Amber Rain
vierzig Jahren Domina. Ni e mand kennt sich mit unserem Lebensstil besser aus als sie. Aber ich vermute, dass sie enttäuscht von mir wäre, wenn ich nicht selbst drauf käme, was eine Frau wie Amber in diesem Stadium braucht. Also scrolle ich mich weiter durch die Ang e bote, bis mein Blick an einem Artikel-Set hängenbleibt, das sie unter dem Namen „Sweet Innocence“ anbietet. Ich grinse. Hab Vertrauen in Maggie, denke ich, und eine halbe Minute später ist das Set bestellt – komplett mit einer Grußkarte mit der Nummer zu meinem zweiten Handy. Eine Nummer, die nur wenige besitzen. Ich versehe die Karte mit den Worten „Ruf mich wieder an“ in verschnörkelter goldener Schrift, und natürlich Ambers Adresse als Empfänger. Maggies Diskretion ist mir sicher. Ich bin seit fünfzehn Jahren Kunde bei ihr.
3
Amber
Blind haue ich auf den Wecker ein. Dennoch hört das pene t rante Bimmeln nicht auf. Entnervt wühle ich mich aus meinem Deckenberg und stelle fest, dass es keineswegs der Wecker ist, der da klingelt. Das ist die Türklingel. Wer um alles in der Welt besucht mich um diese unchristliche Zeit? Wie so oft bin ich erst in den frühen Morgenstunden eingeschlafen. Das Gute daran ist, dass nicht die Angst vor der Panik mich diesmal wach gehalten hat, sondern die Erinnerung an das Telefonat mit Crispin.
Crispin.
Während ich die Beine über die Bettkante schwinge, teste ich den Klang seines Namens. Ich mag es, wie die Konsonanten über meine Lippen flüstern, wenn ich seinen Namen wispere. Im Vorbeigehen nehme ich meinen Morgenmantel vom Haken an der Tür und hülle mich darin ein. Damit sollte dem Anstand genüge getan sein. Niemand muss wissen, dass ich normale r weise in einem alten Jimmy Hendrix T-Shirt schlafe und heute nicht einmal dieser Fetzen Stoff meinen Körper verhüllt. Mir war zu warm gestern Abend.
„Ich komme“, rufe ich, weil mein unerwarteter Besucher eine Penetranz entwickelt, die mich langsam wirklich nervt. He k tisch reiße ich die Tür auf. Ein Lieferant steht mir gegenüber in der Uniform eines der City-Kuriere, die man überall in London auf ihren Fahrrädern antreffen kann.
„Lieferung für Miss Nicholas“, nuschelt er an seinem Ka u gummi vorbei und hält mir ein kleines Päckchen entgegen.
„Ich … ich habe nichts bestellt.“ Statt ihm in die Augen zu sehen, schaue ich auf seine Schuhe. Mir gefällt es nicht, wenn ich anderen Umständen mache, und Mr. Go! hier signalisiert mir mit jeder Pore seiner ungewaschenen Haut, dass er es nicht ausstehen kann, wenn er warten muss.
„Hier, Name steht hier.“ Er wedelt mit einem Klemmbrett vor meiner Nase herum, nur um gleich darauf mit einem K u gelschreiber auf mich zu zielen, als wäre es ein Dolch. „Unte r schrift.“ Nein, ein Mann großer Worte ist Mr. Go! ganz sicher nicht. Weil ich die Situation für ihn und mich so schnell als möglich hinter mich bringen will, gebe ich ihm seine Unte r schrift und nehme ihm das Päckchen aus der Hand. Es ist ein Päckchen aus seidig glänzendem, cremefarbenem Karton. Eine Schleife in gleicher Farbe ist darum gewickelt, auf der in schwarzer Tinte und geschwungener Schrift mein Name g e schrieben steht. Miss Amber Rain Nicholas. Mein Herz macht einen dreifachen Rittberger, als ich die vier Worte lese. Es gibt nicht viele Menschen, die meinen vollen Namen kennen.
Der Kurierfahrer ist bereits wieder auf dem Weg nach unten, als ich mit meinem mysteriösen Geschenk zurück in die Wo h nung gehe. Vorsichtig platziere ich das Päckchen auf dem K ü chentresen. Es dauert nicht lange, bis die Neugier übermächtig wird. Vorsichtig öffne ich die Schleife und nehme den Deckel ab. Das Innere des Päckchens ist mit cremefarbenem Samt ausgelegt. Genau der gleiche Farbton wie der Karton, und auf diesem dekadenten Bett aus Stoff liegen drei Dinge. Eine A u genmaske, wie man sie aus Flugzeugen kennt. Nur im Gege n satz zu diesen Werbegeschenken ist diese Maske aus schwa r zem, schillerndem Stoff, und die Bänder, die sie an der richt i gen Stelle halten sollen, sind mit winzigen, funkelnden Stei n chen besetzt. Die zweite Sache ist … ein Handschuh? Zumi n dest sieht es aus wie ein Fäustling, aus einem dicken, rauen M a terial, ähnlich wie ein Luffahandschuh, aber aus einer Kunstf a ser. Ich streiche mit dem Finger über das seltsame Material und mein Herz beginnt wie wild zu rasen. Das Gefühl ist unb e schreiblich. Winzige Widerhaken sind auf dem Stoff, die die Haut auf meinen
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