Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
Polizist. Er hat unsere Entführer schon irgendwie nervös gemacht. Ich bin sicher, der ist hier irgendwo in der Nähe. Er holt uns hier raus.«
87. Hotel Colón, Frühstückszimmer, Barcelona, morgens
Dengler beobachtet die Männer, die wie Geschäftsreisende aussehen. Dunkle Anzüge, weiße Hemden, noch müde, zwei tippen auf ihre Smartphones ein, einer starrt vor sich hin und lächelt, der andere liest El País. Olga mustert die Männer, dann blickt sie zu Georg und schüttelt mit dem Kopf. Ein amerikanisches Ehepaar mit zwei Kindern tritt jetzt zum Frühstücksbüfett, die Frau hat eine harte und durchdringende Stimme. Sie weist die beiden Kinder zurecht, die verschlafen neben ihr stehen.
Olga schüttelt den Kopf.
Ein unbeschreiblich dicker Mann mit Glatze schiebt sich an das Büfett und schaufelt Würstchen, Rühreier mit Speck und einen Berg Lachs auf einen großen Teller.
Olga wiegt ihren roten Haarschopf hin und her.
Dengler tippt eine SMS :
Hallo Jakob, schon wach? Dein Papa.
Eine Minute später kommt die Antwort:
NEIN !!
Niemand im Frühstücksraum hat eine SMS getippt.
Nach einer halben Stunde tummeln sich seriöse Geschäftsleute, freakige Skandinavier, junge Paare und einige ältere Touristen in dem Raum.
Hallo Jakob. Schon beim Frühstücken?
Nein. Zähneputzen.
Eine halbe Stunde später:
Was macht ihr denn heute?
Strand. Sonne. Wie ist das Wetter in Stuttgart?
Dauerregen.
Ich bring Sonne mit.
Versprochen?
Versprochen.
Es ist die kräftige blonde Frau mit Pferdeschwanz in einem blauen T-Shirt, die die SMS beantwortet. Schwarze Jeans, unter dem kurzen Ärmel ihres Shirts lugt ein buntes Tattoo hervor. Sie sitzt am Fenster, ihre Handtasche liegt auf dem Tisch.
Jetzt steckt sie Jakobs Handy in die Tasche zurück. Dengler unterdrückt nur mühsam den Impuls, hinüberzulaufen und sie zu schütteln: Wie kommen Sie an das Handy meines Sohnes? Wo ist Jakob?
Ich muss ruhig bleiben. Er sieht zu Olga.
Olga nickt.
Die Blonde lädt sich Früchte und Joghurt in eine Schale, als es in ihrer Handtasche hupt. Sie stellt sofort die Schale ab, geht schnell an ihren Tisch, zieht ein weiteres Handy hervor, setzt sich und telefoniert.
»Dieses Telefon brauchen wir«, sagt Dengler.
88. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, morgens
»Vielleicht sollten wir die Aktion abblasen?«, sagt Bruno.
»Auf keinen Fall. Irgendwann muss der verdammte Regen doch auch wieder aufhören.«
»Aber jetzt, wo die Bauern wieder da sind, kommen hier vielleicht Nachbarn vorbei. Oder Verwandte, was weiß ich!«
»Wir bleiben im Haus. Bruno, du knebelst die beiden Alten.«
Bruno steht mühsam auf und geht einen Stock höher.
Er hört, wie Julia Zemke zu ihrem Mann sagt: »Das war mit dir schon immer so. In der ganzen Zeit unserer Ehe hast du allein gemacht, was dir in den Sinn kam. Nie hast du mich gefragt. Immer …«
Bruno betritt das Wohnzimmer. Er hat ein großes Pflaster in der Hand und klebt es Julia Zemke, die den Kopf hin und her wirft, über den Mund.
»Jetzt hast du deine Ruhe«, sagt er zu dem Bauer.
Christian Zemke wehrt sich nicht, als der Rocker ihm ebenfalls ein Pflaster über den Mund klebt.
Er weint.
89. Hotel Colón, Frühstückszimmer, Barcelona, morgens
Endlich schiebt die große Blonde ihren Teller zurück und steht auf. Sie durchquert den Frühstücksraum, läuft an einer alten Putzfrau vorbei und marschiert auf die Toiletten zu. Olga springt auf, geht in schnellen Schritten hinter ihr her, überholt sie, öffnet vor ihr die Tür, hält sie der Frau sogar auf. Dengler bleibt vor der geschlossenen Tür mit dem Piktogramm für Señoras stehen.
Drinnen geht die Blonde an der Reihe mit den Waschbecken vorbei und schließt sich in der ersten Box ein. Olga bleibt vor den Waschbecken und den großen Spiegeln stehen und öffnet zwei Wasserhähne. Sie greift in ihre Jackentasche und zieht das Handy der Blonden heraus. Dengler steckt den Kopf zur Tür herein, und Olga winkt ihn heran. Sie drückt auf einen Knopf des Telefons, und das Gerät verlangt eine PIN -Nummer.
»Sch …«, entfährt es Georg Dengler.
In diesem Augenblick geht die Tür auf, und die Putzfrau steht in der Tür, bewaffnet mit Schrubber und einem Eimer. Erschrocken bleibt sie stehen, als sie den Mann auf der Damentoilette sieht, und zieht Luft in ihre Lungen, die sie für die folgende Schimpfkanonade sicher braucht. Dengler dreht Olga mit einer heftigen Bewegung zu sich und küsst sie auf den Mund. Mit seiner rechten Hand
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