und er wird nie wieder nach Deutschland zurückkehren.
    Er muss Adrian sehen.
    Das blutverschmierte Gesicht seines Freundes, er wird es nie vergessen. Er muss wissen, ob Adrian in einem Krankenhaus liegt. Er muss wissen, ob er gut versorgt ist. Er muss wissen, ob Adrian noch lebt. Oder ob ihn die Wikinger totgeschlagen haben.
    Den Wikingern muss er aus dem Weg gehen.
    Vielleicht suchen sie mich noch. Vielleicht haben sie mich aber auch schon vergessen. Er wird kein Risiko eingehen. Er wird den Wikingern aus dem Weg gehen.
    Mühsam steht er auf. Wer nirgends hingeht, wird auch nirgends ankommen.
    Wenn nur die Kleider nicht so nass wären. Ihm ist kalt. Bitterkalt.
    Immerhin regnet es nicht mehr. Der Himmel ist bewölkt. Graue schwere Fetzen hängen tief, als wollten sie sich von den Bäumen kratzen lassen. Doch jetzt reißt die Wolkendecke auf, und die Sonne kämpft sich durch die grauen Himmelsgebirge.
    Ein gutes Zeichen. Vielleicht.
    Nach einer Viertelstunde erreicht er einen größeren Waldweg. Er wählt willkürlich eine Richtung und stößt bald auf eine Landstraße, die ins Offene mündet.
    Er hat keine Ahnung, wo er ist.
    Er meidet die Landstraße.
    Lieber schleicht er sich unter Bäumen an einem Bach entlang, nutzt Hecken und Büsche als Sichtschutz zur Straße, rennt gebückt über Wiesen. Ein Kirchturm gerät in seine Sicht.
    Dort gibt es etwas zu essen.
    Er wusste nicht, dass Hunger so schmerzen kann.
    Die Verkäuferin in der Bäckerei mustert ihn misstrauisch. Seine verklumpten Schuhe lassen Dreckspuren auf dem blanken Fußboden zurück. Er zeigt alle seine Münzen auf der offenen Handfläche und deutet auf die Brötchen. Die Verkäuferin klaubt mit spitzem Mund und spitzen Fingern das Geld von seiner schmutzigen Hand und packt eine Tüte voll mit warmen Brötchen. Das erste reißt er auseinander, als er die Bäckerei noch nicht verlassen hat.
    Er sieht sofort, wo Landsleute wohnen. Direkt neben dem Rathaus,

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