Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
allerdings wäre die Mietgebühr deutlich höher.«
»Ich nehme Vollkasko.«
»Gerne. Dann unterschreiben Sie bitte hier.«
104. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, nachts
In der Dunkelheit sieht man sie kaum.
Sie arbeiten jetzt konzentriert, und die Stimmung ist fast fröhlich. In einer Stunde ist es vorbei, und sie sehen diesen verfluchten Bauernhof nie mehr wieder.
Kevin geht mit dem Kanister durch die dichten Reihen der weißköpfigen Puten und gießt das Benzin in einem durchgehenden Fluß durch die Halle. Der Gestank ist unerträglich. Plötzlich muss er kotzen, und weil es hier keinen Platz gibt, kotzt er einfach über diese beschissenen Vögel drüber. Angewidert sieht er, wie sie sofort seine Kotze aufpicken.
Ihm ist schwindelig. Er leert den Rest des Eimers aus und geht.
Bruno geht mit einem Kanister in das Schlafzimmer der Zemkes. Die beiden Bauersleute sind ans Bett gefesselt und haben Knebel im Mund. Mit geweiteten Augen sieht Julia, wie Bruno, eine Spur aus Brandverstärker hinter sich ziehend, zu ihnen kommt und Benzin über ihr Bett kippt. Sie will »Christian, hilf mir« schreien, aber sie kann nicht. Christian liegt neben ihr gefesselt und geknebelt. Sie sieht, dass seine Backen sich leicht bewegen. Er betet. Er hat aufgegeben.
Bruno schüttet den Rest des Benzins über ihn und geht dann.
Aber sie will nicht sterben. Sie hat noch nicht aufgegeben. Sie rüttelt an den Fesseln. Sie versucht den Knebel aus dem Mund zu drücken. Vergebens. Die Fesseln sitzen straff und der Knebel fest. Sie bewegt die Hände, um die Fesseln zu lockern. Sie zieht. Sie dehnt. Sie kämpft.
Und tatsächlich: Nach einer Weile fühlt sie, dass die Seile etwas lockerer sind. Nicht viel. Ein Millimeter vielleicht nur. Hoffnung. Sie reibt und dehnt und zieht erneut. Wenn sie den Knebel nicht hätte, würde sie Christian zusammenstauchen.
Dann irgendwann hält sie ein.
Sie lauscht.
Im Haus ist es totenstill.
Da merkt sie, wie sie zittert. Die Knie zittern. Die Hände zittern. Sie hat Angst.
Zehnter Tag
Dienstag, 28. Mai 2013
105. Autobahn vor Oldenburg, nachts
Olga sitzt auf dem Beifahrersitz. Auf dem Display des Navigationssystems verfolgt sie die Route und blickt immer wieder hoch.
»Diese Ausfahrt«, sagt sie und deutet auf das große blau-weiße Schild neben der Autobahn.
Dengler nickt, setzt den Blinker. Aber er nimmt den Fuß nicht vom Gas. Mit hohem Tempo rast der BMW in die Ausfahrt. Dengler steuert, bremst, gibt Gas. Der Wagen ruckt, will ausbrechen und bleibt dann doch in der Spur.
Für einen Moment sieht Dengler wieder den Mercedes des Bankers vor sich, zerfetzt von der Detonation. Dahinter der Wagen der Kollegen. Dann schüttelt er den Kopf und konzentriert sich aufs Fahren.
»Jetzt links abbiegen«, sagt Olga.
106. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, nachts
Es sind zwei dunkle Ford-Kombis, die ohne Licht den Weg entlanggleiten. Sie wenden an der Auffahrt und bleiben dann stehen. Die First Rocker Crew steht vor dem Haus und wartet.
Dann werden in den Kombis die Hintertüren aufgezogen, und die Rocker gehen in schnellen Schritten zu den Fahrzeugen. Kevin erreicht als Erster den hinteren Wagen. Er steigt ein.
Bruno und der Bär schleppen die Leiche von Ronnie. Der Bär hat Ronnie unter den Armen gefasst, Bruno trägt ihn an den Füßen. Der Tote ist in einer durchsichtigen Plastikplane eingewickelt. Die beiden Männer ziehen und heben, aber die Leiche knickt in der Mitte immer wieder durch und platscht auf den Weg.
»Nicht über den Boden schleifen«, kommandiert Marcus. »Keine Spuren, verdammt noch mal.«
Bruno wird sofort wütend. »Du kannst den Arsch gern selber schleppen.«
»Spar dir deine Volksreden. Rein mit dem Arsch.«
Bruno und der Bär versuchen die Leiche hochzuheben, aber sie hängt in der Mitte durch wie ein nasser Sack.
Der Bär flucht. Er packt den Toten jetzt in der Mitte und versucht ihn hochzuheben. Doch die Plane ist nass vom Regen. Er rutscht ab, und die Leiche fällt auf den Boden. Beide Männer packen sie jetzt in der Mitte und wuchten sie hoch. Die Plane reißt vorne. Ronnies glasige Augen starren sie an.
»Absetzen, absetzen«, schreit der Bär.
Ronnie plumpst noch einmal zurück auf die Erde.
»Der stinkt, der stinkt. Das halte ich nicht aus.« Der Bär würgt.
»Hey, kotz hier nicht hin. Keine Spuren. Und packt den Kerl ins Auto.«
Der Bär würgt und sieht sich um. Dann beugt er sich über den Toten und kotzt durch den Riss im Leichensack Ronnie
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