Amarilis (German Edition)
Wohnungsbaugesellschaft das alleinige Monopol
der Ausschlachtung des Terrains, auf dem sich vor nahezu 65 Millionen Jahren
die chemosynthetische Pflanze ihren Weg unter die Erde gesucht hatte.
Der gesamte Vorgang dieser Transaktion verlief jedoch
dermaßen schnell, dass er erst auffiel, als es zu spät war. Alle Verträge waren
abgeschlossen, unterzeichnet und rechtskräftig. Die ehemaligen Partner, die
sich nicht zu Unrecht einen erklecklichen Anteil am Geschäft erhofft hatten, waren
sämtlich ausgebootet.
Der Bürgermeister stierte vor sich hin und dampfte schier vor
Wut. Er hatte nur damit gerechnet, dass für ihn eine Gefahr von Seiten des Konzernbosses
kommen konnte. Aber an die Möglichkeit, dass ihn sein eigener Senator
hinterging, hatte er nicht gedacht. Erregt stand er auf. ‚Sein eigener Mann!
Wie konnte er sich nur so reinlegen lassen?’
Der Direktor der Berliner Bank hatte ihm inzwischen
mitgeteilt, dass das Geld auf das Konto der Wohnungsbaugesellschaft überwiesen
worden war. Zunächst hatte er noch keinen Verdacht geschöpft gehabt, denn ‚Wohnen
und Leben’ war ein Bestandteil ihres Planes gewesen. Lediglich der frühe
Zeitpunkt der Geldabrufung hatte ihn einwenig verwundert.
Aber als ihnen dann die Vergabe der gesamten Energieversorgung
an ein Wasserstoffwerk bekannt wurde, schöpften sie ersten Verdacht. Denn nach
ihren Plänen sollte damit ein Berliner Solarunternehmen beauftragt werden, um
gleichzeitig eine Beschäftigung hiesiger Arbeiter zu gewähren. Ein politischer
Schachzug, den sie kurz vor den Wahlen der Bevölkerung präsentieren wollten.
Zumindest hätte einer Veränderung ihrer Pläne von allen
zugestimmt werden müssen. Die Entscheidung über ihre Köpfe hinweg signalisierte
ihnen aber zu spät den Alleingang des Senators für Raumfahrtwesen und außerirdische
Kommunikation. So erkundigten sie sich erst jetzt näher über die konkreten
Umstände und erfuhren, dass der Partner des Senators als stiller Teilhaber eine
eigene 5%-ige Aktienmehrheit besaß, die bislang über den Aufsichtsrat allein
dem Senatspaket zugerechnet worden war. ‚Eine ungeheure Schlamperei!’
Posikol verstand nicht, wie er so leichtgläubig gewesen sein
konnte. Er schalt sich selber seiner Hühnerblindheit. Nun aber wusste er auch,
mit wem der untreue Senator gleiche Teile machte. Der Besitzer von ‚Wohnen und
Leben’ hatte über Mittelsmänner zusätzlich einen Aktienanteil von 47%. Damit
besaßen er und sein abtrünniges Kabinettsmitglied eine Mehrheit von 52%. Das
bedeutete, dass er und die Bank aus dem Rennen waren.
Zusätzlich fiel es ihnen dann nicht schwer, als den Geschäftsführer
des Wasserstoffkonzerns denselben Mann auszumachen, dem die Baugesellschaft
gehörte. Ein passables Gespann. Posikol zermarterte sich das Gehirn, wie er
diese Scharte wieder auswetzen konnte.
Angelegentlich schaute er sich die Karte der Umgebung der
Fundstelle an. Es war vorwiegend Fliesland, feuchte Niederung und zum Teil
sumpfig. Dabei kam ihm eine Idee. Zum größten Teil, wenn sie nicht grade der Agrarkultivierung
unterstand, war diese Umgebung reines Wasserschutzgebiet. Hastig stöberte er in
den betreffenden Unterlagen, die er sich aus dem Katasteramt des dortigen
Landsitzes kommen gelassen hatte.
‚Ja, er irrte sich nicht!’ Feuchtwiesen und Quellwasserreservois
bedurften einer besonderen Baugenehmigung. Doch nach einigen Telefonaten musste
er feststellen, dass die Gegenseite sich durch diesen Belang nicht hatte
aufhalten lassen. Eine Sondergenehmigung lag vor. Sie deutete zugleich auf
recht einflußreiche Verbindungen.
Beim Weiterlesen jedoch fiel ihm ein Passus auf, der sich mit
der Straßenverkehrsordnung befaßte. Er besagte, dass Baufahrzeuge nur bis zu
7,5 Tonnen die Straßen in einem Wasserschutzgebiet befahren konnten, um ein
Einsinken und andere Schäden zu vermeiden. Dieser Umstand bedeutete, dass
entweder auf kleinere LKWs zurückgegriffen werden musste oder die Straßen
fester auszubauen waren.
Er war sich gewiß. Bei ihrer Zeitnot mussten sie sich für
eine dritte Lösung entscheiden, die eigentlich erst in den letzten Jahren
ermöglicht worden war: der Transport durch die Luft. Mit riesigen
Frachtluftschiffen.
Erleichtert atmete er auf. Er glaubte, den Strick gefunden zu
haben, über den die anderen stolpern würden. Diese großen, schweren Flugtransporter
brauchten spezielle Landeplätze, die nur wenige Großstädte bislang
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