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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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schon ein Stück zu weit gefahren«, sagt Olga und starrt auf das Display des Navis.
    Es ist dunkel draußen. Sie sehen kein Licht weit und breit. Dengler stoppt den Wagen und beugt sich zu Olga hinüber, um besser auf das Display sehen zu können. »Ich meine nicht«, sagt er.
    Zwei Scheinwerfer kommen ihnen entgegen.
    »Ich frag mal«, sagt Olga und öffnet den Verschluss des Sicherheitsgurtes. Sie öffnet die Tür und schlüpft hinaus auf die Straße. Sie läuft auf die andere Straßenseite, hebt die Arme und winkt den beiden Fahrzeugen, die ihr mit hohem Tempo entgegenfahren.
    »Stopp«, schreit sie und hebt die Hände. Mitten auf der Fahrbahn bleibt sie stehen, beleuchtet vom Fernlicht der heranrauschenden Fahrzeuge.

110. Schlafzimmer im Bauernhof Zemke, nachts
    Wie verrückt die Hoffnung ist!
    Wie verrückt die Hoffnung ist, selbst wenn man weiß, dass es keine Chance gibt. Julias Fesseln haben sich um einen halben Zentimeter gelockert. Nur ein halber Zentimeter! Aber diese kleine, diese klitzekleine Bewegungsfreiheit reicht für eine wahnsinnige Hoffnung.
    Und gibt ihr Kraft.
    Sie zerrt und reißt. Sie sieht ihren Mann neben sich, betend vor sich hinbrabbelnd. Unfähig zur Gegenwehr. Sie ist wütend. Sie würde ihn anschreien, wenn sie den verdammten Knebel nicht im Mund hätte. Sie versucht es. Sie zerrt und reißt. Und die Fesseln geben ein kleines Stück nach. Glaubt sie jedenfalls. Sie ist sich nicht sicher. Vielleicht ist es Einbildung. Aber es verdoppelt ihre Energie.
    Wie verrückt die Hoffnung ist!

111. Landstraße in der Nähe von Oldenburg, nachts
    Der dunkle Kombi kommt direkt vor ihr zum Halten. Olga ist geblendet und legt den Arm vor ihre Augen. Sie geht zur Fahrerseite und sanft gleitet die Fensterscheibe ein Stück herunter. Nicht weit. Nicht so weit, dass sie den Mann am Steuer sehen kann.
    »Ich such den Zemke-Hof. Wissen Sie, wie ich dort hinkomme?«
    »Allerdings. Sie müssen umdrehen. Fahren Sie fünf Kilometer in die Gegenrichtung. Dann geht es rechts ab. Steht ein Schild davor.«
    Olga läuft zum BMW zurück. Die beiden Kombis verschwinden.
    Dengler wendet den Wagen und gibt Gas.
    Keiner von ihnen spricht jetzt.
    Im Rückspiegel sieht Dengler den Feuerball. Hell und klar und hoch stehen die Flammen.
    Er tritt mit aller Kraft auf die Bremse. Das Fahrzeug blockiert und schleudert. Olga wird nach vorne geworfen. Die Sicherheitsgurte fangen sie ab, nur wenige Zentimeter vor der Windschutzscheibe.
    Dengler wendet und gibt Gas.

112. Gefängnis der Kids, nachts
    Durch das Fenster sehen sie den ersten Feuerschein.
    Alle halten den Atem an.
    Laura dreht sich zu Simon um. »Scheiße, Simon, ich hab dich wirklich geliebt.« Dann: »Du warst es. Du hast deinen Eltern nichts erzählt. Dein Vater hätte dich umgebracht. Oder er hätte dich in eine andere Schule gesteckt. Oder in ein Internat. Jakob hat recht. Keiner von uns hat mit den Eltern gesprochen. Du erst recht nicht. Aber du hast die Termine gemacht, die Planungen waren deine Planungen. Du bist es gewesen, Simon. Du hast uns verraten.«
    Doch Simon hört ihr nicht zu. Er schaut auf das flackernde Licht und dreht sich zu den anderen um. »Die bringen uns wirklich um.« Das sagt er ganz leise. Dann brüllt er: »Die bringen uns wirklich um!« Er rennt zur Tür und hämmert mit beiden Fäusten dagegen. »Lasst mich raus. Das war nicht abgemacht. Das war doch nicht abgemacht. Lasst mich raus!«
    Laura reicht Jakob die Hand, dann Cem. Jakob reicht Cem die Hand. Cem zieht Kimi zu ihnen.
    Sie stehen nahe beieinander. Laura weint. »Ich will nicht sterben.«
    Jakob sagt: »Ich dachte wirklich, mein Vater holt uns hier raus.«
    Cem: »Hoffentlich hält unsere Abdichtung. Wenigstens ein bisschen noch.«
    Simon sieht keiner mehr an.

113. Schlafzimmer im Bauernhof Zemke, nachts
    Die Rocker haben die Spur breit gelegt. Sie haben es dem Feuer leicht gemacht. Es kennt den Weg. Es durchquert in Windeseile den Flur und teilt sich wieder. Eine Spur hastet in die Küche. Das Benzin führt die Flamme über Stühle und den Tisch zum Schrank. Durch die Tür und durch den Flur strömt der lebensnotwendige Sauerstoff, der Sauerstoff, der das Feuer groß macht, ihm den Appetit gibt auf die Holzbank und die Gardinen, den Fußboden und die Stühle, alles vorbereitet durchs Benzin.
    Das Feuer entfacht seine Hitze und wütet. Die Fensterscheiben platzen, und neuer Sauerstoff entfacht einen Feuersturm, der die Flammen aus dem Fenster hinaustreibt ins Freie, mit den

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