Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
Vom Netzwerk:
Schritte von seiner Wohnung entfernt lag und das mit seiner besonders schönen Einrichtung und den großartigen Kuchen zu den Besonderheiten seines Viertels gehörte. Warum war er eigentlich so lang nicht mehr hier gewesen? Dies war der ideale Ort für Olga und ihn. Wenn das alles vorbei ist, dann frühstücken wir hier gemeinsam, denkt er, lang und ausgiebig, und mit allen Zeitungen, die man im Kiosk um die Ecke bekommen kann.
    »Jakob hat Ideale. Und er lebt nach diesen Idealen. Das können nur wenige Menschen von sich sagen. Besonders in diesem Alter«, sagt sie.
    Ideale, die ihn möglicherweise in Teufels Küche gebracht haben, denkt Georg. Aber er sagt nichts.
    »Ich überlege auch immer, vegan zu leben, aber ich schaff das einfach nicht. Ich esse wenig Fleisch, aber wenn ich eingeladen bin und die Gastgeber haben einen Tafelspitz …«
    »Wissen Sie von einer Reise nach Barcelona?«
    »Barcelona? Jetzt in den Pfingstferien? Nein. Das erzählen die Schüler meist hinterher. Meinen Sie, er wird nicht rechtzeitig zurückkommen? Aber so was kennen wir ja. Jakob wird sich eine Entschuldigung schreiben. Er ist ja bereits achtzehn. Volljährig. Er braucht keinen Trauerfall in der Familie.«
    »Trauerfall in der Familie?«
    »Na ja, einen Trauerfall akzeptieren wir als Entschuldigung bei Schülern unter achtzehn. Sie glauben gar nicht, wie viele Familienmitglieder sterben, solange die Schüler noch nicht volljährig sind.«
    Sie lacht. Ein herzliches Lachen. Diese Lehrerin hat es mit dem Schulleiter sicher nicht leicht. »Ich freue mich, wenn er aus Barcelona zurück ist.«
    »Ich hoffe, dass er zurückkommt«, sagt Dengler.

59. Kimi im Oldenburger Klinikum
    Adrians Kopf ist nahezu vollständig bandagiert. Kimi sieht die geschwollenen Augen seines Freundes, die von einem wüsten Bluterguss eingerahmt werden, einem Farbgemisch aus Dunkelblau, Rot und Schwarz.
    »Sie fragen mich hier nach meinem Ausweis. Sie fragen mich nach Versicherung. Sie fragen mich nach Geld. Ich habe nichts davon.«
    Kimi legt seine Hand auf die von Adrian. Auch der Arm ist bandagiert.
    »Dabei bin ich froh, dass die Wikinger mich nicht totgeschlagen haben.«
    Kimi sagt: »Ich habe unsere Landsleute getroffen. Für die wir gearbeitet haben, bevor die Wikinger kamen. Wir werden uns von den Deutschen unser Geld zurückholen. Und unsere Pässe. Adrian, ich verspreche, ich besorge auch dein Geld und deinen Pass. Dann gehen wir zurück.«
    Der bandagierte Kopf hebt und senkt sich ein wenig. Kimi denkt, dass das wohl ein Nicken sein soll.
    Adrian flüstert: »Du weißt doch, dass ich die Putenställe aufgeräumt habe, bevor ich in der Schlachterei gearbeitet habe. Erinnerst du dich? Das habe ich dir doch erzählt.«
    »Sicher. Das weiß ich doch.«
    »Ich habe dir nicht alles erzählt. Ich habe dort jemand kennengelernt.«
    »Kennengelernt? Eine Frau?«
    Adrian hustet. Er verzieht dabei sein Gesicht. Dann sagt er: »Mach keine Witze, Kimi. Es tut höllisch weh, wenn ich lache. Keine Frau. Einen jungen Türken. Er hat sich als Landsmann ausgegeben und dort gearbeitet. Er hat heimlich gefilmt.«
    »Gefilmt?«
    »Ja, wie wir die Turcia , die Puten, verladen haben. Er hatte eine ganz kleine Kamera. Wir sind dann am Abend ins Gespräch gekommen.«
    »Warum hat er das gefilmt, Adrian?«
    »Ich weiß auch nicht. Er sagt, er sei für Tierschutz. Und so dürfe man mit Lebewesen nicht umgehen.«
    Kimi lacht rau. »Und was ist mit uns, Adrian? Darf man mit uns so umgehen? Unser Geld stehlen. Uns totschlagen? Was ist mit uns?«
    »Darum geht es, Kimi.«
    »Darum geht es? Was meinst du, Adrian?«
    »Ich hab dem Jungen von uns erzählt. Wie wir arbeiten. Und leben müssen. Das wollte er auch filmen.«
    »Er wollte uns filmen?«
    »Ich war mit ihm verabredet. Vor ein paar Tagen. Auf dem Hof, auf dem wir die Turcia auf den Lkw geladen haben. Ich liege im Krankenhaus. Ich konnte nicht kommen. Er ist vielleicht gar nicht mehr da. Würdest du für mich hingehen und nachschauen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Rede mit ihm. Sag ihm, wie wir leben.«
    »Erst hole ich dir dein Geld, Adrian. Und deinen Pass.«
    »Gib mir das Blatt da, das auf dem Tisch liegt. Ich versuche, dir den Weg aufzuzeichnen.«

Monolog Carsten Osterhannes
    Die Kampagne Putenfleisch für die schlankheitsbewusste Frau war die erste große PR -Kampagne. Sie wurde übertroffen von der zweiten Kampagne, die uns noch mehr Geld in die Kassen spülte. Und die uns zugleich von einem unangenehmen Problem erlöste.

Weitere Kostenlose Bücher