Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
gut gegangen.«
Laura: »Dass sie mich heil haben wollen, ist für uns ziemlich scheiße.«
Simon: »Wieso?«
Jakob: »Laura und ich glauben, dass die Rocker folgenden Plan haben: Sie wollen den Hof anzünden. Dafür spricht der Kanister, in dem sie uns Wasser gegeben haben. Wahrscheinlich haben sie zwei oder drei davon, die werden dann mit Benzin gefüllt, und unsere Fingerabdrücke sind da drauf. Damit uns die Schuld an dem Brand in die Schuhe geschoben wird. Dass die Rocker uns ihre Gesichter gezeigt haben, bedeutet, dass wir diese Geschichte hier nicht überleben sollen.«
Cem: »Red keinen Quatsch, Mann.«
Laura: »Eine Gruppe radikaler Tierschützer dringt in eine Putenmastanlage ein und steckt sie in Brand. Zehntausend Puten kommen um. Die Tierschützer stellen sich jedoch so ungeschickt an, dass sie selbst bei dieser Aktion draufgehen. Es wird Zeit, dass die Tierschutzorganisationen gestoppt werden. Sie sind eine Gefahr.«
Simon: »Du meine Güte, Laura. Du bist wahnsinnig. Das werden die nie machen.«
Laura: »Die schießen mit Maschinenpistolen. Die hätten mich zu zehnt vergewaltigt. Was glaubst du, wozu diese Verbrecher fähig sind?«
Jakob: »Die Frage ist nur, woher die so viel über uns wissen.«
Simon: »Von dem Typen, den wir hier filmen wollten!«
Cem: »Der wusste aber nicht, dass …«
In diesem Augenblick schließt jemand von außen die Tür auf. Als sie sich nicht öffnen lässt, drückt er von außen dagegen. Dann wirft er sich dagegen. Doch der Tisch hält. Der Mann tritt gegen die Tür. Doch sie hält noch immer.
Dann hören sie den kleinen Chef der Rocker rufen: »Hey, ihr Arschgeigen. Ihr könnt gehen. Aber wenn wir euch noch einmal hier irgendwo sehen, geht’s euch schlecht.«
Sie hören seine Schritte, die leiser werden.
Simon: »Gott sei Dank. Ihr habt mir eben echt Angst eingejagt.« Er greift zum Tisch und will ihn von der Tür wegziehen.
Cem: »Stopp! Vielleicht ist das eine Falle.«
Simon: »Was soll denn das für eine Falle sein? Wir sitzen bereits in einer Falle.«
Er packt den Tisch und zerrt ihn von der Tür weg. Sofort wird sie aufgestoßen, und zwei Rocker kippen ein Bündel in ihr Gefängnis, ziehen die Tür wieder zu. Der Schlüssel dreht sich von außen zweimal. Die Rocker lachen.
Laura geht auf das Bündel zu, das sich jetzt bewegt. Es ist ein Mann, braun und schmutzig im Gesicht, nicht besonders groß.
»Wer bist du?«, fragt Laura.
»Ich bin Kimi«, sagt das Bündel mit osteuropäischem Akzent. »Ich will bloß mein Geld. Ich will meinen Pass. Ich will nach Hause.«
»Das wollen alle hier«, sagt Laura und reicht ihm die Hand.
83. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, nachts
»Was ist denn hier los?«
Die Scheinwerfer des Wagens beleuchten eine gespenstische Szene. Zwei wild aussehende Männer schleppen eine bewusstlose Gestalt über den Hof zur Putenmastanlage. Zwei bärtige Gesichter sehen geblendet direkt zu ihnen hinüber. Sie lassen die Gestalt fallen.
Christian Zemke öffnet die Wagentür, springt hinaus und läuft auf die Typen zu. »Was machen Sie auf meinem Hof? Verlassen Sie sofort meinen Hof.«
Julia reißt ihre Tür auf und schreit ihrem Mann hinterher: »Christian, komm zurück! Christian …«
Da reißt jemand ihre Tür auf, eine Hand greift ihr ins Haar und wirft sie mit einem Ruck auf den Boden. Sie sieht ihren Mann, der mitten in der Bewegung erstarrt, sie sieht seinen offenen Mund, den Gesichtsausdruck, den er immer hat, wenn er etwas nicht versteht. Sie sieht, wie er sich umdreht und zu ihr rennt. Dann trifft sie etwas am Kopf. Sie spürt noch die Regentropfen, die jetzt mit großer Wucht auf ihr Gesicht prasseln. Dann wird es schwarz um sie.
Monolog Carsten Osterhannes
Über eines muss man sich im Klaren sein: Es gibt keine intensive Viehwirtschaft ohne Medikamenteneinsatz. In einem Stall, in dem vierzigtausend Puten oder Hühner oder Tausende Schweine oder Rinder dicht an dicht stehen, durchquert ein Erreger innerhalb einer Stunde zweimal eine komplette Mastanlage. Deshalb brauchen wir Antibiotika. Es gibt nichts Besseres gegen Bakterien. Wer gesundes Fleisch will, muss die Tiere medikamentieren. Es gibt keine andere Lösung. Sie werden aggressiv ohne Beruhigungsmittel und picken sich gegenseitig wie Puten und Hühner oder fressen sich die Schwänze ab wie Schweine. Puten brauchen Schmerzmittel. Ohne Antibiotika sterben uns die Bestände innerhalb kürzester Zeit weg. So einfach ist das. Und deshalb setzen wir weiterhin
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