Amarilis (German Edition)
gewährte.
Wie ihm Mata-Hele erzählte, stand der Balkon Shan-Uccis im
Zeichen der Entdeckung fremder Lebensarten und war deswegen für diese Debatte
am weitesten nach vorne ausgefahren worden. Eine mächtige Hydraulik sorgte für
verstellbare Höhen und Längen.
Der Kapitän hieß ihn willkommen, und Steff setzte sich
zwischen ihn und Mata-Hele auf einen borkenledernen Sessel. Dann erhob er sich
und bat um Aufmerksamkeit. Seine mächtige Stimme dröhnte im Ohrhörer von Steffs
Translator.
»Ich bedanke mich, dass Herr Doktor Maiger unserer Einladung
gefolgt ist. Er weiß im Wesentlichen über unser Problem Bescheid. Durch das Vertrauen
eines abtrünnigen Mitglieds der irdischen Verschwörergruppe gelangte er in den
Besitz von Informationen, die uns Namen und Absichten unserer Gegner verrieten.«
Er blickte rundum, um sich nochmals der Aufmerksamkeit aller
zu versichern. »Wir wissen nun - auch über eigene Quellen, was auf unserem Planeten
vorgeht. Jedoch besteht für uns noch zu wenig Vorstellung darin, wie diese
Organisation auf der Erde ausschaut. Deshalb bitte ich nun Herrn Doktor Maiger,
uns mehr von Sokuk und seinen Beziehungen zu der irdischen Bande zu erzählen.«
Steff berichtete ihnen, so gut er konnte, von den diversen
Treffs mit Sokuk und anderen Mitgliedern, musste aber zum Schluss zugeben, dass
er wenig mehr Klarheit zu verschaffen vermochte, als sich die Santoganer erhofft
hatten. »Ich kann lediglich versprechen zu versuchen, mit Sokuk weiterhin
Kontakt zu halten, wenn er noch am Leben ist«, sagte er abschließend.
»Vielleicht erwähnen Sie ihm gegenüber, dass wir ihm einen
sicheren Platz auf unserem Planeten garantieren können«, schnitt ein Mitglied
des Rates an, der sich links von Steff auf einem mit blauen Stoff umspannten
Balkon befand.
»Mir schien, als ob er sich schon einen eigenen Plan zurechtgelegt
hatte. Aber ich werde nichts unversucht lassen, ihm den Glauben an eine weitere
Zukunft zu geben.« Steff sah Shan-Ucci fragend an. »Kann ihm denn keine
Sicherheit auf der Erde gewährt werden? Ich glaube kaum, dass er sich zu einer
Übersiedlung überreden läßt.«
»Obwohl unsere Beziehungen begrenzt und vorwiegend wirtschaftlicher
Natur sind, werden wir doch alles versuchen.« Nachdenklich wandte sich
Shan-Ucci ihm zu, und beinahe verschmolzen ihre Pupillen miteinander. »Herr
Maiger, in Anbetracht von Sokuks Ängsten möchte ich hier noch einmal im Namen
aller versichern, dass wir ohne schlechte Absichten auf die Erde gekommen sind.
Wir brauchten Ihre Hilfe und haben sie erhalten.« Er hielt seinen Blick immer
noch in den von Steff versenkt. »Eine Gefährdung Ihrerseits durch die
Positronen hätten wir auf keinen Fall zugelassen. Eher wären wir ohne Ergebnisse
zurückgeflogen. Ich habe diese Angelegenheit noch einmal grundsätzlich mit dem
Rat durchsprochen. Wir setzen nicht fremdes Leben aufs Spiel, um unser eigenes
zu retten.«
Steff nickte und atmete tief durch. Das Sauerstoffgerät
störte ihn zwar immer noch - vor allem beim Sprechen und drückte gegen sein
Kinn - aber er ließ sich dadurch nicht die Bedeutung Shan-Uccis Worte entgehen.
Er glaubte ihnen.
Daraufhin fragte der Kapitän nach den aktuellen Ergebnissen
ihrer Untersuchungen. Gespannt beugten sich die übrigen Santoganer vor. In der
Mitte des Raumes erschien eine plastische, leicht durchsichtige Projektion der
Erdkugel. Wie Steff feststellte, eine Ablichtung, wie sie sich vor 64 Millionen
Jahren darstellte, auf Santoga aber in der Gegenwart zu empfangen war. Deutlich
erkannte er die europäische Landplatte und die mehrgliedrigen Arme der Thetys.
Mata-Hele hatte sich inzwischen erhoben und begonnen, die
Beschaffenheit der damaligen Erdformation, ihre Driftgeschwindigkeit und -richtung,
die vorherrschende Fauna und Flora und nicht zuletzt die klimatischen
Verhältnisse zu erklären. Mit einem grünen Punkt, den er von seinem Stuhl aus
dirigieren konnte, deutete er die Stellen an, die er gerade erwähnte. Mit einer
anderen Farbe - es musste ein gelbliches Rosa sein, das Steff noch nie gesehen
hatte - zeichnete er nun lange Geraden, Kristalllinien und andere Symbole in
die Luft der Projektion, die dort sichtbar blieben und erst nach einer weiteren
Eingabe gelöscht wurden.
Die kommenden Minuten nutzte Steff, um sich einwenig genauer
im Saal umzuschauen. Die Emporen hatten jede für sich eine andere Farbverkleidung.
Anscheinend eine Zuordnung, die als
Weitere Kostenlose Bücher