Amber Rain
Fingerkuppen reizen. Irgendwas zwischen einem Kitzeln und einem Kratzen. Ich muss die Karte nicht lesen, um zu wissen, welcher Name darauf geschrieben ist, und obwohl ich es nicht für möglich gehalten hätte, beschleunigt sich mein Puls noch weiter. Noch immer kribbeln meine Fi n ger von der flüchtigen Berührung mit dem Handschuh. Ich täusche mich schon wieder. Kein Name steht auf der Karte, nur ein Satz.
Ruf mich wieder an .
Und ein elfstelliger Zifferncode, den ich sofort als Mobiltel e fonnummer erkenne.
Woher hat er meine Adresse? Und noch viel wichtiger: W o her kennt er meinen vollen Namen? Ein kalter Schauer rieselt meinen Nacken hinunter, und ich weiß nicht, ob es aus Err e gung oder Angst ist. Eines jedoch weiß ich mit absoluter S i cherheit. Ich werde diese Telefonnummer wählen und Crispin noch einmal anrufen. Vielleicht ist er ein Verrückter. Ein Stalker ist er ganz sicher. Aber die grauenvolle Vorstellung b e unruhigt mich nicht. Ganz im Gegenteil. Das Bangen macht mich lebendig, ganz ähnlich wie bei einem Gruselstreifen im Kino. Oder wie gestern Nacht.
Ich will mehr davon. Und hier, in der Sicherheit meines Z u hauses, kann ich es haben.
Der Griff zum Telefon ist für mich ganz natürlich. Wah r scheinlich ist es noch viel zu früh, um ihn anzurufen. Ich wähle den Zifferncode von der Karte und warte auf das Freizeichen. Während sich die Verbindung aufbaut, räuspere ich mich, doch dann fällt mir ein, dass ich heute nicht Josie bin. Oder Penny. Heute bin ich Amber, und allein dieser Gedanke rückt die Re a lität dessen, was ich gerade im Begriff bin zu tun, so weit z u rück in den Fokus, dass ich Zweifel bekomme.
Ich bin nicht schnell genug. Gerade hadere ich noch mit mir, ob ich nicht doch auflegen soll, da nimmt er ab.
„Amber.“
Eigentlich ist es nur mein Name, aber er sagt ihn mit so viel Selbstsicherheit und Verheißung, dass Auflegen keine Option mehr ist. Ich lecke mir über die Lippen und suche noch immer nach den richtigen Worten – etwas, das mir am Telefon noch nie passiert ist – da redet er schon weiter. „Ich sehe, du hast mein Geschenk bekommen.“
„Ähm, ja“, bringe ich mühsam hervor.
„Und?“ Seine Frage ist nicht unfreundlich. Nur streng.
„Ich“, ich zögere. „Was meinst du?“
„Ich meine, dass du mir noch etwas sagen möchtest.“
„Ich …“
„Tsk.“ Mit einem Zungenschnalzen unterbricht er mich e r neut. „Das kannst du besser, Amber.“
Röte schießt mir in die Wangen, als mir bewusst wird, auf was das hinaus läuft. Tante Mildred würde sich in theatralischer Geste die Hände vor's Gesicht schlagen. Sie ist immer sehr stolz darauf, mir gute Manieren beigebracht zu haben. „Da n ke“, hauche ich.
„Sehr gern geschehen, Amber.“ Die Erleichterung, die ich bei seinen Worten empfinde, ist irrational.
„Ich“, Hitze steigt mir in die Wangen und es fällt mir nicht leicht, weiterzusprechen. „Also, wenn ich ehrlich bin weiß ich nicht so recht, was ich damit anfangen soll.“ Wobei, wenn ich wirklich ganz ehrlich bin, dann habe ich eine leise Vermutung, und die schmilzt meine inneren Muskeln zu fließendem Ve r langen. Ein Bild von gestern taucht vor meinem inneren Auge auf. Ich mach es mir nicht oft selbst, und wenn, dann benutze ich dazu meinen batteriebetriebenen besten Freund. Es fühlt sich seltsam an für mich, wenn ich mich selbst an meiner Klit berühre, meine Pussy streichle. Vielleicht hört es sich komisch an, aber im Gegensatz zu meinem Vibrator weiß ich dann nie so recht, was ich machen soll. Gestern war das anders. Seine Stimme hat mir meine Finger fremd gemacht, hat sie geleitet und geführt. Ich kann mir zumindest vage vorstellen, wie es sich anfühlen würde, mich mit dem Handschuh zu streicheln. Heiß und rau. Und dazu Crispins Stimme in meinem Ohr, der mir sagt, was ich machen soll.
„Oh, ich könnte dir sagen, was du mit meinen Geschenken machen sollst, Amber. Willst du das?“
„Ja.“ Nur ein Hauchen.
„Ich weiß, dass du das willst.“
„Crispin.“ Ich lasse das Wort in der Leitung schweben. Me i ne Hand liegt über dem Handschuh, nur ein Hauch von Luft trennt meine Haut von dem Stoff, aber ich wage nicht, ihn a n zufassen. Ich warte auf etwas. Nein, nicht auf etwas, auf ihn. Ich warte darauf, dass er mir sagt, was ich mit seinen Gesche n ken machen soll.
Seine Stimme ist streng und abgehackt, als er schließlich we i terspricht. Nicht das flüssige Locken, das ich erwartet habe. „Aber,
Weitere Kostenlose Bücher